Pathfinder - Der Schlangenschädel #3 - Die Stadt der Sieben Speere
Die Stadt der Sieben Speere stellt den Mittelpunkt der Schlangenschädel-Kampagne dar und zeitgleich den bisherigen Höhepunkt der Reihe. Die ersten beiden Module des Pathfinder-Abenteuerpfads drehten sich um die legendäre versunkene Stadt Saventh-Yhi, welche die Helden mit diesem Abenteuer nun erreichen und erkunden.
Eine versunkene Stadt zu finden, zu erkunden und in Besitz zu nehmen? Weitere Fraktionen, die ebenfalls nach der Stadt suchen und die Gruppe der Spieler behindern oder helfen? Wilde Einheimische, magische Schätze, fantastische Kreaturen und bizarre Rituale in den Ruinen einer alten Zivilisation? Das liest sich fantastisch und ist sicher für viele Rollenspieler ein Ziel in ihren Spielrunden. Doch erfüllt Die Stadt der Sieben Speere diese Erwartungen nach dem eher enttäuschenden Wettlauf ins Verderben, der ja eigentlich auch kein Wettlauf war?
Ich würde sagen: nein. Und die wechselnden Autoren des Abenteuers werden daran wohl den größten Anteil haben, denn das Modul weiß nicht, was es sein will und setzte das dann auch noch schlecht um. Das beginnt bereits beim Einstieg des Abenteuers, wenn die Heldengruppe auf den Geist eines Entdeckers trifft, der bereits vor ihnen die Stadt gefunden hat und nun von dem Gedanken besessen ist, als rechtmäßiger Entdecker in die Geschichte einzugehen. Nach zwei Abenteuermodulen, die darauf abzielten, dass die Charaktere diese legendäre Stadt finden, ist das erste was man ihnen vorsetzt die Erkenntnis, dass jemand vor ihnen den Ort zufällig entdeckt hat? Das ist übel.
Was danach kommt, ist die Erkundung der Stadt, die sich wie der Titel bereits suggeriert, in sieben Distrikte unterteilt, über denen ein hohes magisches Gebäude thront. Obwohl die Stadt als großer Sandkasten konzipiert wurde, ist jeder Distrikt eigentlich nur ein kleiner, kampfzentrierter Kerker unter freiem Himmel. Die sieben Distrikte haben auch Infoblöcke, in denen sich Informationen über die Herrscher des Gebiets, deren Fraktion, die magischen Eigenschaften des Speers, sowie Siegbedingungen, um den Bereich zu befrieden. Dabei gibt es durchaus auch die Möglichkeit, den Herrscher des Distrikts zu einer Allianz zu verpflichten. Klingt leider cooler als es ist, denn in sechs der sieben Bereiche muss man den Herrscher entweder mit Magie beherrschen oder töten. Und bei den Siegbedingungen findet sich auch immer die Option, die Hälfte bis 2/3 der Bewohner zu töten, um ihn zu übernehmen. Klingt es nach Spaß, solange Patrouillen mit Krötenmenschen zu töten, bis 70 von ihnen ausgeschaltet sind? Eigentlich nicht. Zudem gibt es kein Kartenmaterial der Begegnungs-Orte. Es gibt zwar eine große Karte der Stadt auf zwei Seiten, aber die Orte für kämpferische Auseinandersetzungen werden höchstens vage beschrieben. Es gibt eine Seite mit Beispielen wie Orte und Gebäude aussehen könnten, aber das war es dann leider auch schon. Von einem fertig ausgearbeiteten Modul erwarte ich da weit mehr.
Eine Handlung müssen sich die Spieler und der Spielleiter getreu der Sandkasten-Spielweise selbst zusammenschustern. Zum Ende setzt das Modul finden die Helden dann aber die Überlebende einer anderen Expedition, welche die Stadt ebenfalls vor den Spielercharakteren entdeckt hat. Diese Person ist aber leicht verrückt und frühestens im nächsten Abenteuer ansprechbar, egal was die Charaktere tun. Auch ist das kein Storyelement, dass sie finden können, sondern was der Spielleiter ab einer bestimmten Stufe der Gruppe auslösen kann. Leider bietet Die Stadt der Sieben Speere aber auch keine Hilfestellungen oder gar Ansätze für rollenspielerische Konflikte außerhalb des Kampfes. In welcher Beziehung stehen die verschiedenen Stämme und Völker in der Stadt, wieso wurden die Menschen noch nicht von ihren aggressiven Nachbarn ausgelöscht, wie kann man die Stämme gegeneinander aufwiegeln, um selbst als Sieger übrigzubleiben? Wie kämpfen die anderen Fraktionen um die Macht und was tun sie, um den Spielern den Sieg streitig zu machen? Das sind alles Punkte, auf die das Modul keine Antworten gibt, die ich aber als Kern des Konflikts erwartet hatte.
