d20 - Adventure Booster

Was bietet einem die Spielmesse nicht alles an tollen Angeboten! Zum Beispiel Überraschungspakete mit Rollenspielkram, den man eigentlich nie wollte. Der Vorteil dieser Pakete war es, dass man so auch einmal an Material außerhalb seiner gewohnten Kaufgewohnheiten gelangt. Es ist nicht schlecht, ab und zu mal einen Blick auf "diese anderen Dinge" zu werfen, um den persönlichen Horizont zu erweitern. Diese Rezi soll nun einige der Produkte aus einem dieser Überraschungspakete vorstellen. Dabei lehne ich mich zugegebenermaßen nicht sonderlich weit aus dem Fenster meiner Gewohnheit und präsentiere fünf d20 Adventure Booster von AEG.

Das Format ist zunächst einmal recht ungewöhnlich. Die kleinen Hefte sind von der Größe etwas kleiner als ein DIN-A4-Blatt, welches man auf der kurzen Seite gefaltet hat. So entstehen sehr hohe, aber schmale Hefte, die direkt ins Auge fallen, auch wegen ihrer bonbonfarbenen Cover. Gerade mal 16 Seiten umfasst jedes der Mini-Abenteuer, was aufgrund des Formats nur vier DIN-A4 Blättern entspricht, plus Umschlag. Optisch wird nicht viel geboten. Mit der Coverillustration enthält jedes Heft zwei bis drei Zeichnungen, plus eine große Karte in der Heftmitte, die auch eher funktionell als hübsch ist. Von Layout kann man nicht unbedingt sprechen, es gibt für jedes Heft eine generische, aber immerhin jeweils unterschiedliche, Zier-Illustration am oberen Rand. Die Werte der Monster und Fallen sind in schattierten Kästen untergebracht und gut vom restlichen Text zu unterscheiden. Problematisch ist allerdings, dass der Layouter die Kästen jeweils dort hingesetzt hat, wo so viel Platz war, dass die Kästen komplett auf eine Seite gehen. Deswegen kommt es öfters vor, dass man die Werte von Gegnern nicht direkt bei der Konfrontation im Abenteuer findet, sondern zwischen der Beschreibung von Räumen, in denen es gar keine Gegner gibt. Jedes Modul hat zudem am Ende einen neuen Gegnertyp, bzw. Monster und ein neues Artefakt, bzw. magischen Gegenstand. Neben dem Abenteuer erhält man also auch neue crunchy bits. Sehr nett. Die Einführung in das Abenteuer ist zugleich auch das Backcover, was eine sehr nette und auch platzsparende Idee ist. So erhält der Leser im Laden die gleichen Informationen, wie die Spieler zu Beginn des Abenteuers und kann so einschätzen, ob das Abenteuer etwas für einen ist. Die Adventure Booster kosten übrigens nur 2,49 Dollar pro Stück, was ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis für ein fertigen Abenteuer für einen Spieleabend ist. Kommen wir mal zu den Boostern im einzelnen:

Castle Zadrian
Das Abenteuer von Rich Wulf eröffnete 2000 die Reihe der Adventure Booster und ist für drei bis vier Charaktere der Level vier bis fünf gedacht. Die Helden werden angeworben um nach einem Magier zu sehen, der in seinem kleinen Schloß magische Forschungen betreibt. Natürlich ist dabei etwas schief gegangen und die Charaktere müssen nun durch das Schloß gelangen, um den Magier zu retten. Das eigentlich kleine Schloß wurde dabei durch die außer Kontrolle geratenen Experimente des Magiers in verschiedene Dimensionen gerückt, so dass es innen viel größer ist als von außen. Das ermöglicht es dem Autor auch, sehr ungewöhnliche und skurille Orte unterzubringen. So gelangt man etwa in eine Wüste wenn man durch eine Tür tritt, und muss diese Durchqueren, um auf der anderen Seite des "Raums" wieder hinauszugelangen. Ein anderer Raum ändert gerne einmal seine Schwerkraft, so dass die Spieler sich durch hängende/liegende Ketten weiterbewegen müssen. Als Gegner bietet das Modul vor allem Chaos Spirits, welche Gegenstände beherrschen können und damit die Charaktere angreifen. Ein schönes Modul mit interessanten Orten, einigen logischen Rätseln, Einsatz von Fertigkeiten und Kampf. Auch die Gegner sind glaubwürdig platziert, sieht man einmal von den Ghoulen ab.

Against the Barrow King
Steve Hough endsendet vier bis sechs Charaktere der Stufen drei bis fünf. Jedenfalls nach dem Cover, denn im Abenteuer wird empfohlen, dass die Charakter besser Stufe vier bis sechs wären. Die Charaktere werden aber, unabhängig von ihrer Stufe, ausgesand, um das Verschwinden mehrerer Dorfbewohner zu klären. Angeblich hat der mystische Barrow King etwas damit zu tun, der sich bei einer nahegelegenen, alten Kultstätte herumtreiben soll. Dort hat sich wirklich ein finsterer Kult versammelt, welcher die Dorfbewohner ihrem Gott opfern wollen und die Legende des Barrow King ausnutzen, um Furcht zu sähen. Man hakt sich durch die Orks am Eingang, die scheinbar immer präsenten Ghoule, durch Chirugen-Golems und Kultisten, bis man beim vermeintlichen Barrow King angelangt. Ein sehr simples Abenteuer, das sich eigentlich nur dadurch von einem normalen Dungeon-Crawl abhebt, indem man immer mal wieder Dorfbewohner befreien muss, die einen dann begleiten.

