Malleus Monstrorum - Kreaturen, Götter und verbotenes Wissen

Das Kompendium der Mythoswesen, ihrer Götter und der absurdesten Kreaturen, die sich der menschliche Geist noch oder schon nicht mehr vorstellen kann. Über 150 Grauenhaftigkeiten sind in diesem "Monsterhammer" versammelt, darunter auch alle Kreaturen, die man in deutschen Abenteuern neu antreffen konnte sowie unheimliche Dinge, die in cthuloiden Geschichten bekannter deutscher Autoren auftauchen.
vom Backcover von Malleus Monstrorum

Ah, Kreaturenbücher. Eine sehr schöne Einrichtung eigentlich. Man kauft sie, hat hunderte von neuen Biestern an der Hand und kann, so man denn will, seine Spieler mit schieren Heerscharen von ihnen jagen und peinigen.
Bei Cthulhu allerdings liegen die Dinge ja im Grunde etwas anders. Niemand hat wohl ein Interesse daran, in Zukunft die Kreaturen des Mythos mit Gesinnung, Lebensraum und Sozialverhalten aufgelistet zu bekommen, wie es D&D vormacht, ebensowenig wie man daran interessiert sein kann, einen großen Tier- und Pflanzenführer zu bekommen, wie man sie etwa von DSA oder Midgard kennen kann.
Das war aber scheinbar auch den tapferen Machern bei Pegasus klar, als man beschloss, dem englischen "Creature Companion" eine deutsche Entsprechung zu geben, weshalb ein schöner, neuer Ansatz gewählt wurde.

Dass es sich bei dem Buch um ein Kernstück der Platte handelt, wird einem schon beim Anblick klar: es ist ein dickes Hardcover geworden. Leider noch nicht in dem matten, neuen Look der Neuauflage des Grundregelwerks, aber dennoch sehr schön ausgefallen, legt es eben das Aussehen an den Tag, das man grundsätzlich von der kompletten offiziellen Reihe gewöhnt ist: ein alter Foliant mit collagehaftem Cover und gelb-braunem Look. Pegasus-typisch veredelt ein schwarzes Lesebändchen den Gesamteindruck.

Die Innengestaltung dagegen ist zum damaligen Zeitpunkt ein Schritt vorwärts gewesen. Der verbrannte Seitenrand rankt nun um die kompletten Seiten herum, in sich wirkt das Layout stimmiger und runder als bisher.
Besonderes Highlight der Gestaltung sind aber die Abbildungen der Kreaturen im Band. Fernab aller gewohnten Bildern haben hier Künstler Konstantyn Debus und seine Crew einen ganz neuen Ansatz gewählt: hier werden keine direkten Zeichnungen, sondern nachgestellte Originaldokumente gezeigt.
So wurden die Niederen Brüder des Chaugnar Faugn auf einer spanischen Bastmatte "gefunden", ein sehr, sehr cooles, 'abnormes EEG' zeugt von der Anwesenheit eines Avatars des großen Cthulhu und eine Plakette aus dem Busch von Guinea weist auf Yamasai hin, der König in Gelb hat ein sehr schönes Werbeplakat bekommen und ein Auszug aus der Partitur der 'Musik des Erich Zann' hat mich wirklich schwer beeindruckt. Zwar schwankt die Qualität der Illustrationen etwas, aber nur zwischen "gut" und "genial" Vor allem verbergen sich manche kleine Anspielungen in den Bildern, so das man alleine mit dem Blättern in diesem Buch lange, lange Stunden verbringen kann...

