Fading Suns d20 - Character Codex

Player characters come from all walks of life: nobles. Priests, guildsmen, aliens and barbarians. Now, they can come from even more freakish backgrounds!
- vom Backcover von Character Codex

Nachdem das d20-Grundregelwerk von Fading Suns bei mir ja ungewöhnlich gut davon gekommen ist, liegt nun das erste Supplement für das System vor mir. Es ist, für die Kenner da draußen gesprochen, das d20-Äquivalent zum alten 'Players Companion' und richtet sich daher ganz besonders auch an die Spielerschaft da draußen.
Natürlich ist das Buch auch für Spielleiter nicht gänzlich uninteressant, aber es ist einfach nicht für sie gemacht.

Rein äußerlich hat sich gegenüber den Grundregelwerk nicht viel getan. Violetter Einband, diesmal mit einem schönen, aber nicht bahnbrechenden Cover von John Bridges, in dem eine nackte Frau Pupillen einem Schädel in die "Augen" blickt. Naja, habe schon überzeugendere Bilder gesehen.
Die Innengestaltung leidet an der selben Krankheit wie das Grundregelwerk: die Bandbreite zwischen wundervollen Gemälden und gruseligen Strichzeichnungen würde das Buch wohl irgendwo im oberen Durchschnitt ansiedeln, doch gerade der irrsinnig wilde Stilmix Strichzeichnungen, schattierten Bildern und reinen Comiczeichnungen schafft es nicht wirklich, eine Atmosphäre zu vermitteln – der triste Rand tut sowie das teils unprofessionelle Layout (so ist S. 75 halb von einer schönen Illu bedeckt, halb aber auch vollkommen leer) sein übriges.
Schade, da ist heutzutage auch ohne Farbe weit mehr drin.

Inhaltlich umfasst das Buch, wie schon das Grundregelwerk, 192 Seiten. Es gliedert sich in neun Kapitel zuzüglich eröffnender Fiktion und zwei Seiten Einleitung. Dazu gibt es aber auch nicht wirklich viel zu sage, blättern wir also gleich mal zum ersten Kapitel.

"Alien Races" hält auf gleich 52 Seiten genau das, was der Titel verspricht. Hier wurde klar mehr auf Klasse denn auf Masse gesetzt und jeder Rasse auch eine ausgesprochen umfassende Beschreibung verpasst, die weit über das hinaus geht, was man etwa von Weltraum-d20-Systemen wie Star Wars kennt. Vorgestellt werden nacheinander die insektoiden Ascorbites, die vogelartigen Etyri, die affenartigen Gannok, die echsenhaften Hironem, die unter Wasser lebenden Oro'ym sowie die pferdeartigen Shantor.
Zwar erscheinen diese 'tierischen' Konzepte etwas aufgesetzt, aber andererseits ist alleine die Technik der Shantor so interessant durchdacht, das die Lektüre und nachfolgende Auswahl der Inhalte des Kapitels durchaus Sinn macht.

Kapitel zwei ist weitaus kürzer und behandelt auf 12 Seiten die "Changed", Mutanten also. Viele Ausrichtungen, viele potentielle Fähigkeiten und etwas wenig Hintergrund machen es wohl zu einem typischen Spielerkapitel, mit dem man seinen Charakter zwar formen kann, wo aber die Geschichte etwas zurück bleibt.

Noch kürzer, nämlich zehn Seiten lang, ist das dritte Kapitel "Knightly Orders". Was man kriegt ist wohl klar – Spieler die gerne Mitglieder der Questing Knights, der Church Knights oder der True Knights werden wollen, können das hier nun tun.

Zwanzig Seiten umfassen dagegen die "Religious Orders" des vierten Kapitels. Hier werden die nicht umsonst nach "Chor" klingenden Chorali, die druidenhaften Gjarti und der Manja-Ahnenkult werden vorgestellt. Auch hier, wie im Kapitel zuvor, hängt der Nutzen wohl sehr davon ab, ob man nun einen solchen Charakter spielen will oder nicht. Allerdings kann auch ein Spielleiter diese beiden Kapitel gut gebrauchen, denke ich.

Das gilt sicherlich auch für die folgenden 16 Seiten, die sich mit den "Guilds" befassen. Unterhaltungs-Gilden, die Slayers Guild, Vagabonds, Apothecaries, Courtesans, Weaponsmiths, Protectors und 'the Talent' harren wahlweise auf den Beitritt eines Spielers oder die Benutzung durch den SL.

24 Seiten gehören in Form des sechsten Kapitels dem Militär, welches hier in Form von Klassen, Feats und anderen Gimmicks die Tore für Spieler öffnet. Hier wiederum kommen Spielleiter etwas weniger auf ihre Kosten, es sei denn, ihre Kampagne spielt vor einem militärischen Hintergrund. Dann wiederum dürften die paar Seiten essentiell sein.

Kapitel sieben bietet 8 Seiten Ausrüstung, vornehmlich Waffen und Rüstungen. Aber zumindest eine Seite 'andere' Ausrüstung dürfte man zusammen bekommen. Was soll man groß dazu schreiben?
Die vorgestellten Gerätschaften sind nützlich, aber kein Muss.

Noch einmal acht Seiten widmen sich 'Occult Powers' im achten Kapitel, sowohl in Form von psychic powers wie auch theurgy rites. Einige "besonders seltene" Kräfte, einige Sachen mächtiger, andere schwächer als das was man kennt: wer ein Kompendium zu irgendeinem Rollenspiel besitzt, in dem Mächte nachgereicht wurden, weiß wohl, was er bekommt.

Die letzten 26 Seiten aber waren es, die meine Meinung noch mal ein gutes Stück nach oben gehoben haben. "A Day in the Life" nennt sich das neunte und damit letzte Kapitel, das zu 24 Parteien, von House Hawkwood über einen Hesychast bis hin zum Vuldrok Barbarian einen typischen Tagesablauf schildert und Spielern wie Spielleitern so einen unschätzbar wertvollen Eindruck vermittelt, was ein solcher Charakter so den lieben langen Tag treibt.
Hat mir sehr gut gefallen und zählt wohl zu den Highlights des Bandes.

Abschließend gibt es noch einen B-Noten-Abzug für den fehlenden Index, gerade da so viele Feats und Kräfte durch das Buch gestreut sind. Ansonsten ist der 'Character Codex' für Leute, die nach den d20-Regeln spielen ein unverzichtbarer Kauf, um den Charakteren endlich mal etwas Tiefe geben zu können. Wer dagegen eher am Hintergrund interessiert ist und eventuell sogar das 'Player's Companion' schon sein eigen nennt, der sollte sich lieber mal nach anderen Bänden umsehen.
Kein schönes Buch, aber nützlich.


Name: Character Codex 
Verlag: Holistic 
Sprache: Englisch
Autoren: Bill Bridges, Jackie Cassada, Sam Chupp, James Estes, Andrew Greenberg, Daniel Greenberg, Lee Hammock, Andy Harmon, Sam Inabinet, Ross Isaacs, Chris Howard, James Moore, Rustin Quaide, Chris Wiese
Empf. VK.: 25,00 US-Dollar {jcomments on}
Seiten: 192