World of Warcraft - The Roleplaying Game

The Fog of War has been lifted!
- vom Backcover von World of Warcraft - The Roleplaying Game

Das d20-Rollenspiel zu Warcraft? Hatten wir das nicht letztlich erst? Nunja... eigentlich schon. 2003 erschient mit Warcraft – The Roleplaying Game der erste Ableger und nun erscheint 2005 bereits eine Neuauflage. Wie fühlt man sich als zahlender Kunde und Fan von Warcraft bei sowas? Der Kraftausdruck „verarscht“ erscheint mir hier am treffensten.
Die alte Version war schlecht und ziemlich teuer, anders lässt sich das leider nicht formulieren. Die neue Version, zeitgemäß und auf den Hype geeicht unter dem Label World of Warcraft (WoW), ist dagegen alleine optisch schon beeindruckend. Für fünf Dollar mehr bekommt man fast doppelt so viele Seiten, die im Gegensatz zur alten Version auch noch farbig sind. 400 vollfarbige Seiten für 40 Dollar sind schon mal nicht schlecht, soviel ist klar.

Beim ersten Durchblättern macht das Buch einen sehr guten Eindruck. Viele aus dem alten Buch bekannte Illus sind vorhanden, dazu viel Artwork zu und aus der Warcraft-Reihe. Sogar einige Charaktere aus dem Online-Rollenspiel haben es ins Buch geschafft, passen aber nicht zum restlichen Stil der Illustrationen. Die Seitenränder sind grundsätzlich in einem beigen Ton gehalten, nur bei Seiten, die sich exklusiv mit der Allianz oder der Horde beschäftigen, ist der Rand ganz blau bzw. rot. Das trifft aber nur auf eine Handvoll Seiten im ganzen Buch zu, also kein wirklich sinnvolles Feature. Sinnvoll ist hingegen, oben auf den Seiten entweder ein Symbol oder einen Buchstaben zu platzieren, der wie in einem Lexikon anzeigt, wo man sich befindet. Blättert man z.B. durch die Skills, zeigt einem der Rand oben, dass sie Fertigkeiten dieser Seite von O – P reichen. Schöne Idee. Das Layout ist zweispaltig, auf weißen Grund, wobei die Überschriften farblich abgehoben sind. Optisch wirklich ansprechend.

Den großen Umfang kann mit dem kompletten SRD (System Reference Document, also den d20-Regeln) erklären, der eingearbeitet wurde. Das heißt, dass man kein Player's Handbook mehr benötigt um WoW spielen zu können. Hier fängt direkt mal meine Kritik an, denn die Umsetzung ist mangelhaft. So wird an einer Stelle auf die Prestigeklasse des Woodland Striders verwiesen, die es aber nicht im Buch gibt. Alles wird mehrmals erklärt, so findet sich die Tabelle für die Concentrations-Proben mehr als einmal im Buch und wird auch mehrmals erläutert. Dafür sucht man vergeblich danach, was das Fast Healing der Trolle nun genau tut. Dafür muss man dann doch noch mal im Internet recherchieren. Tabellen sind falsch ausgeschrieben, so sind die Paladin-Spell-Slots nicht unter 3-12 zu finden, sondern unter 3-14. Mit den Boni für die Vertrauten des Jägers kann der Paladin wenig anfangen. Nicht nur bei den Regeln, sondern auch bei der Konvertierung der Spielwelt gibt es so einige Fehler. Die Karten mit den Namen für die einzelnen Regionen der Kontinente sind unvollständig. Es sind Grenzen eingezeichnet, doch kein Bezeichnung zeigt an, wie die Gegend heißt. Im Text werden einige Gebiete erwähnt, die nicht auf der Karte zu finden sind. Was gehört nun wohin? Das Orcs einen Bonus auf ihre Konstitution erhalten kann ich inzwischen akzeptieren. Aber wieso zum Abyss erhalten Nachtelfen einen Malus auf Charisma? Das sind die mit Abstand schärfsten Chicas der Spielwelt ;o)! Verwunderlich finde ich auch, dass Barbaren drei mal soviel Geld zu Spielbeginn erhalten, wie Magier. Gibt es dafür eine Erklärung? Vermutlich weil der Barbar mehr Ausrüstung braucht...
Von diesen Konvertierungsabsonderlichkeiten mal abgesehen, gibt es auch eine Menge Fehler, die einfach nicht sein müssten. Zum Beispiel Zeilenumbrüche mitten im Satz, ständige „Trenn-zeichen“, wo keine sein müssten oder das ein Abschnitt komplett kursiv, fett oder in der falschen Größe gesetzt wurde. Ich habe den Eindruck, als sei hier mit heißer Nadel gestrickt worden. Mehr Sorgfalt hätten das Buch um einiges besser wirken lassen!