Aber der Inhalt interessiert ja ebenso und bietet, aufgeteilt in 'Kreaturen des Mythos' und 'Gottheiten des Mythos', vor allem erst mal eines: Umfang.
Wer oben aufmerksam war und sich etwas auskennt, dem wird ja vermutlich Yamasai schon aufgefallen sein. Der geht, ganz klar, auf Christian von Asters gleichnamige Geschichte zurück und ist nur eines der Beispiele, wo auch deutsche Autoren ihren Einfluss ausgeübt haben. Andere Beispiele wären da etwa Frank Hellers Okanda-Hepa, Florian Hardts Hschogfgn, die Nub'lek'hi von Steffen Schütte und Wolfgang Schiemichen oder Michael Siefeners Same des Engels, wobei auch sehr positiv auffällt, dass etwa mit von Aster oder Siefener auch dem Hobby selbst eher fremde Autoren Erwähnung finden.
Die Kreaturen der Grundregeln wurden dabei allerdings weitestgehend außen vor gelassen, verständlich, wo man doch trotzdem insgesamt viele Seiten zu füllen wusste.

Die Darbietung der Kreaturen ist auch sehr einfallsreich geraten. Man verzichtete komplett auf die Zitate aus der Quellenliteratur, wie bisher üblich, sondern schrieb eine individuelle Mini-Kurzgeschichte zu jeder Wesenheit, die entsprechend atmosphärisch den Text einleitet. Danach folgen dann die Informationen für den Spielleiter und die Werte der Kreatur, bevor ein Todesbericht irgendeiner Art den Kreis schließt. Sehr stimmungsvoll, nützlich und schön.
Zwar könnte ich mich, wie gewohnt, darüber auslassen, das Mythosgötter eigentlich keine Werte haben sollten, aber ich denke, im Rahmen dieses Bandes kann man das verschmerzen, zumal der Anteil der Atmosphärentexte deutlich überwiegt.

Doch damit nicht genug. Einzeln im Buch verstreut findet man Auszüge aus den Tagebüchern von Sir Henry Poplan, einem heute an der Miskatonic Universität lehrender Mythosforscher, der ebenfalls seinen eigenen Blick hinter die Pforten der Rationalität wirft.
Und, abschließend, findet man in regelmäßigem Abstand, etwa jede zweite bis dritte Doppelseite, noch jeweils einen konkreten Abenteuervorschlag zu der entsprechenden Kreatur. Diese sind, obwohl teils recht kurz, ziemlich gut geraten und machen oft auch Lust aufs Spiel, erfüllen damit also voll und ganz ihren Zweck. Allerdings ist es schade, dass nicht jede Kreatur solche Anmerkungen hat; so sind die Kinder der grünen Gottheit – erst recht mit ihrer Illustration aus einer ungekürzten Ausgabe des "Struwwelpeters" – zwar sehr kultig, aber etwas problematischer im Einbau; andere sind da noch schlimmer, was natürlich nicht zuletzt an der hohen Abstraktheit mancher Mythosentität liegt.

Das bringt uns ohnehin zu der spannendsten Frage von allen: lohnt die Anschaffung?
Ich denke, auf jeden Fall. Man muss zwar wissen, dass man kaum jede einzelne der enthaltenen Kreaturen mal sinnvoll einsetzen können wird, aber dafür mangelt es einem auch nicht an guten Alternativen.
Die Präsentation ist großartig, ich möchte meinen, auch wegweisend, und die Texte lesen sich ausnahmslos sauber herunter. Das Buch ist atmosphärisch, aber dennoch für den Spielleiter direkter anwendbar als etwa die ebenfalls diesen Trend verfolgende "Traumsaat" für Engel, der Inhalt nur 'komplett' zu nennen.
Die Abenteuerideen sind nützlich und mehr oder minder originell, aber alle spielbar und der Preis, letztlich, absolut fair.

Wer Cthulhu spielt und eine Auswahl an weiteren Kreaturen des Mythos haben möchte, der kann hier unbesehen zugreifen!


Name: Malleus Monstrorum
Verlag: Pegasus Press
Sprache: Deutsch {jcomments on}
Autoren: Scott David Aniolowski und 37 weitere
Empf. VK.: 29,80 Euro
Seiten: 200