Pathfinder - Der Schlangenschädel #1 - Seelen für die Schmugglerinsel

Da Pathfinder abgesehen von Labyrinth Lord aktuell die einzige deutschsprachige Inkarnation von Dungeons & Dragons ist, verwundert es nicht, dass sich sehr viele Leute dafür interessieren. Neben den Regeln und dem Quellenmaterial zur Kampagnenwelt Golarion reizten aber gerade die Abenteuer-Kampagnen zu Pathfinder viele Käufer, die aber nicht durch Ulisses übersetzt wurden. Das änderte sich mit Seelen für die Schmugglerinsel, dem ersten Band des Abenteuerpfad Der Schlangenschädel, der wie die anderen Pfade auch aus sechs zusammenhängenden und aufeinander aufbauenden Abenteuern besteht und die Charaktere von der ersten Stufe bis fast zum Finale ihrer Abenteurerlaufbahn begleitet.

Nach der sehr offenen Kampagne im sechsten Kampagnenpfad Kingmaker kehrt der Pathfinder-Produzent Paizo mit The Serpent’s Skull (so der aktuelle Pfad im Original) wieder mehr auf die Linie einer stringenten Handlung zurück. Das erste Abenteuer der Reihe Seelen für die Schmugglerinsel ist jedoch nach wie vor erfreulich offen gehalten und erfordert viel Eigeninitiative der Spieler, um die titelgebende Insel zu erkunden und dort zu überleben.

Auch wenn viele gedacht haben, bei Der Schlangenschädel würden Piraten und Seefahrt eine Rolle spielen, ist das eigentliche Thema der Kampagne eher die Erforschung von Dschungeln und den dortigen Ruinen. Seelen für die Schmugglerinsel lässt die Charaktere als Schiffsbrüche auf einer feindseligen Insel stranden, auf der sie sich zuerst zurechtfinden und dann ergründen müssen, was geschehen ist und wie sie von der Insel entkommen können. Doch sie sind nicht allein, sondern bekommen eine Handvoll NSCs mit an die Hand, die jeweils einer eigenen Agenda folgen und deren Loyalität man sich sichern sollte. Dadurch helfen sie nicht nur verstärkt Lager zu bewachen und dergleichen, sondern geben irgendwann auch ihre Motivation und damit eine Mini-Queste preis. Sollte diese erfüllt werden, so wartet bei jedem NSC eine besondere Belohnung auf die Helden, die mir allerdings ob ihrer flachen Boni als zu mächtig erscheinen. Um die NSCs einsetzen zu können gibt es sehr rudimentäre Regeln zur Lagerverwaltung, um dem ganzen etwas Struktur zu geben ohne vom eigentlichen Spiel abzulenken.

Die NSCs sind jedoch neben ihrem dramatischen Potential nur Randfiguren neben dem eigentlichen Antagonisten der Charaktere: die Insel. Geister, seltsame Dschungelwesen, Raubtiere, Insekten und Kannibalen machen den Spielercharakteren das Leben schwer, während sie nach und nach die Insel frei erkunden können. Erreichen sie einen Abschnitt auf der Karte (allerdings ohne Hexfelder), kann der SL ihnen mitteilen was sie dort besonderes finden. Nett ist auch, dass Raubtiernester oder Höhlen vermerkt sind, die man ausräuchern kann, um zukünftig von Zufallsbegegnungen mit diesen Viechern verschont zu bleiben. Ein besonderes dynamisches Element bildet der Kannibalenstamm der Insel. Hier verbirgt sich eine interessante Geschichte, deren Puzzlestücke die Spieler nach und nach auf der Insel zusammentragen können. Zudem sind die Kannibalen sehr flexibel auf der Insel einzusetzen und tauchen immer wieder als Bedrohung auf, wenn sie etwa NSCs gefangen nehmen und die Spielercharaktere dann eine dramatische Befreiungsaktion durchführen.

