Aventurisches Arsenal

Aventurien ist ein Kontinent, auf dem viele Gefahren lauern, zu deren Überwindung nicht immer Witz, Klugheit und Zusammenarbeit ausreichen – so manche Monstrosität und so mancher Schurke versteht nur eine Sprache: die des blanken Stahls!
vom Backcover von Aventurisches Arsenal

Als ich jüngst so meinen Blick über die DORP schweifen ließ, halt so, wie Väter gerne ihren Fußball spielenden Kindern zusehen und Holzfäller ihre gefällten Bäume betrachten, da fiel mir etwas ins Auge. Es war bei den Rezis, die Rubrik hieß DSA, und was ich sah, war eine Lücke. Eine Lücke aktueller Produkte, die irgendwo letztes Jahr aufgetreten ist.
Und auch wenn wir keine große DSA-Seite sind, so stellt sich mir ja doch die Frage, wie man als Rollenspielseite mit so etwas dastehen will und nun, mit frischem Entschluss, werden wir das mal ändern!

Den Anfang mach das "Aventurische Arsenal". Thomas Römer, alleine von uns sehr oft damit zitiert, gab auf dem vorletzten Nordcon zum besten, selbst für ein Märchen- und Feen-Rollenspiel wäre eines seiner ersten Supplements ein Waffenbuch, denn die Leute würden die Dinger schlicht kaufen.
Was nun vor uns liegt, und was seit Mitte '03 in den Läden ist, ist die Praxis zu der obigen Theorie. "Kaiser Retos Waffenkammer" war, mit Abstand, das meist verkaufte und konstant gefragteste Buch der dritten Edition, insofern war es keine Frage, dass auch die Vierte ihr Buch kriegen würde.
Dass es kein kleines Update, wie dereinst die zweite Auflage der "Waffenkammer", als das Spiel von Schmidt zu FanPro gewandert war, sondern ein komplett neues Buch ist, wird schnell deutlich. Hardcover, leicht glänzend, mit rotem Lesebändchen und unglaublich massiv eingeschlagen, so bietet sich das neue Buch. Es trägt den roten Einband der Grundregelwerke und ein großes 'R1' auf dem Buchrücken klärt bereits darüber auf, was mittlerweile durch "Ringe, Stäbe, Dschinnenlampe" Fakt ist – da werden weitere Bücher dieser Aufmachung folgen. Das Cover wirkt etwas kurios. Zwar kann man auch das schon fast eine Tradition unter den DSA-Waffenbüchern sehen (die beiden Recken auf dem knotigen Baum mit dem Drachen der nunmehr elf Jahre alten Erstauflage waren ohnehin Fehl am Platz, doch auch die Heldengruppe der Neuauflage von 1998 sah immer was schräg aus).
Das Neue ist von Ciruelo, einem eher bei D&D vertretenen Künstler, der das Bild ursprünglich als Umschlag für den Roman "Brian Boru, Emperor of the Irish" von Morgan Llywelyn anfertigte. Aber gut, Zweitverwertungen sind billiger und es sieht ja doch ganz schön aus, ich denke, damit kann man leben.

Das Innenartwork entspricht dem gewohnten Design von DSA 4, da muss man wohl nicht mehr viel zu sagen. Das Artwork aber entspricht vom Stil der bisherigen Waffenbände, sprich, es gibt schematische Zeichnungen aller beschriebenen Waffen, allerdings noch mehr als bisher. Ebenso neu sind mechanische Skizzen, die dem Leser höchst illustrativ erklären, wie denn nun eigentlich ein 'Springarm' oder eine Armbrust funktionieren – sehr, sehr schön.
Die innere Optik kompensiert dann auch voll das Cover, da hier einer der seltenen Fälle vorliegt, wo nicht nur nahezu alle Illustrationen schön, sondern auch noch nutzbringend sind.

Inhaltlich hat sich im Grunde nicht so viel geändert, weiterhin wird ein großer Teil des Bandes von den Waffenbeschreibungen eingenommen – doch zunächst mal gibt es neues Regelfutter. Neben allerlei optionalen Regelungen findet sich dort, unter anderem, auch eine Abhandlung zum Schleichen in Rüstungen. Zwar ärgert sich jetzt mein Krieger, der bisher immer wie der Wind durch die Nacht schlich, aber mal im Ernst, es ist doch sehr sinnvoll, dass Schleichen mit Vollplatte jetzt per se verboten ist.

