Wege des Schwerts

Wie kann ich einen Oger mit einem Schlag besiegen? Wie behandle ich eine Kukris-Vergiftung? Wie stark kann mein Held werden? Antworten auf all diese Fragen finden Sie im vorliegenden Band, dem Regelwerk des Schwarzen Auges zu allen ’weltlichen‘ Themen, insbesondere zum Einsatz der Talente und Kampffertigkeiten.
vom Backcover von Wege des Schwerts

Es it ein Buch, das ich mir seit Jahren wünsche: Eine Sammlung aller weltlichen Regelmechanismen, die man zum Spielen des Schwarzen Auges in der vierten Edition braucht. Durch die Umverteilung der Inhalte beim Wechsel der vierten Edition hin zur Edition 4.1 ging dieser Wunsch dann wirklich in Erfüllung und nach dem wuchtigen Erschaffungsband „Wege der Helden“ liegt mit „Wege des Schwerts“ nun der zweite Teil des Gesamtregelwerks vor.
Das Buch ist, so sieht man auf den ersten Blick, bedeutend kürzer als der Erschaffungsband und, wenn der Vorgriff erlaubt sei, auch bedeutend schlanker als der ebenfalls bereits erschienene und kommende Woche hier Thema seiende Magieband „Wege der Zauberei“. Mit seinen 208 Seiten nimmt sich das Buch allgemein sehr schlank aus, was aber ja keine Aussage über die Qualität sein muss.

Optisch ist es sicherlich schön geworden. Das Cover zeigt eine Kampfszene zwischen einer jungen Frau und einem Untoten in wirklich schöner Farbgebung und ist wieder das Werk von Slawomir Maniak, der mich bisher ja nie enttäuscht hat. Alterativ gibt es natürlich auch diesen Band wieder in einer limitierten, roten Kunstlederedition, allerdings zu gehörigem Aufpreis. Wie schon bei „Wege der Helden“ orientiert sich das Innenlayout wieder am neuen „Basisbuch“, ist aber ebenso schwarzweiß wie der Erschaffungsband. Due Jungs und Mädels bei Ulisses scheinen aber langsam in Übung zu sein, denn der Kontrast des Drucks ist wesentlich augenfreundlicher geraten und nicht mehr so kräftig.
Die Bilder im Inneren sind Zweitverwertungen, aber durchaus gut und stimmig ausgewählt. Insgesamt erfüllt die optische Gestaltung einfach die wichtigsten aller Kriterien: Es macht Spaß, in dem Band zu schmökern und zugleich ist er recht übersichtlich und gut zu navigieren. Dazu trägt natürlich auch wieder der exzellente Index bei, der sich dieses Mal sogar in seinem Detailgrad an einer Stelle selber parodiert – was ich meine kann man bei aufmerksamen Lesen im Vorwort finden.
Die Verarbeitung ist auch wie immer gewohnt gut: Dickes Papier, stabiler Einband mit absolut unverwüstlicher Klebung und ein Lesebändchen für den Komfort. Insofern äußerlich alles auf gewohnt gutem Niveau, schauen wir also einmal, wie sich der Band inhaltlich gibt...

Das Buch gliedert sich, Vorwort einmal außen vor, in fünf große Sinnabschnitte und satte sieben Anhänge, die wir entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten bei Regelbüchern durchaus mal in dieser Reihenfolge betrachten können.
Los geht es mit „Die Spielregeln in Kürze“, ein Abschnitt, der hält, was er verspricht. Auf gerade mal fünf Seiten werden einem die Grundmechanismen des Spieles um die Ohren geworfen, was sehr praktisch und durchaus einmal sehr schön ist. Entgegen aller Unkenrufe ist DSA im Kern ja auch gar nicht mal so kompliziert und dieses Kapitel bestätigt diese Aussage. Führt allerdings auch, das gebe ich gerne zu, zu der Frage, warum ein so einfaches Grundsystem von insgesamt mehr als diversen 1000 Seiten Regelwerk umgeben ist. Aber gut, nicht unser Thema hier.
Positiv aufgefallen ist mir hier noch der Textkasten zum Thema „Charisma“, der sehr angemessen auf ein altbekanntes Problem eingeht, nämlich die Unwucht des Nutzens von körperlichen gegenüber sozialen Werten. Es werden sogar Anregungen geboten, wie man damit umgehen kann. Löblich!

Der zweite Abschnitt ist bereits ungleich größer und nennt sich „Talente, Talentwerte und Talentproben“. Auch hier kriegt man, was der Name verspricht. Auf 33 Seiten werden alle Mechanismen und Talente feilgeboten, die man für das Spiel so braucht. Dabei hat es gegenüber der alten Edition einige Änderungen gegeben, einige Talente wie „Kapellmeister“ sind etwa ersatzlos gestrichen worden, aber alles in allem erwarten einen hier keine Überraschungen. DSA-Talentproben sind und bleiben halt DSA-Talentproben.

