Regionalband 11 – Reich des roten Mondes

Die Kreativpause ist zu Ende
vom Backcover von Reich des roten Mondes

Eine der ersten Regionalspielhilfen, die ich je für DSA besessen habe, war seinerzeit Das Orkland, wie es 1991 von Schmidt Spiele veröffentlicht worden war. Eine beeindruckende Box, mit der Leute, deren Namen man in Fankreisen heute gut kennt wie etwa Ralf Hlawatsch, Jörg Raddatz oder auch Thomas Römer, aus dumpfem Schwertfutter eine intelligente Rasse mit viel, viel Kultur formten. Das war 1991, 19 Jahre von heute entfernt und immerhin 18 von dem Buch, das vor mir liegt. Reich des roten Mondes heißt es.
„Das Orkland und das Land am Svellt“ heißt es etwas ungelenk auf dem Titelbild, das mich persönlich ohnehin schon frohlocken lässt. Alan Lathwell zelebriert auf dem Titelbild gleich eine ganze Reihe wundervoller, typischer DSA-Elemente. Das Gespann erinnert mich an das Cover von Mutterliebe, wichtiger aber ist mir die Gestalt, die in den Himmel aufragt wie dereinst auf dem Cover von Die Tage des Namenlosen. Abgerundet wird das stimmige Arrangement von einigen Orks, die im Vordergrund hinter Steinen lauern - ganz ähnlich so, wie es bei der alten Orkland-Box auch zu sehen war. Tolles Cover.
Im Inneren wird es dann schnell wieder etwas kärger, ganz so, wie man es von Aventurien her kennt. Sauberer Aufbau, gut lesbares Layout und schöne Zeichnungen, wobei letztere aber wie immer etwas rar sind und durch die Weiterverwendung von einigen Bildern der ersten Edition auch nicht immer ganz stimmig zueinander passen. Caryad hat ziemlich viel neues Material beigesteuert, was mir sehr gut gefällt, aber den Kontrast zu Bilden wie dem einiger alter Bekannter auf S. 87 nur umso deutlicher macht. Das Buch ist nicht hässlich, aber es ist halt wie so oft bei DSA auch keiner dieser Titel, den man seinen Freunden zeigt, weil er besonders gut aussieht.

Eine gewohnte Stärke ist die übliche Kartentasche am Ende des Buches - erinnert sich eigentlich noch wer daran, dass in Detuschland der Verlag Schwarzes Einhorn damit mal angefangen hat vor vielen Jahren? - und hier kommt das Buch auch nicht ohne aus. Eine farbige Karte der Region, ein farbiger A3-Plan der Stadt Lowangen, ein schwarzweißer, aber nummerierter Plan der gleichen Stadt sowie weitere, schwarzweiße Pläne der Städte Phexcaer und Khezzara gibt es da zu finden.
Allerdings ist das insgesamt etwas enttäuschend. Das Orkland hat, entgegen erster Vermutung noch andere Städte, Tiefhusen, Gashok oder Ohort etwa - doch deren Karten wurden klein in das Buch verbannt. Wenn ich bedenke, was für ein Quatsch im Laufe der „grünen Reihe“ da schon hinten in dieser Tasche gesteckt hat, wirkt das hier irgendwie doch wie am falschen Ende gespart. Zumal etwa die Karte von Ohort auch einfach schön anzusehen wäre.

Inhaltlich dagegen weiß das Orkland zu punkten und zeichnet das Bild einer kulturell sehr gemischten Region. Da gibt es Phexcaer, die den Namen Stadt der Diebe zurecht trägt, sowie Khezzara, die einzige wirkliche, orkische „Stadt“. Mit Karrkarach und Khazarrach werden gleich zwei große, sehr unterschiedliche Steppen vorgestellt, ebenso wie die umliegenden Gebirge und das Svelltal mit seinen Städten beschrieben werden.
Es gibt einige, wenige Zeilen zu Abenteuern in der Wildnis - etwas, was in der Mitte des aventurischen Kontinents wohl nirgends so schön funktioniert wie im Orklan - sowie sehr viel Material zu den Schwarzpelzen selber. Verschiedene Stämme, die Götter und Götzen, Kulturen und Fehden, Pläne und Personen sind hervorragend dazu geeignet, aus den Orks mehr zu machen als dumme Gegner mitten im Abenteuer.
Es gibt Achaz, Drachen, Goblins, Greifen, Grolme, Holberger und allerlei anderes Volk im Orkland, das ebenso beschrieben wird wie die bekannten Persönlichkeiten aller Regionen und Kulturen.

Abgerundet wird das, wie eh und je, von den sogenannten „Mysteria et Arcana“, also den Geheimnissen und Abenteuer-Aufhängern für den geneigten Spielleiter. Rund 20 davon sind auch dieses Mal wieder mit einem Sternchen gekennzeichnet, also Geheimnisse, mit denen der Spielleiter verfahren kann, wie er will, ohne mit dem offiziellen Plot zu kollidieren, da die Redaktion sie nicht mehr weiter verfolgen wird. An offiziellen Plots gibt es aber auch einiges, vor allem die Pläne des Ashim Riak Assai, dem Aikar Brazoragh, sowie seinem ehemaligen Verbündeten und potentiellen Rivalen Uigar Kai, bieten noch viel, viel Potential.
Satte drei Seiten mit Lese- und Musiktipps inner- wie außerhalb der DSA-Publikationen sowie ein mit drei Seiten erstaunlich kurzer, aber dafür noch mal kleiner als sonst gedruckter Index runden das Buch erfolgreich ab.

Alles in allem ist Reich des roten Mondes ein hervorragender Regionalband geworden, der inhaltlich eine relative komplexe und zugleich von Altlasten durchzogene Region (zum Orkenhort, beispielsweise, steht auch was drin) souverän ins aktuelle Aventurien führt.
Einige winzige Makel des ansonsten hervorragenden Produktes sind allenfalls einige etwas obskure Einsparungen. Einerseits gibt es recht viel neues Artwork, andererseits ist der Index schon aggressiv klein gedruckt, obwohl das Buch sogar einige Seiten dünner ist als sein Vorgänger. Und zur etwas mageren Kartentasche schrieb ich ja schon einiges weiter oben.
Dennoch, wer wahlweise Orks oder ihre Heimat im Spiel verwenden will, der kommt an Reich des roten Mondes kaum vorbei.


Name: Reich des roten Mondes   
Verlag: Ulisses Spiele   
Sprache: Deutsch
Autoren: Stefan Küppers et al.
Empf. VK.: 30,00 Euro    {jcomments on}
Seiten: 192