The crypt of St. Bethesda
Das Modul von James Macduff ist eher für Einsteiger geeignet, denn es ist für fünf bis acht Charaktere der Stufen zwei bis vier geeignet. Acht Charaktere stellen allerdings schon eine kleine Armee dar und bekämen in diesem kleinen Dungeon Koordinationsprobleme. Der Einstieg ist weniger gelungen, da er wie auf Schienen abläuft. Während die Spielercharaktere eine Abkürzung über den örtlichen Friedhof nehmen, finden sie eine Leiche und werden durch die anrückende Stadtwache dazu gezwungen, in das nahegelegene, verfallene Gemäuer hinabzusteigen. Ja, sehr logisch... Dort unten erkundet man dann den alten Tempel, kämpft gegen eine Riesenspinne, die Ghoule (das ist eine Plage...) und Banditen. Was machen die Banditen da drin? Wie kommen sie immer an den Ghoulen und der Riesenspinne vorbei, wieso haben sie eine absolut tödliche Falle vor einer Sackgasse ausgelegt? Die ganze Ecke mit den Banditen würde ich mir beim Leiten sparen, denn sie wirft sehr viele logische Fragen auf, die nicht im Abenteuer beantwortet werden. Im Finale geht es dann gegen eine kollektiv agierende, intelligente Wurmkreatur in einem menschlichen Körper, welche in einem Regenerationssarkophag lebt. Naja, immerhin kreativ! Der heilende Sarkophag ruft zwar ganz laut "Stargate" und ist für reisende Abenteuer nutzlos, aber ein nettes Artefakt.

Kurishan's Garden
Ken Carpener führt vier bis sechs Charaktere der Stufen fünf bis sechs in den mutierten Garten eines verrückten Magiers. Doch zunächst müssen die Charaktere in dem zugehörigen Dorf nach dem Rechten sehen. Die Dorfbewohner dort wurden durch Pflanzen übernommen, die all ihre Aktionen steuern. Sie bekommen dabei jedoch immer alles mit, was die Pflanzen mit ihren Körpern tun. Sobald sie die Charaktere angreifen, rufen sie Dinge wie "Flieht schnell!" oder "Bitte, tötet mich!". Da werden gruselige Erinnerungen an System Shock 2 bei mir wach. Die Dorfbewohner kann man allerdings auch erlösen, ohne sie töten zu müssen. Dazu muss man den Pflanzenwuchs in ihrem Nacken abschlagen. Nachdem man das nach und nach Dorf befreit oder entvölkert hat, kann man zum Anwesen des Magiers gelangen, der für die ganze Misere verantwortlich ist. Wer die Dorfbewohner befreit, erhält nicht nur die gleichen Erfahrungspunkte, wie wenn er sie erschlagen hätte, sondern zudem auch wertvolle Informationen zur Lage. Sehr löblich. Im zweiten Teil des Abenteuers geht es dann in den eigentlichen Garten des Magiers, wo er als bösartiges Gemüse auf die Charaktere wartet. Klingt seltsam, ist aber gut umgesetzt. Dazu kommt noch, dass das Abenteuer sehr gut und stimmungsvoll geschrieben ist. Ein rundum gelungenes Abenteuer und hey, keine Ghoule!

The Harbinger
Der Booster von Ree Soesbee fällt etwas aus der Reihe. Er kostet 2,99 $ und ist als Abenteuer-Booster für das AEG-Quellenbuch "Dragons" gedacht. Es richtet sich an die Level neun bis elf und hat, außer auf dem Cover, keine Illustrationen. Das Layout wurde aber verbessert und ist weit augengefälliger. Ebenso die Karte in der Mitte, die weit schöner aussieht, als die Karten in den anderen Modulen. Die Story des Moduls ist etwas komplexer als gewohnt. Ein silberner Drache läuft Amok und tötet Unschuldige, obwohl diese Drachen normalerweise für das Gute stehen. Nachdem die Charaktere ihn gestellt und verwundet haben, bricht ein Wurm aus dem Schwerverletzten heraus und versucht zu fliehen. Der Drache stand unter der Kontrolle des Wurms, der ihm von einem schwarzen Drachen untergeschoben wurde. Da der silberne Drache zu schwach ist, um sich selbst darum zu kümmern, müssen die Charaktere nun ausziehen, um diese Bedrohung zu eliminieren. Die Story ist gut konstruiert und auch die Herausforderungen im Sumpf des schwarzen Drachen sind knifflig und interessant. Nur das Dorf der 30 Oger ist etwas befremdlich... immerhin kommen keine Ghoule vor.

Ich bin doch überrascht, wie hochwertig die Abenteuer im einzelnen sind. Für den geringen Preis erhält man solide d20-Werke die durchaus einen näheren Blick wert sind.


Name: Castle Zadrian, Against the Barrow King, The crypt of St. Bethesda, Kurishan's Garden, The Harbinger 
Verlag: Alderac Entertainment Group 
Sprache: englisch
Autoren: siehe oben {jcomments on}
Empf. VK.: 2,49 US-Dollar / 2,99 US-Dollar 
Seiten: 16, bzw. 8 s/w