D&D 4 OGL – Sellswords of Punjar

Goodman Games war fleißig und hat in relativ kurzer Zeit ziemlich viel Material für die vierte Edition von Dungeons & Dragons veröffentlicht. Das war meines Erachtens vor allem dadurch möglich, dass man bereits fertiggestellte Abenteuer der dritten Edition schnell mit neuen Regeln versah und auf den Markt warf. Das hatte natürlich den Vorteil, dass man direkt zu Beginn mit dabei war und den neuen Spielern und Spielleitern Werkzeug an die Hand geben konnte. Das Problem war dabei aber, dass die Leute bei Goodman Games eher rudimentär mit den Regeln der vierten Edition vertraut waren, was dem Ruf dann nachhaltig schadet. Und Sellswords of Punjar ist da leider keine Ausnahme.

Das Abenteuer wurde als Einstieg für neue Charaktere der ersten Stufe geschrieben und bildet den Auftakt einer Trilogie, die in der Stadt Punjar spielt. Diese Stadt wurde in Goodman Games Spielhilfe Punjar: The tarnished Jewel zuerst beschrieben, die zum Free RPG Day 2008 erschien. Das heißt aber auch, dass man die Infos zur Stadt nicht im Abenteuer findet. Und das 16-seitige Heft mit den Infos gab es danach auch nicht als kostenlosen Download, so dass der Hintergrund dieser Trilogie nur bedingt bekannt sein dürfte.

Blättert man Sellswords of Punjar durch, erblickt man einmal mehr das graue, zweispaltige Standard-Design des Verlags und die Illus im ebenso bekannten Stil. Auffällig sind aber die schöne Stadtkarte in der Innenseite des Umschlags sowie die farbige Dungeonkarte zum Herausnehmen in der Mitte.

Das Abenteuer ist aber trotz des Starts einer Trilogie in einer Stadt sehr generisch gehalten und spielt eigentlich gar nicht in Punjar, sondern vielmehr darunter. Einen guten Teil des dungeonlastigen Sellswords of Punjar findet in der Kanalisation statt, wenn man einem wahnsinnigen Bettlerkönig nachstellt, der sich mit finsteren Mächten eingelassen hat. Ganz im Old-School-Sinne der Dungeon Crawl Classics bietet der 53. Band der Reihe einen Haufen abstruser Gestalten, die in relativer Nähe zueinander in Gewölben herumhocken und darauf warten, von Spielercharakteren gestutzt zu werden. Dabei enden nicht zwangsweise alle Begegnungen im Tod aller Gegner, da einige durchaus eine eigene Agenda verfolgen und vorher aufgeben.

So gewöhnlich sich das Abenteuer auch liest, so sehr zieht ein Spieler- oder Spielleiter von D&D4 doch die Augenbrauen nach oben, wenn er die Regelabschnitte und -begriffe liest. Nun, das Abenteuer ist zeitnah zum Erscheinen der vierten Edition erschienen, aber das ist eigentlich keine Entschuldigung für die vielen falschen Begriffe, Regelfehler oder schlicht das mangelnde Verständnis der Mechanismen der vierten Edition. Das zeigt sich beispielsweise bei einzelnen Gegnern, die in Räumen sitzen und ein paar Level höher sind als die Spielercharaktere, aber besser einen Elite- oder Solostatus erhalten hätten (und ein paar Gefährten). Oder Räume, in denen fünfmal der gleiche Gegnertyp wartet. Das sind Fehler, die mir auch passiert sind, als wir begannen das System kennenzulernen. Aber das wurde direkt beim Spielen gemerkt. Daher bezweifle ich, dass das Modul vor Erscheinen mit den Regeln der vierten Edition auch testgespielt wurde. Dafür sprechen auch die Gegnerwerte, denn ein Feind mit AC 23 in einem Abenteuer der ersten Stufe ist ziemlich fragwürdig, da selbst ein maximierter Stufe-1-Charakter nur eine 30%-Chance hat, ihn zu treffen! Zudem sind die Viecher einfach langweilig und haben selten mehr als einen umbenannten Standardangriff.

Auch Regelschwächen, wie etwa Daily-Powers bei Monstern, das Würfeln des passiven Wahrnehmungswertes (!) oder alle Rassenfähigkeiten der Spielercharaktere auch bei entsprechenden Monstern anzugeben, lassen sich den D&D4-Kenner irritiert am Kopf kratzen. Völlig verwirrend wird es dann durch die unterschiedlich benannten Termini wie Aurora statt Aura oder bruised statt bloodied, die zusammen mit den unübersichtlichen Gegnerkästen dann den Wunsch aufkommen lassen, dass alles noch mal sauber für die eigene Runde aufzuschreiben.

Und das ist eigentlich auch das größte Problem des Moduls. Es für eine D&D4-Runde zu verwenden setzt noch einmal intensive Arbeit des Spielleiters vorab voraus. Klar, das ist mehr als drei Jahre nach Erscheinen des Moduls, gesammelten Erfahrungen und zahlreichen Updates der vierten Edition leicht zu sagen, aber bereits bei Erscheinen dürfte der Aufbau des Abenteuers so stark an die Vorgängeredition und ihre Mechanismen angelehnt gewesen sein, dass man noch einige Stunden fluchend vor den Modul und seinen Regelbüchern gesessen haben dürfte.

Daher bleibt auch hier zu sagen, dass man Sellswords of Punjar heute so richtig nicht mehr braucht.


Name: Sellswords of Punjar
Verlag: Goodman Games
Sprache: englisch
Autor: Harley Stroh
Empf. VK.: 14,99 $
Seiten: 40 s/w, geheftet
ISBN: 9780980129120{jcomments on}