Gibt es denn wenigstens einen Mechanismus zur Erkundung der kulturellen Schätze? Ja, Fertigkeitswürfe, bei deren Gelingen ein Wert steigt, für den man Geld bekommt. Das kann man dann im Basislager seiner Fraktion ausgeben und dort auch bei Händlern magische Gegenstände bestellen, die diese dann zur Stadt liefern. Praktisch… Die Fraktionen, die eigentlich eine wichtige Rolle spielen sollten sind ein Witz und bestehen fast nur aus der Auflistung der Werte ihrer Kämpfer. Ob sie wann wo wie aktiv werden ist komplett frei für den SL zu entscheiden, es gibt keine Richtlinien für sie. Die sind halt da und zelten in der Nähe. Sowieso ist der Aspekt des Einflusses und der Macht jeder Fraktion eher vage gehalten. Es gibt einen Mechanismus, aber dieser wirkt so zusammengeschustert, dass ich ihn ungern im Spiel ausprobieren wollen würde. Und um noch einmal zu betonen, wie doof das Buch organisiert ist: die Quests für die fünf NSC-Kollegen von der Insel stehen im Vorwort! Nicht hinten bei den Fraktionen und deren aktualisierten Werteblöcken, im Vorwort!
Der Rest des Bandes besteht dann wieder aus dem gewohnten Kram. Der Artikel über Juju-Magie, die sehr stark an Voodoo erinnert, ist interessant… aber was macht der in dem Abenteuer? Wieso ist der nicht im Almanach zum Mwangi-Becken? Meine Meinung zu einer fortgesetzten Kurzgeschichte in einem Abenteuerband habe ich in den letzten Rezis bereits kundgetan, wiederhole sie aber gerne noch mal: das ist Blödsinn und kostet wertvolle Seiten, die man für Infos verwendet haben könnte. Die Geschichte hat wieder einmal nichts mit dem Abenteuer zu tun!
Bei den Monstern haben die Pathfinder-Autoren mal wieder richtig zugeschlagen… riesige Papageien die Köpfe abtrennen und Sturmdämonen anbeten sowie Stammestotems mit kleinen Füßen die Gegner verfolgen sind wenigstens noch absurd lustig, die Schlangenschwärme dagegen nur langweilig. Die Mokele-Mbembe sind interessanter, aber eigentlich auch nur schwimmende Saurier. Die Umasi sind als Volk verwesender Humanoider cool, die sich die Teile anderer Lebewesen annähen müssen, um sich selbst zu erhalten. Allerdings haben die auch absolut nichts mit dem Abenteuer zu tun. Das Volk oder ein paar ihrer Vertreter hätte man wirklich interessant einbauen können.
Im Grunde ist Die Stadt der Sieben Speere ein sehr klassisches Rollenspiel-Abenteuer. Irgendwelche Monster sitzen irgendwo herum und warten darauf erschlagen zu werden, es gibt keine glaubwürdigen Beziehungen zwischen den Gruppen und die Charaktere dürften sich selbst ausdenken, wieso einige Kreaturen nun in bestimmten Bereichen herumhängen und was die dort eigentlich tun. Statt detaillierter Fraktionen gibt es nur Gemetzel und das stärkste Monster der Stadt ist ein riesiger Frosch. Damit erfüllt Die Stadt der Sieben Speere nicht einmal annähernd die Erwartungen, denn jeder Spielleiter hätte mit einer Zufallstabelle ein ähnliches Ergebnis zaubern können. Dafür muss man nun wirklich kein Geld investieren.
Die Rezension beruht auf der Lektüre des Produkts und gibt keine Spielerfahrungen wieder.
Mit freundliche Unterstützung von Ulisses Spiele und des F-Shops.
Titel: Der Schlangenschädel #3 – Die Stadt der Sieben Speere
Autor: James Jacobs, Kevin Kulp und Rob McCreary
Verlag: Ulisses Spiele
ISBN: 978-3-86889-114-0
Seitenzahl: 96, vollfarbiges gebundenes Softcover
Sprache: deutsch
Preis: 19,95 Euro{jcomments on}