Danach gibt es dann noch einige Worte zu der Terminologie der Waffenbeschreibungen (Was ist eine Fehlschärfe, was eine Hohlkehle etc.), dann geht es auch direkt los. Hier fallen allerlei Neuerungen auf, leider nicht in allen Fällen zum Positiven.
Sicherlich positiv anzumerken ist der gesteigerte Umfang. Teils sind es sinnvolle Ergänzungen (wie die horasischen Schusswaffen, Balestra, Balestrina etc.), teils eher coole Neuheiten (wie der Kampfdiskus, der Menschenfänger oder die Gandrasch-Armbrust M1024), doch eigentlich freut man sich über alles hier. Ebenso ist es schön, das zumindest grundlegendes Belagerungsgerät Einzug gehalten hat, was wohl unter anderem die Richtschützen da draußen freuen dürfte.
Ebenfalls sehr genial gibt es sich, dass nun wirklich jede Waffe Sonderregeln besitzt. Die sind teils mehr, teils weniger einflussreich, teilweise grundsätzlich und teils einer eigens eingeführten, neuen Sonderfertigkeit verfügbar, aber gerade bei Waffen wie etwa der Peitsche ist es schön, wie viel Platz da eingeräumt wurde. Denn zwar mögen einige jetzt über das zusätzliche Maß an Regeln stöhnen, doch ist es ein trotz allem angemessener Umfang und es ist einfach schön, dass sich Waffen in mehr als nur den Trefferpunkten unterscheiden.
Einen Haken aber hat die Übersicht. Im Zuge des 'wir machen alles neu' hat man sich bei FanPro zu einer neuen Sortierung entschlossen. Anstatt, wie bekannt und erprobt, die Waffen nach ihren Kategorien (Scharfe Hiebwaffen, Stumpfe Hiebwaffen, Schwerter und Zweihänder usw.) zu sortieren, sind sie nun nach der Klasse ihrer Träger sortiert. So geht es nun mit den Werkzeugen und Gebrauchswaffen los, gefolgt von den Jagdwaffen und weiteren Kategorien.
Klang eigentlich ganz gut, so dass man dann, bei der Erschaffung, nur noch in 'seinem' Kapitel suchen muss, scheitert in der Praxis aber völlig. Das Problem ist einfach, dass hier auseinander gerissen wurde, was eigentlich zusammen gehörte. Nehmen wir ein ganz konkretes Beispiel: man wolle ein Schwert. Kurz-, Lang- und Breitschwerter findet man, genauso wie noch den Anderthalbhänder, bei den 'Waffen des leichten Fußvolkes'. Nicht aber etwa den Langdolch, denn der ist eine 'Waffe des lichtscheuen Gesindels', wohl aber wiederum Morgenstern und Brabakbengel, denn die sind wiederum für das leichte Fußvolk gemacht. Sucht man größere Modelle, so findet man Andergaster und Boronssichel beim 'schweren Fußvolk', den Nachtwind dagegen bei den 'Waffen Maraskans', während Rondrakamm und Richtschwert natürlich 'Ritualwaffen und Standessymbole'. Die Khunchomer sind natürlich bei den Tulamiden und einen Sklaventod findet man in Al'Anfa, von Säbel, Hau- und Entermesser und andere Klingenwaffen noch gar nicht zu reden.
Klar, alles in eine Kategorie zu stecken würde auch keinen Sinn machen, aber die alte Sortierung war da doch sinnvoller.
Die Kritik wird durch einen sehr starken Index gedämpft, dennoch rutscht das Arsenal hier klar um eine Note ab. Wer schnell etwas sucht, ist mit dem Griff zu "Mit Blitzenden Klingen" (aus "Schwerter und Helden") vermutlich nach wie vor schneller dabei als mit dem "Arsenal".

Nach allen Waffen, Schilden und Rüstungen sind wie aber erst auf Seite 109, was bedeutet, dass da noch einiges fehlt. Demnach folgen noch fünf Seiten der namhaften, bekannten magischen Waffen, acht Seiten zu weitere magischen Waffen, einen Intime-Text zum Thema Waffenkauf, einige Seiten zum Führen von Waffen und wo man was tragen darf, die gewohnten Handelszonen, zwölf Seiten zu besonderen Kämpfen (von großen Schlachten bis zum Enterkampf), ein neues Manöver, zwei Sonderfertigkeiten und eine weitere Seite mit Regelergänzungen.
Hat mir alles gut gefallen, ist aber denke ich kein Kaufgrund sondern eher eine nette Ergänzung.

Unterm Strich hat der große, rote Band mit der Aufschrift "Aventurisches Arsenal" einen sehr guten Eindruck bei mir Hinterlassen. Er ist so umfangreich wie umfassend, wählt das rechte Maß für seine inhaltlich ohnehin sehr gut geratenen Regeln und sie auch noch richtig gut aus. Wer wirklich nur nachschlagen will ist hier aufgrund der Umsortierung vermutlich ganz falsch, wer nur Regeln und Hintergrund will goldrichtig. Da die Wahrheit aber vermutlich wie immer in der Mitte liegt, erhält das Buch sein 'gut' und eine klar ausgesprochene Kaufempfehlung von mir.


Name: Aventurisches Arsenal
Verlag: FanPro
Sprache: Deutsch
Autoren: Christian Lonsing und Thomas Römer, mit ergänzenden Texten vieler Autoren
Empf. VK.: 23 Euro
Seiten: 152{jcomments on}