Die weniger dynamischen Elemente sind die Abenteuerorte, wie Dungeons, die an bestimmten Teilen der Insel verborgen liegen. Dazu gibt es meist passendes Kartenmaterial, allerdings leider nicht für die beschädigten Schiffe, von denen die Charaktere einige besuchen werden. Im Finale kommt es dann ebenso zur unvermeidlichen Konfrontation mit dem Verursacher des Schiffsbruchs in einem Kerker, sowie zur ebenso unvermeidlichen Erkenntnis, dass eine größere Sache in Gang gesetzt wurde, die es weiter zu erforschen gilt.

Neben dem Abenteuer enthält der Band natürlich auch wie alle anderen Bände eines Abenteuerpfades weiteres Material. Bei Seelen für die Schmugglerinsel handelt es sich um die ausführliche Beschreibung des uralten Schlangenvolks, das im Laufe der Schlangenschädel-Kampagne noch eine wichtige Rolle einnehmen wird (duh!). Der Text ist mir wie viele Beschreibungen bei Pathfinder zu redundant und aufgebläht, statt mir knapp die wichtigen Elemente des Volks zu beschreiben. Die sechs Seiten für die Kurzgeschichte hätten sie sich meiner Meinung nach wie bei allen anderen Bänden der Pfade auch sparen können, denn sie passt nur am Rande zum Thema des Abenteuers und … verdammt noch mal, ich will Spielmaterial keine Prosa in einem Abenteuer! Abschließend gibt es Zufallstabellen für die Insel und fünf neue Monster mit je zwei Seiten, vier Beispielcharaktere und die Karte der Insel. Die Qualität der Monster ist schwankend (Seesterne? Ernsthaft?), nach wie vor gut finde ich aber den Hinweis, auf welchen Mythen die Wesen beruhen. Nicht so gut finde ich, dass beim Ningyo dieser Text mitten im Satz durch den Kasten beendet wird. Daneben finden sich aber nur ein paar Buchstabendreher. Ansonsten kann ich zur Übersetzung der Begriffe wenig sagen, da mir das Original nicht vorliegt, es liest sich insgesamt aber stimmig.

Wie die meisten Pathfinder-Produkte ist auch Seelen für die Schmugglerinsel optisch ganz vorne dabei. Layout wie Illustrationen sind auf sehr hohem Niveau und die Karten sowie Handouts sind ebenso nützlich wie hübsch anzuschauen. Bei meinem Exemplar löste sich aber recht rasch der Kleber der Bindung des Heftes zum Umschlag, was natürlich nicht geschehen sollte. Wer sich vorab über die Kampagne informieren und Charakteren vorbereiten möchte, sollte den Spielerleitfaden unter www.pathfinder-rpg.de herunterladen und lesen. Dieser ist allerdings zum Zeitpunkt dieser Rezension nur im Blog-Bereich verlinkt, so dass man etwas Mühe in die Suche investieren muss!

Seelen für die Schmugglerinsel liest sich hervorragend! Das Szenario kombiniert freie Überlanderkundung mit all ihren Gefahren sehr gut mit klassischeren und sinnvoll integrierten Dungeons, bietet tolle Geschichten wie auch knackige Kämpfe und mit den NSCs sowie den zu entschlüsselnden Geheimnissen der Insel tolle Möglichkeiten für Rollenspiel und investigatives Arbeiten. Die Charaktere können sich je nach Vorgehen jede Menge Feinde und / oder Verbündete schaffen, ein uraltes Geheimnis entdecken und natürlich auch den ein oder anderen Schatz finden. Ein wirklich toller Auftakt für den Pfad, nur die Lost-Witze muss man selber einfügen (und vielleicht auch einen Eisbär als Zufallsbegegnung… ).

Die Rezension beruht auf der Lektüre des Produkts und gibt keine Spielerfahrungen wieder.

Mit freundliche Unterstützung von Ulisses Spiele und des F-Shops.


Titel: Der Schlangenschädel #1 – Seelen für die Schmugglerinsel
Autoren: James Jacobs
Verlag: Ulisses Spiele
ISBN: 978-3-86889-112-6
Seitenzahl: 96, vollfarbiges gebundenes Softcover
Sprache: deutsch
Preis: 19,95 Euro{jcomments on}