d20 - Über den Sylinthpass

Wächter bei einer Karavane? Warum nicht. Du wolltest sowieso hier verschwinden. Und wenn es dafür auch noch Geld gibt, umso besser. Routine in den nächsten Tage [sic!] also ...
Nur wenige überlebten den Überfall der Orks, um dann als Sklaven in einem Steinbruch zu enden. Nur dir gelingt die Flucht aus der Gefangenschaft. Und während du durch die labyrinthartigen Höhlen irrst, machst du eine schrechliche Entdeckung ...

- vom Backcover von Über den Sylinthpass

Sooo... mit „Über den Sylinthpass“ rezensiere ich nun auch noch das letzte deutschsprachige d20-Abenteuer von Truant. Das vorliegende Heft ist aber anders als die anderen Bände und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen ist es keine Übersetzung, sondern ein komplett deutsches Produkt und zum anderen ein Solo-Abenteuer.

Das Abenteuer richtet sich an einen Helden (klar, ist ja auch ein Soloabenteuer), der mindestens die zweite und höchstens die vierte Stufe erreicht haben sollte. Falls man keinen Charakter griffbereit haben sollte, werden vier Startcharaktere vorgegeben. Hier greift der Sexismus wieder um sich, denn die beiden männlichen Charaktere, der Kleriker und der Kämpfer sind Stufe zwei, während die beiden Frauen (Magierin und Schurkin/Hexenmeisterin) bereits im dritten Level befindlich sind. Das dies aber auch durchaus einen Grund hat, erkläre ich am Ende.

Zunächst erkläre ich einmal wie das mit den Soloabenteuern funktioniert. Es soll ja tatsächlich Leute geben, die so etwas noch nie gespielt haben. Veteranen können diesen Abschnitt ja überspringen. Bei einem Soloabenteuer braucht man weder Mitspieler noch einen Spielleiter. Ähnlich wie bei einem PC-Spiel wird die gesamte Handlung vorgegeben und die Aktionen des Spielers beeinflussen den weiteren Verlauf. Dies geschieht durch ein verschachteltes System von Nummern. Steht am Ende eines Abschnitts z.B. die Option, das man sich nach links oder rechts bewegen kann, dann führt eine jede dieser Optionen einen zu einer anderen Nummer und von da aus weiter zu ähnlichen Entscheidungen.

Ich schnappe mir also ein paar Zettel, Würfel und einen Stift und beginn zu lesen. Ich werde darauf hingewiesen das ich Rationen wegstreichen muss wenn ich übernachte, okay. Und da die Zeit eine wichtige Rolle im Abenteuer spielt, soll ich auch immer die aktuelle notieren, mhm... okay. Bei jedem Abschnitt steht anfangs eine Zeit, die ich auf die „aktuelle“ hinzuaddiere. Und ich greife mal wieder vor... Von meinen Rationen konnte ich keine benutzen, da ich anfangs von der Karawane versorgt wurde und später keine Zeit zum Ausruhen hatte, also irgendwo sinnlos. Das Aufschreiben der Zeit ist ein interessanter Aspekt, aber leider wird er nur selten tatsächlich benutzt. Meist notiere ich nur genervt die paar verstrichenen Minuten um dann einige Abschnitte später den Hinweis zu bekommen, das es nun morgen am nächsten Tag sei. Was bringt es mir die Zeit aufzuschreiben, wenn ich mit meinen Gefährten im Gefängnis sitze und jeden sowieso einmal befragen kann bevor ich schlafen muss? Eine gute Idee sind allerdings die Ereignisfelder, wo man nach besonderen Aktionen, wie dem Sieg gegen Kreaturen, neue Abschnitte einträgt. Leider hält sich auch deren Nutzen meist in Grenzen, ändert sich doch nur die Beschreibung des Raums von einem „Es steht ein Ork darin.“ zu „Es liegt ein toter Ork am Boden.“.

Nun gut, fangen wir einmal an. Ich erwähle Jurgen, den menschlichen Krieger und beginne das Abenteuer. Ich sehe mich in der Stadt um und erkenne wie blödsinnig es ist einkaufen zu wollen, da ich als Startcharakter nur zehn Silberstücke dabei habe (aber damit der reichste der vier Startcharaktere bin). Deshalb mache ich mich direkt einmal zur Burg und der zu startenden Karawane auf. Dort machen mich direkt alle Anwesenden blöd an, bis ich zum Anführer geleitet werde und den Job annehme. Ich muss mit einem ziemlich dummen und stinkenden Kerl reisen und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, fällt auch noch eine der Wachen von einer Klippe. Ich konnte leider nichts tun, hatte eine drei gewürfelt.
Dann penne ich auf der Nachtwache auch noch ein (danke W20, du kleines Glücksspiel auf Lebenszeit! Die höchsten Grundwerte und die schlechtesten Endergebnisse...) und die Orks gelangen in das Lager. Fast alle sind tot, ich und der Rest gefangen. Beim allabendlichen Ausbruchsversuch sterben zwar die momentanen Orkaufseher, aber auch alle anderen Sklaven ausser mir. Ich schnappe mir ein Schwert und eine Lederrüstung und erkunde die Gänge. In einer großen Höhle kann ich dank meiner Trödelei einige Orkhäuptlinge entdecken, die einen Sarkophag öffnen. Da ich orkisch verstehe, bekam ich mit, das sie sauer auf jemanden sind, da statt einer magischen Waffe nur der Leichnam eines Hundearchons vergraben war. Ich ziehe mich zurück und erkunde weiter die Höhlen. Ich finde diverse Orks und töte sie, bis ich den Oger, der mich gefangen nahm im Schlaf ersteche und bei seiner Leiche einen Schlüssel finde. Damit ist der Weg in weitere blödsinnige Räume frei. Ich töte den Ghul, der früher einmal einer der Mitgefangenen war (im vierten Anlauf oder so... und frage mich wie er durch die verschlossene Türe hierher kam). Dann frage ich mich wieso die Gruumsh-Kleriker, welche der ehemalige Mitgefangene verspeist, ihn nicht einfach gebannt haben. Dann fällt mir auf das auch die Orks hier eingesperrt waren. Verwirrt will ich nach dem Streitkolben greifen, der auf dem Altar liegt und sterbe. Frustriert blättere ich zurück zur letzten Nummer und probiere einen anderem Gang. Ein Raum konnte von mir bisher nicht ausprobiert werden, da eine Falle die Tür sicherte. Ich versuchte mich als Fallenöffner und starb (noch etwa sieben mal). Dann beschloß ich einen Take 20 zu machen (was nicht geht mit dieser Fertigkeit) und öffnete die Tür. Drinnen war ein Relief und ein Buch. Das konnte ich nicht lesen, denn es war auf Celestisch. Ich versuchte es an mich zu nehmen und... naja... ich blätterte zurück. Daraufhin hatte ich eigentlich alle Räume durchsucht und irrte verwirrt durch bereits besuchte Gänge. Geheimnisvolle Durchgänge führten zu meinem Tod, ebenso erfolgreiche Schleichproben an dutzenden Orks vorbei. Gefrustet schloß ich das Buch und beschloß es am nächsten Tag mit einem anderen Charakter erneut zu versuchen.

