Chaugnar Faugns Fluch

Über Berlin und London bis nach Montreal in Kanada führt diese abgeschlossene, dreiteilige Kampagne rund um den elefantenköpfigen Großen Alten Chaugnar Faugn.

vom Backcover von Chaugnar Faugns Fluch

Ich meine, ich hätte in letzter Zeit mal wieder viele Cthulhu-Sachen oben auf meinem Rezensionsstapel vorgefunden. Nun, wollen wir uns mal nicht beklagen, sondern lieber voll Neugierde den heutigen Aspiranten begutachten.
„Chaugnar Faugns Fluch“ trägt einen regen Un-Titel, wenn man das so sagen darf. Benannt nach dem eher selten verwendeten, elefantischen Großen Alten, weiß der Eingeweihte zwar, was er da hat, ob er es aussprechen kann, ist aber fraglich. Wobei, so fair wollen wir sein, im Vorwort steht‘s geschrieben...

Es ist mal wieder ein Hardcover geworden und wiegt mit seinen 168 Kilogramm ein angemessenes Kampfgewicht für die 24,95 Euro, die man dafür bezahlen muss. Der matte Einband wurde einmal mehr von Manfred Escher gestaltet und ist wunderschön geraten. Der Blauton ist einmal etwas Neues, ist nicht zu grell und wirkt etwas geheimnisvoll – toll, wie das gelungen ist. Auch stark fand ich, dass der von mir so vielgelobte Gestalter sogar die Metallbeschläge, die man ja immer in den Ecken der Cthulhu-Cover-Designs vorfindet, mit kleinen Elefantenköpfen versehen hat. Rundum schön.
Das Innere des Buches ist dagegen noch immer mit den gleichen Stärken gesegnet und Schwächen gestraft, wie ich das schon seit Monaten schreibe. Das eigentliche Design ist stimmungsvoll und viele der gezeigten Bilder sehen gut aus, die Handouts sind Referenzklasse und das Layout ist übersichtlich. Doch gerade bei den Bildern bleiben die alten Probleme bestehen.
Warum etwa einige der Bilder, gerade wenn ihr Inhalt so trivial und gleichgültig ist (etwa einfach zwei fahrende Autos, wie auf S. 29 zu sehen), so furchtbar unscharf und körnig sind, erschließt sich mir nicht. Noch weniger erschließt sich mir aber, warum der Layouter es auch dieses Mal nicht hinbekommen hat, die unangenehmen Ränder rund um sämtliche Bilder und vor allem deren Schattenwürfe (!) zu korrigieren. So ist eben auch weiterhin jedes Bild entlang seiner äußersten Punkte von einem unschönen, weißen Quadart umgeben. Das wird wohl nicht wirklich besser, auch wenn diesmal die weißen Ränder nach außen hin unscharf zu werden scheinen und so nicht ganz so harte Kanten aufweisen.
Aber genug der Worte dazu, ist ja nun hinlänglich hier angesprochen worden – widmen wir uns doch lieber dem Inhalt.

„Chaugnar Faugns Fluch“ versammelt drei Abenteuer in seinem Inneren. Zwei davon sind Übersetzungen aus dem Englischen, das Dritte dagegen ist brandneu und verbindet die einstmals nur locker verwobenen Beiträge zu einer Mini-Kampagne.
Den Auftakt macht das von William A. Barton verfasste „Der Fluch des Chaugnar Faugn“. Das Abenteuer hieß im Original „The Curse of Chaugnar Faugn“ und nimmt in der vorliegenden Fassung 49 Seiten ein. Es ist ganz ordentlich strukturiert und übersichtlich aufgebaut, hat für mich aber zumindest einen inhaltlichen Makel. Die Charaktere stoßen über eine alte Bekannte auf ein dunkles Geheimnis und werden ebenso schnell wie unerwartet in die Machenschaften des elefantösen Gottes und seiner Anhänger verwickelt. Das ist soweit okay, liest sich gut und ist auch sicherlich gut am Spieltisch umzusetzen – mit einer Ausnahme allerdings.
Helen ist nicht nur vorgegeben eine ehemalige Geliebte von einem der Charaktere und der Charakter sollte nicht nur dennoch ein Interesse an ihr wiederfinden, nein. Da es in dem Abenteuer auch um Körpertausch geht, ist es nicht nur was unausweichlich, dass der Charakter zeitweise im Körper der Frau landet, sondern gar möglich, dass er dort auch nicht mehr herauskommt.
Ob es nun Spieler gibt, die das toll finden, weiß ich nicht – ich persönlich finde es recht herb, das im ersten Teil einer dreiteiligen Kampagne eventuell ein Charakterkonzept auf diesem Wege zerschossen werden kann. Da nützt es auch wenig, wenn in dem Abenteuer steht, man solle den betreffenden Spieler sorgfältig aussuchen.

