Eberron - Campaign Setting

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- vom Backcover von Eberron - Campaign Setting

Tja, Eberron. Lang hat es gedauert, aber es ist doch noch auf meine Leseliste gerutscht. Dieses Setting ist etwas besonderes. Es ist das, nach Meinung der Küstenmagier, beste Setting aus über 11.000 Einsendungen, welche die Küstenmagier für ihre Suche nach einem neuen Setting für Dungeons & Dragons erhalten haben. Keith Baker war der Gewinner des Wettbewerbs und damit Begründer des Settings Eberron.
So, aber was ist Eberron nun? Vordergründig natürlich ein Dungeons & Dragons-Setting und damit ein d20. Allerdings hat es einige andere Besonderheiten, man könnte es auch frische Ideen nennen, die sich so nicht in anderen Kampagnensettings finden. Was unterscheidet Eberron z.B. von den Vergessenen Reichen? Eberron ist viel glaubwürdiger, da z.B. nicht die komplette Welt so stark untertunnelt ist, dass man nicht wagen kann fest aufzutreten. Die Kampagne setzt zwei Jahre nach einem wirklich umwälzenden Thronfolgekrieg ein, welcher 100 Jahre andauerte. Der Kontinent Eberron ist verwüstet worden, neue Nationen sind entstanden und es herrscht überall noch Misstrauen von jedem gegenüber jedem anderen. Nun müssen Relikte aus der Zeit vor dem Krieg beschafft, Spione abgewehrt und wahnsinnige Machthaber gestoppt werden. Gute Aussichten auf Abenteuer. Auch die Länder und Rassen sind nachvollziehbar verteilt und bei weitem nicht so zahlreich wie in den VR. Auch spielen bei Eberron die Gesinnungen eine untergeordnete Rolle, es gibt weitaus mehr grau bei den Persönlichkeiten. Apropos Persönlichkeiten: In den VR kann man sich im einleveligen Bereich ja bisweilen nicht mal mit einigen NSCs unterhalten, weil die Aura der Unbesiegbarkeit so stark blendet. Die NSCs in Eberron sind alle sehr moderat was ihr Level angeht. Dies hat den Grund, dass die Charaktere Helden sind, welche die Welt noch aktiv formen und in ihr agieren sollen. Es kommt kein Drizzt vorbei um mal eben eine Trollinvasion aufzuhalten, hier müssen die Spielercharaktere 'ran. Ein weiterer interessanter Aspekt Eberrons sind die schwächelnden Nationen im Angesicht von konzernartigen Gebilden, großen Handelshäusern, die in ihrem Feld jeweils ein Monopol errichtet haben und dies erbittert verteidigen. Magie ist alltäglich und wird dazu eingesetzt Dinge zu erreichen, für die wir heute Technologie nutzen. So ziehen Luftschiffe ihre Bahnen, rasen Blitzzüge über den Kontinent und übermitteln sprechende Steine Nachrichten im Handumdrehen über die bekannte Welt.

Aber nun mal zum Buch. Schön ist es geworden, auch wenn manche Leute sich an der Comic-Ästhetik stören, die vielen Illustrationen anhaftet. Ich habe damit kein Problem und finde, dass diese Art der Darstellung die actionreiche Stimmung des Settings gut einfängt. 320 Seiten umfasst das vollfarbige Hardcover. Das alleine macht doch schon einmal was her. Allerdings ist keine Karte der Spielwelt beigelegt, die wird erst mit dem Spielleiterschirm nachgereicht, was sehr ärgerlich ist. Die dt. Ausgabe Eberrons hat diese direkt beim Kampagnensetting dabei und ist dazu mit 400 Seiten auch einen Tacken dicker.