Und so kam Orkil der heldenhafte Zwergenkleriker ins Spiel! Von seinen umfangreichen Heilzaubern versprach ich mir eine weit höhere Überlebenschance, mal sehen was daraus geworden ist.
Ich machte eigentlich genau das gleiche wie der gute, alte Jurgen, inklusive versauter Rettungsaktionen. Aber immerhin konnte ich Freundschaft zu einem Zwerg unter den Wächtern schließen, der mir auch im Kampf half. Denn anders als Jurgen war ich nicht eingenickt, was mir allerdings drei statt eines Orks als Gegner bescherte. Ich half beim Sklavenaufstand und schaute mir auch wieder die Ausgrabungsergebnisse der Orks an. Diesmal blieb ich aber länger, denn ich wollte mal sehen was geschehen wäre, hätte ich noch länger auf dem Weg getrödelt. Da saß dann ein weinender Hundearchon vor dem Sarkophag und erzählte mir seine Geschichte. Dann stießen die Orkhäuptlinge dazu und ein wilder Kampf entbrannte, bei dem ich mich auf den Schamanen warf. Heldenhaft schlug ich mit meinen Zweihandaxt die ich einer Orkwache abgenommen hatte immer wieder daneben, während der Schamane mich mit seinem Dolch beinahe tötete. Siegreich blickte ich mich um und sah den Archon tödlich verwundet neben seinen erschlagenen Feinden. Mit seinen letzten Atemzügen verriet er mir den Ausweg aus der Höhle.
Wie? Zuende? Jurgen ist also ganz umsonst mehrmals gestorben? Nur um einige magische Gegenstände im Keller abzustauben? So ist das Heldendasein...

Stelle ich mir jetzt mal vor, das Abenteuer mit der Magierin oder der Schurkin/Hexenmeisterin versucht hätte... die hätten sie ja nur auf die Omme bekommen! Die Mädels sind nämlich eigentlich beide Kämpfer der zweiten Linie und unterstützen die Frontkämpfer. Da man in diesem Abenteuer alleine unterwegs ist und spätestens in der zweiten Runde im Nahkampf, dann hagelt es ja nur noch Gelegenheitsangriffe bei jedem Versuch zu zaubern.

Das Cover zeigt zwei armdrückende, grüne Orks, gezeichnet von Franz Vohwinkel. Dessen Zeichnungen mag ich. Eigentlich. Bei BattleTech sind die von ihm gezeichneten Mechgefechte herrlich anzusehen, aber die Illus hier... also nein, gefallen tun sie mir wirklich nicht. Dazu kommt dann noch, das auf den 48 Seiten des Abenteuers drei und wirklich nur drei weitere Illustrationen zu sehen sind, rechnet man die Orkköpfe im Seitenhintergrund nicht ein. So kann man den Preis von stolzen 12,95 EU wirklich nicht nachvollziehen, vor allem da die Zeichungen wohl aus dem ORK!-Rollenspiel von Truant übrig geblieben sind und eigentlich nichts direkt mit dem Abenteuer zu tun haben.

Tja, was bleibt mir zum Abschluss zu sagen? Eigentlich hat mir die Lektüre nicht so viel Spaß bereitet wie ich mir das erhofft hatte. Das Abenteuer ist aufgebaut wie ein Klassiker, inklusiver aller Logikfehler. Die Klassiker haben aber einen Vorteil... es sind Klassiker und das ist ein ziemlich dicker Bonus. Wenn so eine Abenteuer zu den ersten gehört hat, das man in früher Jugend gespielt hat, dann bleibt es einem anders in Erinnerung, als wenn man es nun zwischen bekommt. Selbst die ältesten DSA-Solos wie die „Götze der Mohas“ bieten einem mehr Handlungsmöglichkeiten und einen besseren Plot. Tja, schade eigentlich.


Name: Über den Sylinthpass
Verlag: Truant 
Sprache: deutsch
Autor: Marc Geiger 
ISBN: 3934282040
Empf. VK.: 12,95 Euro {jcomments on}
Seiten: 48 s/w, geheftet