Hexer von Salem, Der - Der Teufelsplan des Fu Manchu

Auf der Suche nach unbeschreiblicher Macht hält Dr. Fu Manchu die britische Hauptstadt im Würgegriff. An der Seite des organisierten Verbrechens bekämpfen die Spielercharaktere Feuer mit Feuer!
vom Backcover von Der Teufelsplan des Fu Manchu

Auf den ersten Blick bietet der zweite Band der „Hexer von Salem“-Abenteuerreihe bei Pegasus ein gewohntes Bild. Wie schon der erste Teil kommt „Der Teufelsplan...“ als geheftetes Softcover daher, dessen Außenseite auch dieses Mal wieder von Manfred Escher und von Les Edwards gestaltet wurde. Das Cover zeigt dabei eine Szene aus dem Abenteuer, wenn ich persönlich auch lieber Fu Manchu dort gesehen hätte, wenn schon eigens ein Bild geordert wird.
Die Innengestaltung bietet das gewohnte Bild und verzichtet, wie schon „Wenn Engel fallen“, darauf, die Layoutpatzer des Grundregelwerks zu widerholen. Zeitgenössische Fotos, leider nicht immer so scharf und/oder hoch aufgelöst, wie man sich wünschen würde und schöne, handgezeichnete Karten sowie ein ziemlich schnieker Handout runden das visuelle Bild ab. Neu ist das Papier, dass dieses Mal glänzend daher kommt. Das sieht ganz edel aus, lässt sich auch bei lauem Licht noch ganz gut lesen und hat sich nicht auf den Preis ausgewirkt, kann man also nicht dran meckern.

Der Text ist auch diesmal wieder zweigeteilt, bietet eine Kurzgeschichte und ein Abenteuer. „Die Insel der Schrecken“ ist elf Seiten lang und wurde wieder von Wolfgang Hohlbein in Zusammenarbeit mit Dieter Winkler geschrieben. Zwei Autoren für elf Seiten ist schon echt fragwürdig. Bei „Wenn Engel fallen“ schrieb ich dazu: „Irgendwie wurde ich da den fahlen Nachgeschmack von Schreibdelegation und Namedropping, was man im Umfeld Hohlbein ja nicht zum ersten Mal hören würde (Das „Jahr des Greifen“ wäre so ein Fall), nicht ganz los.“
Kann ich auch dieses Mal nichts hinzufügen.
Wer nun, wie ich, nicht auf Hohlbein steht, für den schwankt demnach auch diesmal der günstige Preis des Bändchens einmal mehr, denn wer das mal überschlägt kommt auf 44 - 11 (Kurzgeschichte) - 3 (Schmutztitel, Impressum, Inhalt) - 1 (die letzte Seite ist leer) = 29 Seiten reinen Abenteuertext.

Bei „Wenn Engel fallen“ war mir das recht egal, da ich das Abenteuer rundum gut fand. Leider kann ich das von Peer Krögers Beitrag nicht so ganz sagen. Der eigentliche Plot ist nett, abgedreht und kultig. Fu Manchu bemächtigt sich der Beihilfe Viktor Frankensteins und verübt seine Schandtaten mit sogenannten Flickengesichtern. Das ist soweit sehr kultig und, soweit ich das sagen kann, wohl auch auf einer Linie mit dem Stil des Hexers.
Der Plot spielt in nur einer Nacht und ist als ermittlungsfreies fast paced action-Abenteuer gedacht, was mich auch anspricht. Mit derartigen Abenteuern habe ich auch schon durchaus gute Erfahrungen gemacht und wenn die Handlung nur ordentlich fließt, ist es erstaunlich, wieviel Dynamik ein Hobby wie das Pen&Paper-Rollenspiel doch haben kann.

Leider fließt die Handlung in Peer Krögers Abenteuer nicht ganz so, wie ich mir das wünschen würde. Es gibt so eine ganze Reihe struktureller Macken, die mir die Lektüre und auch eine eventuelle Vorfreude auf einen Spieltest recht madig gemacht haben.
Beispielsweise ganz am Anfang – die Spielercharaktere geraten durch Zufall in einen Kampf zwischen einigen Gangstern und einem der Flickengesichter. Das ist ein ziemlicher Brocken und ohne allzu schwere Geschütze nur schwer zu bezwingen. Im Abenteuer wird vorgeschlagen, das Terrain zu seinem Vorteil zu nutzen. So weit, so cool. Dann wird exakt ein Szenario geschildert: da ist ein Baugerüst, das mit vorgegeben Proben erklommen werden kann, dann muss das Flickengesicht mit weiteren Proben unter das Gerüst gelockt werden, nur um es dann mit einem Haufen Mauersteine begraben zu können.
Einerseits ärgert mich die dramaturgische Vorgabe – warum nicht etwas grober eine ganze Baustelle schildern? Da gibt es sicherlich noch mehr Arten, dem Kerl ordentlich weh zu tun und das wirkt dann direkt viel freier als ein „Spielleiter, ich seh mich um, was kann ich tun?“ „Ja, weißt du, da ist dieses Baugerüst mit den Mauersteinen...“
Außerdem ist es mir dafür dann auch wieder zu regellastig. Die Klettern- und Ausweichenproben zum „ausrichten“ des Flickengesichtes etwa, sowie auch der Schaden: die Mauersteine machen 8W6 Schaden und das Gesicht hat 19 Trefferpunkte und vier Punkte Panzerung ... muss ich das jetzt noch auswürfeln? Hätte man das dann nicht zumindest irgendwie eleganter lösen können – also, entweder richtig Erzählspiel, oder richtig faires Regelwerk. Nicht halbe halbe.

