Warcraft - The Roleplaying Game

This War is Yours to Fight!
- vom Backcover von Warcraft RPG

Jipii! Jetzt wird mich Warcraft nicht nur hervorragend am PC unterhalten können sondern auch am Rollenspieltisch! Dachte ich.

Nachdem das Buch endlich bei mir eingetroffen war, überfiel mich zunächst einmal Ernüchterung. Das Layout ist… schlicht. Ein wenig ansprechender Schrifttyp, großzügig in die Seite verteilt. Zur Bindung in der Mitte ist etwa ein Zoll Platz, in dem nichts steht. Außen umgibt ein Rahmen das Blatt, der je nach Kapitel anders gestaltet ist. Nunja, eigentlich gibt es vier verschieden Ränder für 6 Kapitel. Die Übersichtlichkeit wird dadurch also nicht besser. Des weiteres sehen die Ränder schlecht aus. Sie wirken wie die Menüverzierungen der einzelnen Warcraft Titel. Nur sehen diese langgezogen und schwarz/weiss schlecht aus. Überhaupt macht das ganze Buch den Eindruck als wäre es gerne farbig geworden. Die Kapitel werden jeweils durch eine Szene aus einer der Rendersequenzen aus Warcraft 3 eingeleitet. Nun sehen die Sequenzen genial aus. In Farbe und in Bewegung. Die einzelnen Photos können dahingegen nicht überzeugen.

Die Illustrationen hingegen überzeugen voll (mal davon abgesehen, dass sie wohl auch in Farbe nicht nur gut, sondern fantastisch ausgehen hätten). Zumindest die Zeichnungen von den neuen Grund- und Prestigeklassen. Es wurden auch die meisten (alle?) Zeichnungen von Metzen aus den alten Warcraft Handbüchern übernommen. Die finde ich persönlich immer noch für gelungen, aber gegen die wunderbaren Zeichnungen von Samwise Didier… Die Landschaftsbilder im letzten Kapitel sind teilweise in Farbe auf der Homepage zu bewundern. Und in Farbe gilt es sie wirklich zu bewundern. In den Grautönen hingegen einfach hässlich. Soviel erst mal zur Optik.
Was bietet mir das Buch? Laufen wir doch einfach mal die Kapitel ab. Jedes Kapitel wird von einer Doppelseite aus einem Rendervideo sowie einer Kurzgeschichte eingeleitet.

Kapitel Eins, A World at War. Die Geschichte der Warcraft Welt. Zusammengefasst werden die Ereignisse von der Erschaffung der Welt, über die Spaltung der Elfenrassen, der ersten Invasion der Burning Legion und der Handlung der Computerspiele bis zu den Ereignissen am Ende des dritten Teils. Die Geschehnisse aus dem Addon Frozen Thron wird man erst im Alliance & Horde Compandium lesen können, das im November 2003 noch erscheinen soll.