Weiter geht es mit dem Neuzugang „Die Prophezeiung“ von Jan Christoph Steines. Hier war ich dann sehr enttäuscht. Ich schätze den Autor als einen der besten Verfasser von Cthulhu-Szenarien, den ich kenne, doch das vorliegende Bindeglied ist in meinen Augen in mehreren Punkten schlicht fehlkonstruiert.
Die Charaktere stolpern hier recht ahnungslos von Location zu Location und werden dabei, ganz offiziell, im Geheimen von NSCs gelenkt. Was aber in einem Roman zur Spannung beitragen kann, dürfte während „Die Prophezeiung“ sich erfüllt eher zu Frust führen. Die Spieler wissen nicht was sie tun, um sie herum geschehen abstruse Dinge und alles scheint stets auf ganz bestimmte Ergebnisse hin ausgelegt zu sein.
Dass es dabei eine für sie nicht erkennbare Begründung im Hintergrund gibt kann da auch nichts gegen eventuelle Railroading-Vorwürfe ausrichten, zumal der Ausgang der Ereignisse bereits feststeht. Kultisten versuchen hier, mit Hilfe der Spieler Chaugnar Faugn zurückzuholen (von wo, das wäre mir zu sehr Spoiler für das erste Abenteuer) – sollten die Spieler das vereiteln, so wird er eben anderswo beschrieben, denn für das dritte Abenteuer muss er ja wieder greifbar sein.
Sehr motivierend, wirklich.

Aber das dritte Abenteuer, das ist die Rettung des Bandes. „Das Herz des Grauens“ wurde von Sheldon Gillett, zusammen mit Lynn Willis und Scott David Aniolowski, verfasst und hörte im Original auf den Titel „Horror‘s Heart“. Es entführt die Charaktere nach Montreal, wo nicht nur Chaugnar Faugn auf erschreckende Weise präsent ist, sondern auch noch eine Familie von Werwesen und manch anderes, altes Geheimnis darauf wartet, von den Spielern entdeckt zu werden.
Ich halte „Horror‘s Heart“ immer noch für eine der besten Publikationen, die Chaosium je zustande gebracht haben. Eine tolle Handlung, phantasievolle NSCs und vor allem sehr viele Möglichkeiten für die Charaktere, frei zu (inter-)agieren machen das Szenario zu einem wahren Genuss. Gegenüber der ewigen Klassiker wie „Masks of Nyarlathotep“ oder „Horror on the Orient Express“ ist „Das Herz des Grauens“ immer mehr ein Insider-Tipp geblieben, doch ist es unbezahlbar, dass er es nun doch in die deutsche Sprache geschafft hat.

Ingesamt bekommt der Band von mir wegen des dritten Beitrags eine klare Kaufempfehlung. „Der Fluch des Chaugnar Faugn“ ist okay, wenn man nur das grundlegende Problem der erzwungenen Beziehung wahlweise in den Griff oder aus der Handlung bekommt, „Die Prophezeiung“ ist ein flaches Kurzkapitel. Aber „Das Herz des Grauens“ ist großartige Rollenspiel-Unterhaltung, die man sich nicht entgehen lassen sollte.


Name: Chaugnar Faugns Fluch
OT: The Curse of Chaugnar Faugn/Horror‘s Heart

Verlag: Pegasus Press
Sprache: Deutsch
Autoren: William A. Barton, Sheldin Gilett, Jan Christoph Steines, mit Scott David Aniolowski und Lynn Willis {jcomments on}
Empf. VK.: 24,94 Euro
Seiten: 168