Ebenfalls so ein Würfeln um des Würfeln willens kam kurz darauf: „Wissen oder ein leichter Wurf auf Ansehen ruft den Charakteren ins Gedächtnis, dass im Museum heute Abend die spektakuläre Eröffnungsfeier [...] stattfinder, ...“. Will ich jetzt als Spielleiter, dass die Charaktere diese wichtige Erkenntnis haben, damit das Abenteuer weiter geht? Warum dann überhaupt würfeln? Dann sollte man das doch lieber einfach den Charakter mit dem höchsten Ansehen wissen lassen oder so. Oder aber man baut alternative Routen ein. Solche Würfe führen i.d.R. unter statistisch unrealtischen Bedingungen eben zum Abenteuerstopp und normalerweise einfach zum Fortgang. Also würfelt man, nur damit die Spieler die Würfel noch mal in der Hand hatten? Gefällt mir nicht...

Aber überhaupt leider „Der Teufelsplan...“ meines Erachtens darunter, dass es dem Autor sowie auch seinem nur im Inneren gelisteten Kollegen Heiko Gill nicht gelingen wollte, das Fehlen des Recherche-Parts so richtig auszugleichen.
So gibt das Abenteuer den Spielern am Ende des zweiten Aktes, bei dem sie per deus ex machina-artiger Kampfszene noch eben die Reste des Handouts zugespielt bekommen haben, auch gleich mal einen NSC an, der ihnen den dekodieren kann. Rowlf weiß aber nicht nur die Bedeutung der rätselhaften Buchstabencodes VF, CC, RC und BM, er erkennt auch Frankensteins Siegelring, den die Spieler vielleicht haben. Und damit nicht genug: Seit der ersten Szene des Abenteuers rennen die Spieler mit dem Ganoven Herb „The Cat“ Mullin“ herum, aber erst im Gespräch mit Rowlf packt er das dem Abenteuer gemäß aus.
Dann der eben genannte Automatismus-Wurf und auf zur nächsten Szene.
Naja.

Die zweite Hälfte des Abenteuers fährt etwas sanfter, aber trotzdem hatte ich generell den Eindruck, dass hier ein dramatisches Abenteuer in nur einer Nacht dergestalt umgesetzt wurde, dass den Charakteren schon immer die notwendigen Fetzen zugeworfen werden. Kampf gegen den Flickenmenschen, Ganoven kennen lernen, zum Ganovenboss, mehr Flickenmenschen, Ganoven kapieren die Hinweise, Plotfindungswurf, nächste Szene bitte.
Das finde ich dahingehend vor allem schade, dass Peer Kröger es ja nachweislich besser kann. Einige meiner liebsten Szenarien aus dem Cthulhu-Umfeld sind von ihm, aber „Der Teufelsplan...“ geht irgendwie nicht auf. Es sind durchaus wirklich gute Ansätze darin, von denen ich hoffe, sie öfters wieder zu sehen. Etwa Textkästen am Ende von Kapiteln, die einem als SL noch mal zusammenfassen, welche Situationen und Erkenntnisse aus dem vorigen Kapitel hervorgehen. Sowas finde ich gut, ist sehr löblich. Nur kann das dem Abenteuer nicht seine Schienenstruktur nehmen.

Dazu gesellen sich noch einige Eigentümlichkeiten im Buch. Auf S. 28 gibt es etwas einen fünfzeiligen Textkasten mit einer lustigen Anekdote „Aus dem Spieltest“ – ist ja toll, aber er ist ein Unikat. Dieser Spieltest findet so nirgends sonst mehr Anwendung. Warum nicht? War die Seite einfach noch nicht voll? Gab‘s mehr und alles aus dem einen wurde herausgekürzt? Wirkt auf jeden Fall komisch...

Alles in allem ist „Der Teufelsplan des Fu Manchu“ okay. Nicht mehr, nicht weniger. Ein schnieker Plot wird geradlinig mit netten Ideen und strukturellen Defiziten in einem dünnen Heft ausgebreitet, das etwa zu einem Viertel von einer Kurzgeschichte eingenommen wird, die jetzt auch nicht so richtig relevant gewesen wäre.
Hexer-Spielleiter machen für 9,95 Euro sicher keinen Fehler, aber wer es noch nicht hat, sollte lieber mal mit „Wenn Engel fallen“ von Matthias Oden seinen Anfang wagen. Das war halt einfach besser.


Name: Der Teufelsplan des Fu Manchu
Verlag: Pegasus Press
Sprache: Deutsch
Autoren: Peer Kröger und Heiko Gill, Kurzgeschichte von Wolfgang Hohlbein und Dieter Winkler {jcomments on}
Empf. VK.: 9,95 Euro
Seiten: 44