Amerika - In Städten und Wäldern

Amerika in den Zwanzigern – Land der unbegrenzten Träume, Land von dem viele träumen und in das Menschenmassen strömen. Amerika, Inbegriff der Kulturlosigkeit für die gebildeten Europäer, die sich abwenden und dennoch fasziniert hinschauen, Land der Wolkenkratzer, Hochbahnen, Kühlschränke, Trockenhauben und Schnellrestaurants, Glückssuchern Glücksmachern, Urland der Demokratie, der Waffennarren und Cowboys, Land der Korruptionsskandale, der Prohibition und Gangsterbossen

vom Backcover von Amerika - In Städten und Wäldern

In der Regel führt das Erscheinen eines neuen Quellenbuches, gleich für welches Rollenspiel, zu zwei Typen von Rezensionen: guten und schlechten Bewertungen. Amerika - In Städten und Wäldern war insofern bereits eine Ausnahme, denn die Gesamtwertungen waren eigentlich allesamt und durchweg positiv. Um es gleich vorweg zu schicken: in den Kanon dieser Stimmen werde auch ich mich in wenigen Minuten (des Lesens; des Schreibens wohl etwas mehr) einreihen, denn was Pegasus Press mit diesem Quellenband abgeliefert haben, ist absolute Spitzenklasse, das Beste, was mir an Cthulhu-Material bisher unter gekommen ist.