Aber gehen wir das Buch doch einmal von vorne bis hinten durch. Nach einer knappen Einleitung in die Welt und den besonderen Stil von Eberron, erwarten den Leser die spielbaren Rassen. Alle Standardrassen sind vertreten, doch gibt es hier nicht sonderlich viel interessantes. Die Zwerge sind gute Bänker, die Halblinge reiten Dinos und die Halbelfen haben sich als eigene Rasse etabliert. Was heraussticht sind die Elfen, welche eine Art positiver Nekromantie betreiben, indem sie ihre Ahnen, die Undying verehren und das Leben nach dem Tod als Weg zu Göttlichkeit verstehen. Die Undying werden nur durch die Verehrung der Elfen am Leben erhalten und sind keine Untoten. Diese sind in den Augen der Elfen Abnormitäten, welche ausgerottet gehören. Dann kommen aber die vier neuen, für Eberron entwickelten Rassen ins Spiel. Die Kalashtar sind charismatische und tief spirituelle Humanoide, welche eine Symbiose mit einem Geistwesen eingegangen sind. Ein cooles Konzept eigentlich, doch regeltechnisch wird dies alles über Psi-Fähigkeiten dargestellt. Wer also einen Kalashtar spielen möchte, wird nicht um die Anschaffung des Complete Psionic herumkommen. Ärgerlich. Die Shifters und die Changelings sind jeweils so etwas wie Halbmonster. Changelings stammen von Doppelgangers (ich verwende jetzt mal die Originalbezeichnung des Monsters) ab und können sich kurzzeitig verwandeln und Shifters sind so etwas wie verhinderte Gestaltwandler, denn wie man bereits erahnen kann, stammen sie von Lykanthropen ab. Beides irgendwie eher schwach, vor allem im Vergleich zu der letzten neuen Rasse, den Warforged. Diese Rasse von lebenden und intelligenten Konstrukten wurde erst vor wenigen Dekaden erschaffen, um im Krieg die menschlichen Soldaten zu ersetzen. Mit Beendigung des Krieges bekamen diese Wesen volle Rechte zugesprochen und mussten plötzlich damit klar kommen, ihren eigenen Weg in der Welt zu finden. Spielerisch sehr interessant einen solchen Charakter zu verkörpern, die erst noch Kultur und Identität finden muss. Die ältesten Warforged sind nicht einmal 40 Jahre alt, die jüngsten gerade einmal zwei Jahre, wobei die Warforged bereits mit vollem Bewusstsein aus den magischen Schmieden treten. Es folgt eine knappe Übersicht für die möglichen Heimatländer, samt Empfehlungen für verknüpfte Klassen, Skills und Feats.

Weiter geht es mit den Klassen, wo natürlich auch alle bekannten aus dem Player's Guide enthalten sind. Es gibt aber auch etwas neues: die Klasse der Artificer. Das sind eine Art magischer Schmied, der dafür sorgt, dass in Eberron tatsächlich das hohe Niveau an magischen Gegenständen herrscht, was das Setting auszeichnet. Seine Aufgabe ist es vor allem diesen Kram zu fertigen, wofür er in jedem Level einen bestimmten Pool an Punkten bekommt, die er anstatt XP bei der Herstellung einsetzen kann. Zudem kann er mit seinen Zaubern vor allem unterstützend eingreifen. Ansonsten gibt es nur minimale Anpassungen bei den Klassen, wie etwa die neuen Gottheiten für die Clerics, bzw. die Kirchen. Die göttlichen Zauber werden nämlich vielmehr durch die Kirche, bzw. den Glauben vorgegeben, als durch den Gott verliehen. Auch sind die Gesinnungen wie weiter oben bereits erwähnt, nicht so ausschlaggebend. Ein Mitglied der Church of the Silver Flame kann durchaus auch Lawfull Evil sein, auch wenn die Kirche Lawfool Goof, äh... Lawfull Good ist.

Das dritte Kapitel fasst unter "Hero Characteristics" eine Menge Regelkram zusammen. So werden die Actions Points erklärt, jenem kleinen Bonus für jeden Helden, der besonders waghalsige Aktionen ermöglicht, da dadurch d20-Würfe noch weiter erhöht werden können. Es ist das kleine bisschen Hilfe, das manchmal einfach nötig ist. Ansonsten finden sich vor allem neue Feats und die Dragonmarks in diesem Kapitel. Die Dragonmarks sind die mystischen Symbole, die es ihren Trägern erlauben besondere Zauber zu wirken. Auf diese Drachenmale stütze sich die Macht der großen Handelshäuser, weswegen sie auch so heißen: dragonmark families. Jedes Haus punktet in den Bereichen, in denen es die Drachenmale unterstützen. Cannith kann besonders gut Gegenstände fertigen, Tharashk findet Dinge und Personen außerordentlich gut und Orien kümmert sich um Transport. Jedes der Häuser ist vor allem eine Blutlinie, da die dragonmarks vererbt werden. Kinder zwischen zwei Blutlinien sind verboten, da dadurch abnormale und gefährliche Male entstehen können. Natürlich sorgen die Blutlinien auch dafür, dass jeweils nur eine, manchmal auch zwei, Rassen eine dragonmark family bilden. Die Familie Cannith etwa besteht nur aus Menschen, auch wenn dem Haus Vertreter aller Rassen dienen. Regeltechnisch werden die dragonmarks über Feats abgehandelt.

