Pathfinder - Almanach zum Mwangi-Becken
Der Almanach zum Mwangi-Becken ist die deutsche Ausgabe von Heart of the Jungle, also dem Quellenband zur der Region, nach der die hiesige Fassung benannt ist. Das Buch ist als geklebtes Buch im Ulisses-Verlag erschienen und macht auf den ersten Blick schon mal einen ganz guten Eindruck.
Das Layout von Pathfinder-Büchern ist ja grundsätzlich exzellent zu nennen und so kann auch der vorliegende Titel überzeugen. Das Cover gehört zwar nicht zu den absoluten Highlights des Spieles, kann sich aber sehen lassen – auch wenn es sich die Frage gefallen lassen muss, warum auf einem Buch über ein Setting, in dem vierarmige Affen eine der Haupt-Oppositionen stellen, ein zweiarmiger Gorilla das Cover ziert. Aber das ist ein Detail.
Die Illustrationen im Inneren sind wie immer sehr schön anzuschauen und wecken direkt Lust, mit dem Setting etwas anzufangen. Anders sieht es allerdings mit den Karten aus, obschon diese in ihrer Form als eines der Features des Buches beworben werden. Teilweise sind die Stadtkarten als handgezeichnete Elemente der Spielwelt gehalten, teilweise im gewohnten Stil für den Spielleiter. Aber nicht nur, dass es jeweils eine Frage von entweder/oder darstellt, es ist auch in beiden Fällen inkonsequent. Die eine Hälfte sei „sehr detailliert und professionell“ sagt das Vorwort; die Karte auf S. 44 aber hat exakt eine (1!) beschriftete Location. Das ist schon albern. Die Karten „direkt aus der Spielwelt“ finde ich zwar schön gelungen, aber da ist mein Problem eher, dass ich den Nutzen nicht sehe. Es geht hier im Setting ja nicht unwesentlich um Expeditionen an verlorene Orte. Cool – aber warum dann nicht kryptische Karten mit der Wegbeschreibung? Was habe ich denn von einer Stadtkarte, wenn ich nicht mal weiß, wo das liegen soll? Hier wären „Schatzkartzen“ ein weitaus schöneres Stilmittel gewesen.
Darüber hinaus, bevor wir dann zum Inhalt kommen, gilt es natürlich noch ein paar Aspekte, die gerade im Bereich Pathfinder eine Rolle spielen können und auch hier wieder zuschlagen. So ist die Bindung des Buches nur bedingt gelungen zu nennen und erinnert mich an einige Feder-und-Schwert-Bücher rund um die Jahrtausendwende: Ich habe das Buch ein Mal gelesen und sie weist bereits Risse auf, öffnet sich ungleichmäßig und macht bisweilen relativ beunruhigende Geräusche. Das ist vermutlich kein Buch, mit dem man alt wird.
Und auch das Lektorat hat einmal mehr nicht den besten aller Tage gehabt. Zwar geht die Rechtschreibung in Ordnung, aber einige Sachen wirken unausgereift. So heißt das dritte richtige Kapitel im Inhaltsverzeichnis „Versunkene Reiche“, in der Überschrift auf S. 48 „Versunkene Königreiche“ und in der Titelleiste auf den Seiten 49 bis 57 durchgehend „Untergegangene Königreiche“. Sicher, manchmal übersieht man Dinge, aber das hier ist mir doch negativ aufgefallen.
Und wenn in einer Übersicht von Gebäuden (!), die man im Dschungel platzieren kann, unter anderem „Dinosaurier“ genannt werden, frage ich mich, ob da jemand gepennt hat, oder nur mehr Ironiesignale hätte setzen sollen.
Aber nun gut, kommen wir zum Inhalt selbst. Das Buch gliedert sich nach dem Vorwort fünf weitere Bereiche: „Das Leben im Mwangibecken“, „Kampagnen im Mwangibecken“, „Versunkene Reiche“ (und so ähnlich), „Bestiarium“ und „Begegnungstabellen“.
Das Buch ist dabei leider etwas ungeordnet und warum „Das Leben im…“ ausgerechnet mit den Abschnitten über Dschungelstürme beginnen muss, weiß ich nicht. Allerdings sind die Informationen, wenn man sich einmal an das Lesen begibt, spannend aufbereitet und das Buch schafft es, einen gelungenen Überblick über zahlreiche Aspekte des Settings zu erzeugen, die mal mehr, mal weniger bekannt sind. So wird Treibsand erklärt, sowohl von seiner Funktionsweise wie auch von den Regeln her, genauso aber ein Überblick über die Volksstämme dort, die Städte im Becken und eigentlich alle anderen Elemente gegeben, die einen als Spielleiter interessieren können.