Um mehr WoW-Atmosphäre zu erhalten, mussten die Grundklassen abgewandelt werden. Vor allem die Magier können nun freier zaubern, leiden aber immer noch unter dem Slotsystem statt einem Manabasierenden. Dafür können sie nun, wenn sie den Zauber morgens memorisiert haben, einen beliebigen Spruch des gleichen Spell-Levels sprechen. Bei fünf Slots der Stufe fünf also fünf Mal Feuerball. Oder gar nicht. Oder eine beliebige Zahl dazwischen. Oder einen Zauber der gleichen oder kleineren Stufe. Um einiges flexibler als die DnD-Slots. Schön.

Ansonsten ist man noch ein wenig von den normalen d20-Regeln abgewichen. Es wurden Hero-Points eingeführt, mit denen man besonders waghalsige Aktionen vollführen kann. Zusätzlich wurden die Regeln für das Sterben modifiziert und in meinen Augen auch verbessert, da es hier viel stärker von dem tatsächlichen Wert in Konstitution abhängt, ob man abnibbelt oder nicht.

Was mich aber so richtig platt gemacht hat, sind die Regeln am Ende für die Erschaffung und Verwaltung von Städten. Die bekommen nämlich Level, Feats und Klassen. Dazu gibt es ein hochkomplexes System zur Steigerung der Stufe durch bestimmte Einflüsse, wie Völkerwanderung oder Dürreperiode. Was das genau in dem Buch macht... keine Ahnung! Vielleicht mussten noch ein paar Seiten gefüllt werden. Alternativ wäre es eine Umsetzung des Warcraft Strategiespiels.

So, jetzt habe ich viel zu den Regeln geschrieben, was steht denn zu Warcraft in dem Buch? Leider nicht viel. Nach der Lektüre bin ich nun über die Grundlagen in den Philosophien der Fraktionen, der Geschichte und der Georgraphie vertraut. Was tragen die Leute in Lordaeron? Was für Rechte haben Frauen in der Gesellschaft der Orks? Gibt es innerhalb der Zwerge nicht auch Zweifler, was ihre Suche nach der Herkunft durch die Titanen angeht? Davon erfährt man leider wenig. Ich vermute mal, dass es eben „so standardmässig, wie in einem Fantasyreich eben“ sein wird. Schade.

Als Fazit haben wir hier ein Buch, dass leider lieblos umgesetzt wurde und vom eigentlichen Setting nur wenig schildert. Hier hätte man mehr daraus machen können, aber vielleicht wird dieses Manko mit einem späteren Band behoben. Damit bleibt vor allem ein Buch, dass sich bereits an Spieler des Online-Games richtet und diese zum Pen'n Paper-Rollenspiel ködern soll. Die Fusion aus DnD und Warcraft hat dazu immerhin Potential. Für Fans von Warcraft und als alternatives Player's Handbook für d20 zu empfehlen.


Name: World of Warcraft - The Roleplaying Game 
Verlag: Sword & Sorcery Studios 
Sprache: englisch
Autoren: Rob Baxter, Bob Fitch, Luke Johnson, Seth Johnson, Mur Lafferty & Andrew Rowe
Empf. VK.: 39,99 Euro 
Seiten: 400 fabrig, Hardcover {jcomments on}
ISBN: 1588467813