Natürlich gibt es auch Prestigeklassen, welche das Setting noch einmal zusätzlich betonen. Da wären zum Beispiel der Dragonmark Heir, der die Fähigkeiten seines Drachenmals optimal auszunutzen lernt. Der Extreme Explorer hat gerlernt, sich in brenzligen Situationen besonders hervorzutun und der Master Inquisitive ist ein Meister im Aufdecken von Geheimnissen. Danach kommt ein Artikel, der etwas zu der Magie Eberrons sagt und viele Seiten zu den verschiedenen Planes, die Eberron umkreisen. Dazu einige neue Zauber, die aber Eberron nicht wirklich gerecht werden, sprich: die auch in einem beliebigen anderen Buch hätten stehen können. Es fehlt hier an frischen Ideen, alles liest sich relativ routiniert. Schade, gerade im Kapitel über Magie hätte man bei einer so magiestarken Welt wie Eberron mehr Innovation einfließen lassen sollen. Darauf folgt noch etwas settingspezifische Ausrüstung und dann dann kann auch endlich die Beschreibung der Spielwelt den Leser erfreuen.

Hier wird zunächst darauf eingegangen, was die Welt von Eberron definiert. Wie funktioniert die Zeitrechnung, wie heißen die Monate, wie sieht die allgemeine Schulbildung aus und welche Sprachen werden wo gesprochen. Dann folgen auf etwa 90 Seiten die Länder und Nationen des Kontinents. Die Welt ist dabei sehr an die Ansprüche eines Abenteuerspiels angepasst. Es gibt Wüste, Dämonenbrachen, große Gebirge, dichte Wälder, schier unendliche Steppen und Inselketten mit Piraten. Ewiges Eis und der mysteriöse Kontinent voller Relikte sind jeweils nahe gelegen, so dass man einmal ohne weiteres eine Expedition unternehmen kann. Was herausbricht ist das Mournland, eine große Region die während des Krieges völlig verändert und vernichtet wurde und wo nun die Realität verdreht ist und kein normales Wesen mehr überleben kann. Die Nationen sind da schon interessanter. Es gibt eine Theokratie, welche den Adel nur noch als Marionetten benutzt, einen heimlichen Vampirregenten, Exilelfen, zivilisierte Überbleibsel der früheren, kriegsführenden Nationen und Monsterkönigreiche, die sich aus den Söldnerheeren des Krieges gebildet haben. Die restlichen Kontinente der Spielwelt werden jedoch nur äußerst knapp beschrieben, was aber nicht weiter tragisch ist. Eberron bietet erst einmal genug Abenteuermöglichkeiten für eine ganze Weile. Schön ist, dass bei jedem Land direkt Hinweise für Abenteuermöglichkeiten und einige Szenarioideen angeboten werden. Gerade für frische Spielleiter sicherlich sehr förderlich.

Da Eberron es sich ja zum Ziel gesetzt hat, neben Dungeons auch vor allem Intrigen zu bieten, liefert das Buch einige Organisationen, welche den Spielercharakter entweder Verbündete oder Feinde sein können. Allen voran werden hier natürlich die dragonmark families vorgestellt, welche große politische und enorme wirtschaftliche Macht besitzen. Damit das bis jetzt erworbene Wissen um Eberron auch sinnvoll umsetzen kann, gibt das Spielleiterkapitel viele Tipps, wie man Abenteuer gestalten kann. Das beginnt bei stilistischen Elementen, wie Cliffhangern über Anmerkungen zu Plotelementen wie der Benutzung von Mentoren und wiederkehrenden Schurken, bis hin zu kompletten Abenteuerschemata, die man nur noch mit Leben füllen muss. Gerade letztere sind einfach klasse, da sie das Gerüst eines kompletten Abenteuers vorgeben und dem neuen Spielleiter somit enorm helfen. So sind Exploration-Abenteuer etwa so beschrieben, dass die größte Herausforderung bei Monstern und Fallen am Zielort bestehen soll, eine Nebenhandlung die Bewachung von NSCs beinhalten kann, Kämpfe immer mal wieder zwischendurch stattfinden sollten und dergleichen. Dann gibt es die einzelnen Szenen einer jeden Exploration-Mission, die der SL dann mit eigenen Ideen füttern kann, von der Anwerbung der Charaktere durch eine Person, über die Reise zum Zielort, bis hin zum Finale und einem möglichen Nachspiel. Sehr, sehr nützlich.