Danach kommt aber mit dem dritten Abschnitt der eigentliche Kern des Buches: „Die Kampfregeln“.
Die nehmen dann auch gleich mal fast 100 Seiten ein, bieten im Großen und Ganzen aber auch wieder das, was man bereits aus „Schwerter und Helden“ her kennt. Allerdings mit ein paar mir durchaus sehr wichtigen Veränderungen bzw. vor allem Ergänzungen.
So gibt es ein paar neue Handlungsmöglichkeiten („Halbschwert“ ist ganz großartig: Das Umgreifen zur Fehlschärfe um die Distanzklasse der Waffe zu verringern, das hat Stil!), einige Dinge sind endlich klargestellt (ein „Sprint“ kann nicht genutzt werden, um den Schaden beim „Sturmangriff“ weiter zu erhöhen) und insgesamt gibt es ein paar härtere Einschnitte beim Balancing. Da ist vor allem natürlich die radikalen gesenkte Wundschwelle zu nennen, die ja bereits aus dem „Basisbuch“ bekannt ist.
Insgesamt ist das Kampfkapitel zwar mächtig groß geworden, aber trotzdem sehr lobenswert. Die Übersichtlichkeit ist groß, die erklärenden Texte sind denen aus vorigen Ausgaben himmelweit überlegen und die Änderungen – etwa auch, das einfache Kampfmanöver wie „Wuchtschlag“ bei geringerer Effizienz auch untrainiert verwendet werden können – sind alle sinnvoll.
Das DSA-Kampfsystem ist noch immer etwas, in das man sich mit Ruhe einlesen sollte, aber auch nach wie vor eines der wenigen Systeme, bei denen ich schon wirklich packende und dynamische, variantenreiche Kämpfe innerhalb der Regeln erlebt habe. Und mit diesem Buch hat man endlich mal alles, was man braucht, an einem Fleck. Sogar die Waffenwerte sind noch einmal ausführlich abgedruckt.

Der vierte Abschnitt heißt dann zwar „Umfassende Regeln“, ist mit gut 20 Seiten aber eher kurz geraten. Hier findet man das Übliche: Zeit, Raum und BEwegung, Last und Tragkraft, andere Schadensquellen, Gifte, Krankheiten, Heilung und Regeneration. Nichts, was man nicht schon von anderen Quellen her kennen würde und ich denke, es ist eher das Erreichen einer Selbstverständlichkeit, dass die „Bewegungsregeln“ endlich mal außerhalb des „Basis“-Produktes verfügbar sind, weniger etwas, was großes Lob verdiente.
Alles in Ordnung halt.

Dann folgt noch der fünfte Abschnitt, „Abenteuerpunkte und Erfahrung“. Dreizehn Seiten, aber gut aufgeschlüsselt, übersichtlich und für die Praxis gut gegliedert. Besonders auch die überarbeiteten Angaben zum Senken von Nach- und Steigern von Vorteilen machen Spaß und eröffnen einem in der Spielpraxis mutmaßlich ganz neue Dimensionen. Das hat mir gut gefallen, inklusive einer sehr guten Gesamtübersicht zum Thema am Ende des Abschnitts. Fast schon bitter ist zudem die „Erfolgsmeldung“, dass es den Machern endlich einmal gelungen ist, eine fehlerfreie Steigerungskostentabelle abzudrucken. Hat ja auch gar nicht lange gedauert.

Verbleiben sieben Appendizes. Diese sind, in dieser Reihenfolge, „Sozialstatus“ (eben geau das, allerdings mit erfreulich vielen konkreten Mechanismen), „Feuer und Eisen“ (Schmiederegeln), „Meta-Talente, Jagd und Essenssuche“ (kennt man ja bereits aus der dritten Edition), „Die Sonderfertigkeit Waffenmeister“ (eben genau das), „Strukturpunkte“ (die „Lebensenergie“ unbelebter Objekte), „Zur Alterung“ (genau das) und – der ist jetzt besonders ulkig: „Tabellen“. „Tabellen“, das heißt in der Praxis fast drei Seiten Talentübersicht zuzüglich anderthalb Seiten Sprachen und Schriften sowie drei Seiten Tabellen zum Kampf. Das ist alles soweit nützlich und praktisch, allerdings habe ich hier einen kleinen Rüffel zu vergeben: Ich hatte sehr gehofft, die Vor- und Nachteile auch noch mal in kurzer, tabellarischer Übersicht hier vorzufinden.
Denn durch diese kleine Auslassung kommt man an den Punkt, wo man „Wege der Helden“ dasnn doch wieder am Spieltisch brauchen kann, denn sind das nicht auch weltliche Regeln? Einige davon ja sogar mit direktem Einfluss auf den Kampf...
Aber leider sucht man diese Übersicht vergebens und macht demnach wahlweise vorher seine Hausaufgaben oder trägt den dicken „Wege der Helden“-Wälzer mit sich herum, um auf Nummer Sicher zu gehen. Schon etwas ärgerlich.

Alles in allem aber stellt „Wege des Schwerts“ eine exzellente Geldanlage für jeden DSA-Spieler dar. Das Buch ist mit 30 Euro nicht ganz günstig, aber es macht den Preis innerhalb der ersten paar Sitzungen am Spieltisch sicher wieder gut, denn es ist übersichtlich, abseits der fehlenden Vor- und Nachteilsübersicht sehr vollständig und dazu noch nachvollziehbar geschrieben. Für mich stellt der Sprung von „Schwerter und Helden“ hin zu „Wege des Schwerts“ eine spürbare und markante Verbesserung des Spieles dar und tatsächlich eine Aufwertung des DSA4(.1)-Regelnwerks an sich.
Wer DSA nach aktuellen Regeln spielt (und dabei auch wirklich die Regeln verwendet), der kommt an „Wege des Schwerts“ nicht vorbei.
Name: Wege des Schwerts
Verlag: Ulisses Spiele
Sprache: Deutsch
Autoren: Thomas Römer (Redaktion), mit: Chris Gosse, Tilman Hakenberg, Elias Moussa, Christian Saßenscheidt und Alex Spohr
Empf. VK.: 30 Euro
Seiten: 208