Kapitel Zwei, Heroes. Das interessanteste Kapitel. Hier werden die Rassen der Warcraft Welt vorgestellt, zumindest die spielbaren. Mensch, Ironforge Zwerg, Hochelf, Nachtelf, Goblin, Halbelf, Halbork, Ork und Tauren. Mhh… keine Trolle? Gibt es noch andere "Stämme" von Zwergen außer den Ironforge? Vielleicht in den nachfolgenden Bänden. Toll. Wie komplett. Jede Rasse hat eine generelle Ausrichtung zur Allianz, Horde oder gilt sogar als unabhängig, wie Goblins oder Halborks. Orks sind nach diesem Regelwerk übrigens nicht stärker als Menschen sondern zäher. Sie haben ein +2 auf Konstitution, dafür einen Malus von –2 auf die Intelligenz. Einen Konstitutionsbonus? Große, grüne Zwerge? Immerhin erhalten Orks auch einen Angriffsbonus von +1 gegen Menschen, wie im Spielerhandbuch Zwerge gegen Orks. Menschen bekommen diesen Bonus übrigens auch für Orks. Einige der Rassen sind stärker als andere, so das sie eine Levelanpassung bekommen. Hoch- und Nachtelfen und Tauren sind so mächtig, das sie als ein Level höher gelten als andere Charaktere. Es wird sowieso empfohlen die Charaktere auf Level 2 zu generieren. Ein neu erschaffener Tauren hätte also ein Level in einer Klasse, während ein Mensch zwei Level bei der Erschaffung hätte.
Die Klassen sind übrigens bei Warcraft stark eingeschränkt. Aus den Klassen des Spielerhandbuchs kann man nur fünf wählen (Barbar, Kämpfer, Schurke, Hexenmeister und Zauberer). Alle anderen Klassen gibt es entweder nicht bei Warcraft oder sie sind zu Prestigeklassen geworden. Allerdings wartet das Warcraft RPG mit drei neuen Grundklassen auf. Der Heiler ist das Equivalent zum Kleriker, nur mit weniger Nahkampffähigkeiten und verminderter Zauberliste. Dabei ist die Zeichnung der Tauren-Heilerin einfach klasse! Der Scout soll wohl den Waldläufer ersetzen. Eigentlich hat er ähnliche Fähigkeiten, nur wirkt diese Klasse mehr wie ein Waldläufer als der Ranger, der ja selbst nach 3.5 Regeln fast nur ein kleiner Bruder des Kämpfers ist. Die letzte neue Klasse ist der Tinker, eine Art Schmiermax, ein Bastler und verrückter Wissenschaftler. Dies ist die Lieblingsklasse der Goblins und ja, diese Klasse ist sehr nett. All die verrückten Maschinen und Gerätschaften aus den Warcraft-Spielen, wie der Steamtank, der Zeppelin oder nur die Schwarzpulverwaffen werden von dieser Klasse erfunden und gebaut.
Bei den Prestigeklassen lässt das Buch so richtig die Muskeln spielen. 12 neue Prestigeklassen (Beastmaster, Druid of the Wild, Elven Ranger, Blademaster, Horde Assassin, Hunter, Infiltrator, Mounted Warrior, Paladin Warrior, Priest, Shaman, Warlock) alle hervorragend illustriert. Die Prestigeklassen sind bei Warcraft wichtiger als im Standard-D&D. Dabei hat jede durchaus ihre Daseinsberechtigung. Es ist keine Prestigeklasse dabei, bei deren Existenz ich mich nur frage "Warum?", wie bei den offiziellen Klassenbüchern von D&D.
Die Skills ergeben nichts wirklich neues. Neue Anwendungsmöglichkeiten für alte Skills und der neue "Use Technological Device".
Bei den Feats findet sich einiges nützliche, wie etwa die "Battle Language" oder der "Battle Cry". Aber auch so Dinge wie "Follower of the Totem" für Tauren, der für 1W6 Runden einen +2 Bonus auf ein Attribut gibt. Sinnlos so was. Ähnlich wie "Pulverize", ebenso für Tauren. Diese Attacke wirft Gegner um, ist aber schwer auszuführen und provoziert Gelegenheitsangriffe. "Ride Bareback" lässt den –5 Modifikator für Sattelloses Reiten entfallen. Der sinnloseste Feat ist allerdings "Sunder Armor". Bei einem kritischen Treffer (sowieso selten) besteht nochmals die kleine Chance dem Gegner einen (!) Punkt seiner Rüstungsklasse abzunehmen. Unpraktikabel und unnötig. Neu hinzu kommen auch viele Metamagische Feats und ganz neu, die Technologie Feats, die es den Tinkern ermöglichen bestimmte Dinge zu bauen, zu fahren, etc.

Kapitel Drei, Adventuring. Das Erleben von Abenteuern in der Warcraft Welt. Die Zugehörigkeit zu einer Fraktion wird erklärt, genau wie die Auswirkungen derselben. Was für Fraktionen gibt es (Allianz, Horde und Unabhängig), welche Vorzüge bieten sie, welche Religionen gibt es. Und dann die Ausrüstung. Das Warcraft Buch bietet nicht nur neue, aus den Spielen bekannte, Waffen wie das Tauren Totem, Schwarzpulverwaffen oder die Nachtelfen Moonglaive, sondern auch lustige Dinge wie das Goblin-Armee-Messer oder gar einen Dampfhammer! Angehängt, irgendwie unpassend und unvollständig sind die Regeln zum erschaffen von neuen mechanischen Gegenständen. Da hätte ich vorerst komplett drauf verzichten können, da sie mir in dieser (Nicht-)Ausführlichkeit nichts bringen.
Und weil es ein Fantasysetting ist, gibt es nicht nur technologische Gegenstände, sondern auch magische. Hier findet sich dann ein lustiges Stell-dich-ein der Warcraft Gegenstände. Gute alte Bekannte wie die "Cloak of Flames", treffen die Goblinlandminen und sogar das "Vampiric Runeblade" der Todesritter. Allerdings sind die acht magischen Gegenstände etwas wenig für meinen Geschmack. Da hatte ich doch bei Warcraft 3 mehr.