Optisch bekommt man Gewohntes von Pegasus geboten. Das Cover kommt im selben Design daher wie schon das Grundbuch und Wales - Wildes Land der Kelten und Geister. Einige Details wurden aber wieder verändert, wodurch doch zum einen eine wunderbare Konsequenz im Design entsteht, zugleich aber durch Details (Farbgebung und variierte Bildteile) doch immer etwas Eigenes geschaffen.
In setzt sich das bekannte Layout fort. Das Buch ist i.d.R. zweispaltig, wobei der Text erneut von dem "angekokelt" aussehenden Rahmen eingeschlossen wird und die Überschriften in der, Leonardo da Vincis Handschrift nachempfundenen, Schrifttype präsentiert werden.
Zeitgenössische Photografien haben, wie schon im Wales-Band, gezeichnete Illustrationen abgelöst und erzeugen dadurch, wie schon in den alten Büchern des ehemaligen deutschen Cthulhu-Produzenten, Laurin, eine schöne Stimmung. Die Bilder sind gut ausgewählt und stimmungsvoll, auch wenn auch hier eine Ausnahme die Regel bestätigt (siehe S. 58). Dafür sind andere Bilder auch schlicht genial, etwa liebe ich den hübschen Gruselbau auf S. 50...
Layoutfehler gibt es eigentlich kaum welche, einzig einige der schwarzen Boxen, die schon mal Infos neben dem eigentlichen Text enthalten, wirken oben etwas abgetrennt... Nun, optisch bin ich also, sieht man von zwei, drei weniger bedeutsamen Kleinigkeiten ab, völlig überzeugt, womit wir dann auch zum Inhalt kämen. Dieser gliedert sich in fünf Kapitel (hier sei übrigens mal etwas schadenfroh auf den Nummerierungsfehler des Inhaltsverzeichnisses hingewiesen...), und wie man es von mir kennt, gehen wir die doch jetzt mal von vorne bis hinten durch... Da ist zunächst einmal ein Vorwort, in welchem die Kapitel kurz zusammen gefasst werden und es einige Infos zu ihrer Quelle gibt. So entstammen einige Artikel aus dem englischen Investigator's Companion, anderes beispielsweise aus dem Magazin Unspeakable Oath von Pagan Publ. Ganz interessant, aber für diese Rezension eher uninteressant...
Kapitel I heißt "Die Wilden Zwanziger", und genau das erwartet einen hier auch. In dem kürzesten Kapitel des Bandes (12 Seiten) wird erst mal eine generelle Einführung in das Land Amerika der 1920er Jahre geliefert. Das ist ungemein hilfreich für jeden SL, der versuchen will, Amerika auch glaubhaft rüber zu bringen. Über Schlager und Kinofilme bis hin zur Mode, alle Sinneseindrücke werden hier im Prinzip beliefert...
Kapitel II heißt "Von Menschen wie Dingen in großen und kleinen Städten" und macht mit seinen 58 Seiten auch gleich das größte Kapitel des Buches aus - zu Recht!
Hier werden nun, nachdem erst mal allerlei allgemeine Infos zu amerikanischen Städten und einigen besonderen Orten dort (Museum of Natural History u.ä.) vier Städte des Landes recht detailliert vorgestellt: New York, Chicago, Arkham (natürlich...) und Dunwich. Die ersten beiden sollen verschiedene Facetten amerikanischer Großstädte liefern, während Arkham und Dunwich Lovecraft-Lesern ja ohnehin bekannt sein dürften. Insgesamt weiß auch dieser Teil, der noch mit generellen Informationen über amerikanische Provinzen angereichert ist, voll und ganz zu gefallen. Zwar gab es gerade zu Arkham schon viel Quellenmaterial (und mehrere eigene Quellenbände), aber trotzdem ist den Pegasi das Kunststück gelungen, alle wichtigen Informationen zu bieten, so dass jeder SL völlig zufrieden sein dürfte...
Es folgt Kapitel III: "Was alles einen Spielercharakter ausmacht". Auf den folgenden 44 Seiten werden SL wie SC nun interessante Anregungen zum Hintergrund eines Charakters gegeben. Das beginnt bei Themen wie „Freunde und Familie“, behandelt dann weiter u.a. die Einführung neuer Charaktere und Zeiträume in den Geschichten, Einkommen und – als absoluter Clou auf 37 der 44 Seiten – eine riesige und schier allumfassende Berufsliste, und zwar immer (!) mit entsprechenden, historischen Beispielen. Wer danach noch nicht weiß, wie er seinen Charakter gestalten soll, der ist selbst schuld...
Kapitel IV ist da auch gleich artverwandt: „Was man wo bekomm und wie man’s benutzt“. Auf 48 Seiten wird wirklich alles präsentiert, was die Spieler vielleicht mal brauchen können. Ob nun Infos (Museen, Presseagenturen, alles da), Ausrüstung, Autos, Reisen oder Waffen: wenn man es bekommen kann, ist es in diesem Kapitel!
Kapitel V bildet dann letztlich den Abschluss: „Detektive, Detektivisches, Polizisten, Kriminalistisches und feine Todesarten“ ist der wohlklingende und vielsagende Titel. Hier wird primär der SL mit allerlei schmackhaften Infos zu allen möglichen Themen beliefert: Wie geht ein Detektiv vor, wie ist er gesetzlich abgesichert. Was für Mittel und Wege kenn die Polizei? Wie läuft eine normale Autopsie der 1920s ab und was wird dabei wie untersucht?
Alles gute Fragen – alle Antworten sind in Kapitel V.
Einen Abschluss bilden dann noch sage und schreibe 70 Todesarten. Aber keine einfache und lieblose Aufzählung, sondern Auszüge aus fiktiven Quellentexten – und jede Todesart ist einer Gottheit oder Kreatur des Cthulhu-Mythos zugeordnet. Wer also schon immer die richtigen Worte für den Leichnam eines von einem Wesen aus der Tiefe getöteten Menschen haben wollte, ist hier richtig. Und für alle anderen ist es doch eine interessante Lektüre...

Kommen wir zu einem Fazit, auch wenn ich das natürlich schon weitgehend vorweg genommen habe: Amerika hat mich total begeistert. Alles stimmt: man bekommt reichlich viele Informationen für sein Geld, und zwar ansprechend und atmosphärisch verpackt!
Wenn es ein Buch gibt, das man neben dem Grundbuch im Schrank stehen haben sollte, dann ist es Amerika – In Städten und Wäldern!!
Wenn die Jungs von Pegasus Press diese Qualität, die bereits mit Wales hoch angesetzt und mit Amerika noch überstiegen wurde, halten können, stehen Cthulhu-Spielern in Deutschland rosige Zeiten bevor!


Name: Amerika - In Städten und Wäldern {jcomments on}
Verlag: Pegasus Press
Sprache: Deutsch
Autoren: Wolfgang Schiemichen und andere
Empf. VK.: 25,80 EUR
Seiten: 192