Und damit es auf den Abenteuer auch neue Schätze zu finden und neue Monster zu erschlagen gibt, liefert das Buch diese auch gleich mit. Auf etwa 50 Seiten werden neue magische Gegenstände wie etwa die Dragonshards vorgestellt, welche Zaubersprüche besonders gut zu halten vermögen und somit Dinge wie fliegende Schiffe oder pferdelose Karren ermöglichen. Bei den Monstern stechen vor allem die bereits oben erwähnten Deathless heraus, bereits gestorbene Elfen, welche durch die Anbetung ihrer Nachfahren im Nachleben (nicht im Untot!) gehalten werden und die als hervorragende Krieger und Berater auf die Gesellschaft einwirken. Weiterhin sind noch die Living Spells interessant, welche eben genau das sind: lebendige Zaubersprüche, die im Mournland nach der großen Katastrophe entstanden sind und nun durch dieses verzerrte Lande irren.

Abgeschlossen wird der Band durch ein Einführungsabenteuer. Das ganze spielt in Sharn, der Stadt der Türme, die ganz nebenbei die kosmopolitischste Stadt Eberrons ist, wo man alles, aber auch wirklich alles finden kann, vom dinosaurierreitenden Halbling, bis hin zu Warforgedrebellen, welche alles Fleischliche vernichten wollen. Also die perfekte Stadt um ins Abenteuer und Eberron zu starten. Leider ist die Stadt an sich fast gar nicht beschrieben. Wer Informationen möchte, die über das Abenteuer und die kurze Beschreibung bei den Ländern Eberrons hinausgehen, muss bei dem Sharn-Quellenbuch zugreifen. Das Einführungsabenteuer "The Forgotten Forge" ist relativ simpel gestrickt. Die Charaktere werden zufällig in eine Sache hineingezogen, die zwar große Entlohnungen, aber auch große Gefahren birgt. Zwar läuft der Plot auch weitestgehend auf Schienen von einer Begegnung zur nächsten, doch bei Einführungsabenteuern kann man das verschmerzen. Von den Intrigen findet man hier noch nicht sonderlich viel, vielmehr gibt es einige, teils heftige Kämpfe, nach denen die Charaktere direkt weitere Aufträge erhalten können. "The Forgotten Forge" knüpft am Ende direkt an das Abenteuer "Shadows of the Last War" an und ermöglicht einer Gruppe Eberron zunächst mit vorgefertigten Abenteuern zu bereisen, bevor man sich auf eigene Faust aufmacht.

Tja, was ist nun das Fazit für Eberron? Das Setting ist sehr kohärent und lädt zum Spielen ein. Es sind keine unbedingt neuen, oder total innovativen Ideen, welche hinter dem Setting stecken, doch Eberron ist mehr als die Summe seiner Teile. Es bildet eine glaubwürdige Welt ab, in der auch viele Abenteuer möglich sind, für die man sich nicht in düsteren Dungeons herumtreiben muss. Die klassischen Elemente von Dungeons & Dragons, das Überwinden von Widersachern und das Sammeln von Belohnungen, sind hier auch nicht nur möglich, sondern Kernelement des Spiels. Eberron verknüpft beide Elemente geschickt und bietet somit einen sehr schönen Hintergrund für heldenhaftes Abenteuerspiel. Kein Meisterwerk, aber ein ziemlich gutes Produkt, das jeder D&D Spieler einmal ausprobieren sollte.


Name: Eberron - Campaign Setting 
Verlag: WotC 
Sprache: amerikanisch
Autoren: Keith Baker, Bill Slavicsek, Jesse Decker, Michael Donais, Andrew J. Finch & James Wyatt {jcomments on}
Empf. VK.: 39,95 US-Dollar 
Seiten: 320 farbig / Hardcover 
ISBN: 0786932740