Leider macht es das Buch dem Leser dabei oftmals schwer. Der typisch klein gedruckte Text ist oftmals nur unzureichend untergliedert und manchmal weiß man auch einfach nicht, wo man suchen soll. So gibt es im Abschnitt „Das Dorfleben im Mwangibecken“ eine halbseitige Karte mit einem Beispieldorf. Zentrales Element dort? Ein großer Flecken, der mit „Korral“ beschriftet ist. Was ist ein Korral? Das Buch verrät es einem nicht.
Nun kann man natürlich rückübersetzen und stellt fest, dass es vermutlich mal ein „corral“ war, also ein Viehhof oder Gehege. Das versteht man auch so. Korral hingegen ist nicht mal ein Wort der deutschen Sprache.
Was einem das Buch in jedem Fall bietet ist ein cooles Setting, mit dem man spielen kann. Dämonenbesessene Riesenaffen als okkulte Opposition findet man ebenso wie vergessene Orte, alte Geheimnisse und viele, viele Plotaufhänger. Übersichten wie „Zehn interessante Einsichten über das Abenteuerleben im Dschungel“ (das ist die Übersicht mit den Dinosauriern) schaffen zusätzliche Anregungen. Das gefällt mir.
Was hingegen noch zu den Schattenseiten des Titels gehört, ist ein immer mal wieder aufkommendes Gefühl von Unvollständigkeit. Einerseits ist da Sargava, das 32 Seiten dünne Heft, das meines Erachtens auch zusammen mit dem Inhalt hieraus ein sinnvolleres, dickeres Buch hätte ergeben können.
Aber das setzt sich auch anderweitig fort: Im Bestiarium hat das Flusspferd fast eine komplette Spalte mit Beschreibung. Was ist es, wie sieht es aus, wie benimmt es sich etc. Aber es ist und bleibt ein banales Nilpferd. Der Tobongo, auch Mwangibaumhirte genannt, bleibt hingegen auf reinen Regeltext beschränkt. Hä?
Flusspferde finde ich in der Wikipedia, aber warum der Tobongo über andere Baumhirten hinaus spannend ist, das finde ich nicht im Bestiarium.
Noch schlimmer trifft es die Begegnungstabellen. 26 Einträge in fünf W100-Tabellen verweisen auf eine Web-Erweiterung, die zum vorliegenden Buch noch erscheinen soll. Allerdings ist die auch jetzt, eine ganze Weile nach Erscheinen, nicht zu finden. Warum erklärt man mir das Flusspferd so lang und breit, wenn ich auf der anderen Seite einen nicht verfügbaren Download konsultieren muss, um herauszufinden, was eine Säbelspinne ist.
Mal davon abgesehen, dass es nett gewesen wäre, wenigstens zu erwähnen, wo diese Erweiterung erscheinen wird.
Somit muss jeder am Ende selber entscheiden, welches von zwei Elementen den Ausschlag gibt. Positiv ist zu sagen, dass der Almanach zum Mwangi-Becken ein tolles und relativ frisches Setting bietet, schön inszeniert, mit tollen Ideen für den Spieltisch. Negativ hingegen bleibt festzuhalten, dass das Produkt unausgegoren wirkt, in seiner Konzeption, in der Verteilung von Schwerpunkten und nicht zuletzt dann auch in der Produktion.
Wer auf Dschungel steht und glaubt, in dem Setting etwas anzetteln zu können, der ist im Becken sicher gut aufgehoben und der macht auch vermutlich nichts falsch mit dem Buch. Es erfüllt somit seinen minimalen Zweck. Mehr tut es aber leider nicht und wer nicht schon mit Euphorie an die Lektüre geht, wird darin auch keine finden.
Mit freundliche Unterstützung von Ulisses Spiele und des F-Shops.
Titel: Almanach zum Mwangi-Becken
Originaltitel: Heart of the Jungle
Autor: Todd Stewart, Tim Hitchcock, Amber Scott
Verlag: Ulisses Spiele
ISBN: 978-3-86889-099-0
Seitenzahl: 64, vollfarbiges gebundenes Softcover
Sprache: deutsch
Preis: 17,95 Euro{jcomments on}