Pathfinder - Der Schlangenschädel #2 - Wettlauf ins Verderben

Wettlauf ins Verderben ist der zweite Teil der Schlangenschädel-Kampagne bzw. des Abenteuerpfades für Pathfinder. Wie im Vorwort bereits erwähnt, nimmt dieses Abenteuer einen ganz anderen Weg als der erste Teil des Pfades Seelen für die Schmugglerinsel. Während sich die Spieler dort frei auf der kleinen Insel austoben und sie erkunden konnten, wird Wettlauf ins Verderben sehr viel zielgerichtet und geradliniger. Oder um es klar zu sagen: eine Eisenbahnfahrt mit festgelegten Halten.

Nachdem die Charaktere in Seelen für die Schmugglerinsel den Standort eines verlorenen Tempels herausfinden konnten, die den Weg zur versunkenen Stadt Saventh-Yhi weist, machen sich verschiedene Fraktionen auf, diesen Tempel irgendwo in Sargava zu finden. Und zwar so schnell wie möglich, denn die Konkurrenz wird sicher nicht Schätze zurücklassen. Ein spannendes Szenario also, doch wie wird es gelöst?

Die fünf möglichen Machtgruppen, die sich auf die Jagd machen, sind zufälligerweise jeweils auch die Gruppen, denen die NSCs aus dem ersten Abenteuer verbunden waren. Sollten diese also alle überlebt haben, werden die Charaktere demnach sicher alte Bekannte treffen ... vermutlich dann auf Seiten der Konkurrenz. Welcher Fraktion sie sich anschließen ist eigentlich egal, da es außer im Finale keine Rolle spielt. Hier wird viel Potential verschwendet, denn bei den zugegebenermaßen meist sehr interessanten Begegnungen auf der schnurgeraden Reiseroute hätten bestimmte Fraktionen sicher die Entscheidungen der Spieler entsprechend kommentiert, was der Spielleiter nun alles selbst in die Hand nehmen muss. Bei den Begegnungen gibt es bisweilen Entscheidungen, welche die Reisezeit zum Ziel entweder verlangsamen oder beschleunigen, viel mehr können die Spieler vom Abenteuer aus nicht tun, um den Wettlauf zu gewinnen. Und die Reisezeit spielt auch nur im Finale eine Rolle, denn sie definiert, wie das Zielgebiet aussieht und welche Fraktionen (die jeweils fixe Reisedauern haben, Sabotage an ihnen ist nicht vorgesehen) bereits dort waren.

Egal, ob die Charaktere sich nun für das Aspis-Konsortium, die Freien Kapitäne der Fesseln, die Gesellschaft der Kundschafter, die Roten Mantis oder die Sargavische Regierung entscheiden, die Ereignisse und deren Abfolge blieben bestehen. Erst im nächsten Band des Schlangenschädel-Pfades Die Stadt der Sieben Speere soll die gewählte Fraktion eine größere Rolle spielen. Schade. Neben den blassen NSCs, welche die Fraktionen anführen, bleiben auch die Antagonisten der Reihe farblos. Es gibt keinen definierenden Gegner, auf den die Charaktere immer wieder treffen und zu dem die Spieler eine Verbindung aufbauen, sondern einfach nur wieder einen Schlangenmenschen im Finale. Wieso bekomme ich von den Anführern der Expedition nur jeweils den Namen und die Stufen sowie einen Satz zur Geschichte und seinem Charakter, wenn mir das Heft jeweils sechs Seiten Kurzgeschichte und die extrem aufgeblasene und redundante Beschreibung eines Gottes liefert? Auch auf Seiten der regeltechnischen Umsetzung zogen sich mir bisweilen erstaunt die Augenbrauen hoch. Fünf Proben, um nach einer einzigen Perle zu tauchen? Und das mehrmals, bis die finale Probe irgendwann mal gelungen ist? Das klingt sehr aufwändig und langweilig.

Wie oben bereits erwähnt, bietet auch Wettlauf ins Verderben neben dem eigentlichen Abenteuer wieder viel Füllmaterial von etwa einem Drittel des Bandes, das mit dem eigentlichen Inhalten des Buchs nur bedingt etwas zu tun hat. So wird die Hafenstadt Eleder auf acht Seiten beschrieben, auch wenn die Spieler nur zu Beginn in ihr aufhalten. Das wäre ja noch okay, wenn sich die Infos nicht sehr mit dem Handbuch Sargava – Die verlorene Kolonie doppeln würden. Die Eigenheiten des Gottes Gozreh hätte man auch locker auf zwei statt sechs Seiten aufzählen können und die darauf folgenden sechs Seiten Kurzgeschichte sind ebenso wert- wie sinnlos für das Abenteuer wie im Vorgängerband. Und ich mag zwar eigentlich Monster sehr gerne, aber wenn sie schon jeweils eine Doppelseite in einem Abenteuerband einnehmen, dann hätte ich auch gerne eine stärke Einbindung ins Abenteuer als einen Eintrag in der Tabelle für Zufallsbegegnung. Am besten gefällt mir von den neuen Viechern der Chemosit, ein gehirnfressender Gorilla-Bär, der sich Eigenschaften seiner Opfer einverleibt. Mit dem kann man sicher auch außerhalb des Abenteuer-Pfades seinen Spaß haben.

Die optische Qualität ist hoch, aber nicht so gut wie noch im ersten Band, da es einen Illustrator gibt, der zum Verrecken keine Perspektiven korrekt hinbekommt. Was mich aber viel mehr stört, ist der fehlerhafte Druck auf einigen Seiten, wegen dem Texte und Illus ein wenig versetzt wurden. Auch bei Wettlauf ins Verderben versagte bei meinem Exemplar wieder der Kleber an der Bindung und die Blätter beginnen sich hinter zu lösen. Wiederholt sich hier das Trauma des polnischen Klebers, dass wir bereits bei den deutschen Warzone-Büchern erleiden mussten?

Insgesamt bin ich von Wettlauf ins Verderben doch etwas enttäuscht. Das hohe Niveau von Seelen für die Schmugglerinsel tauscht der zweite Band der Schlangenschädel-Kampagne gegen eine Eisenbahn von zwar interessanten, aber wenig beeinflussbaren Ereignissen ein. Weder die Entscheidungen der Spieler noch die Wahl ihrer Fraktionen beeinflussen das Geschehen spürbar, was eine große Menge an Potential verschenkt. Der titelgebende Wettlauf bleibt also fast komplett auf der Strecke. Es bleibt zu hoffen, dass der nächste Band Die Stadt der Sieben Speere wieder qualitativ aufholen kann.

Die Rezension beruht auf der Lektüre des Produkts und gibt keine Spielerfahrungen wieder.

Mit freundliche Unterstützung von Ulisses Spiele und des F-Shops.


Titel: Der Schlangenschädel #2 – Wettlauf ins Verderben
Autor: Tim Hitchcock
Verlag: Ulisses Spiele
ISBN: 978-3-86889-113-3
Seitenzahl: 96, vollfarbiges gebundenes Softcover
Sprache: deutsch
Preis: 19,95 Euro{jcomments on}