Kapitel Vier, Magic. Die Magie in Warcraft, nach bereits 150 Seiten. Es wird zunächst einmal erklärt was Arkana und was Göttliche Magie ist, wo sie entstanden, wer sie anwendet, etc. Dann kommt noch eine Liste der Zaubersprüche, welche bei Warcraft nicht wie bei D&D benutzt werden können, sowie einige neue Zaubersprüche wie Heilender Regen, Dornenschild, etc. Die Zaubersprüche aus Warcraft eben. Dabei muss ich aber darauf hinweisen das Warcraft als offizielles D&D Setting das Slotsystem verwendet statt Mana, wie in den PC-Spielen. Manatränke geben dann auch nur eben gewirkte Sprüche wieder.

Kapitel Fünf, The World of Warcraft. Naja, eigentlich stimmt die Überschrift nicht, denn das ganze Rollenspiel ist ja auf den "neuen" Kontinent Kalimdor angesiedelt. Also werden die anderen Kontinente Northrend, Lordaeron und Azeroth einfach mal nicht beschrieben. Trotz der ganzen Hinweise das Kalimdor ein neu entdeckter Kontinent ist, hätte ich mir doch eine bessere Karte gewünscht. Selbst auf der Detailkarte von Kalimdor sind kaum genügend geographische Inforationen um sich die Landschaft vorzustellen. Auch sind nicht alle Gegenden die beschrieben werden auf der Karte verzeichnet, so das man sich einfach denken muss wo z.B. Azshara im Norden liegt. Irgendwo da halt. Die Weltkarte auf den Innenkarten sind sogar noch schlechter geraten. Die sind vom Informationsgehalt irgendwo Richtung Null. Wo sind denn die sehr schönen Karten aus den Ladebildschirmen von Warcraft 3 hin? Zu den Landschaftsbildern in grau habe ich weiter oben ja schon mal einen Kommentar abgelassen.

Kapitel Sechs, Campaigning. Das Kapitel für den Spielleiter, wie leite ich eine Kampagne und welche Art sollte diese Kampagne sein. Die Vorschläge reichen von Diplomatie, über Spionage und Horror bis zum altbekannten Dungeoncrawl. Die Abenteuerideen sind aber größtenteils unbrauchbar. Denn Aufhänger, dass Jaina Proudmoore ein Attentat überlebt hat und nun die Hintermänner bestraft werden sollen oder gar das sich ein Monster in der Nähe eingenistet hat und nun eine Bedrohung darstellt kann ich nicht gebrauchen. Dann gibt es noch Anregungen Kampagnen gegen die alte Bedrohung der Burning Legion zu richten. Als Rausschmeißer noch ein paar Sätze zu den Monstern und dann begrüßt mich auch schon der Index.

Tja, ich bin enttäuscht. Und das nicht nur weil ich knapp 35 Euro für ein 244 Seiten starkes Buch in schwarz/weiß bezahlt habe. Die neuen Grund- und Prestigeklassen sind ja wirklich klasse, aber der Rest? Höchstens Durchschnitt, oft darunter. Das Buch macht einen sehr unfertigen Eindruck. Sehr oft wird auf folgende Bände verwiesen. Und wo bitte sind die Trolle als spielbare Rasse? Wieso habe ich Halbelfen, Halborks und Goblins zur Auswahl und keine Trolle? Wo ist die Death Knight Klasse? Warum gibt es nur 8 magische Gegenstände? Warum wurden nicht die Ladekarten als Karten eingefügt, warum habe ich diese "Details bitte einfügen" Karten im Innencover und warum nur in diesem Kaffeebecherbodenbraun? Und noch mal. Wieso kostet das Dingen 35 Dollar bzw. Euro? Von der Verarbeitung ist es gut, aber es sind verdammt noch mal nur 244 schwarz-weiß Seiten!
Warcraft Fans werden enttäuscht sein und alle anderen werden sich ärgern, da dieser Band nicht genügend Infos enthält um eine Kampagne in der Warcraft Welt zu spielen. Nicht wirklich schlecht, aber doch weiter unter dem Standard, den die PC-Spiele gesetzt haben und daher enttäuschend.


Name: Warcraft RPG 
Verlag: Sword & Sorcery Studios 
Sprache: englisch
Autoren: Chris Metzen u.a. {jcomments on}
ISBN: 1588460711
Empf. VK.: 34,95 US-Dollar 
Seiten: 244 s/w