Ptolus - Player's Guide
{jcomments on}The city of Ptolus. A place where the supernatural is expected and treachery lies around every corner – or is it that the supernatural lies around every corner and treachery is expected?
- vom Backcover von A Player‘s Guide to Ptolus
Dicke Bücher sind derzeit in im Rollenspielbereich. 300 Seiten sind lange passé, moderne Systeme knacken bisweilen auch schon mal die 400 Seiten und selbst dort liegt die Grenze schon lange nicht mehr. Denn wo es einst üblich war, Produktreihen sorgfältig zu trennen und auf, einzeln wie insgesamt, preislich fair bemessene Publikationen zu verteilen, stehen nun regelrechte Wälzer. Mehr als 500 Seiten für das RedBrick-Earthdawn-Regelwerk sind da genauso drin wie das exakt 600 Seiten schwere Kompendium für „Arcane Codex“.
Auch bei den Jungs von Sword&Sorcery ist derzeit so ein Monster in der Mache. Der Quellenband „Ptolus“ basiert auf der privaten Kampagne von D&D3-Mitbegründer Monte Cook und verspricht im d20-Bereich, eigentlich aber generell alles zu überbieten, was man bisher für Geld bekommen konnte.
Wir reden hier von 672 farbigen Seiten im Hardcover, die zusammen mit diversen Posterkarten, Lesezeichen, einer CD-Rom mit weiteren 400 Seiten Material und einem 96seitigen Abenteuer als „Bonus“.
Ich persönlich halte das Ganze für einen ziemlichen Overkill und frage mich, wer sich denn die Zeit nehmen kann, all das Material jemals am Stück durchzuackern, aber ganz amerikanisch gilt hier wohl die Devise „Mehr ist mehr“. Auch preislich, denn „Ptolus“ soll im dreistelligen Dollar-Bereich liegen.
Und damit wären wir auch beim vorliegenden Produkt angekommen. „A Player‘s Guide to Ptolus“ erfüllt zwei Aufgaben gleichermaßen – er soll Spielern einen ersten Überblick über das Monstrum von Stadt liefern, dass „Ptolus“ ist, sowie potentiellen Käufern schon mal Appetit auf Gesamtwerk machen.
Das Gesamtwerk soll uns hier aber allenfalls als Kontext dienen, was nun effektiv vor uns liegt ist ein gehefteter, 32 Seiten umfassender, schwarzweißer Quellenband, der uns ein neues Setting ganz grob vorstellt.
„Ptolus“ ist ein urbanes Setting in einer typischen Fantasywelt, die allerdings vollkommen unwichtig ist. Interessant ist an der Stadt, dass sie das erste Setting ist, das mir unterkommt, welches nicht das d20-Regelwerk verwendet, sondern explizit darauf aufbaut.
Cook betont sehr deutlich, worum es ihm hier ging: Wenn ein Magier der ersten Stufe magische Netze weben und Geschosse abfeuern kann, dann können das mutmaßlich viele Magier in der Spielwelt. Und was viele können, muss alltäglich sein.
Dieser Gedankengang haftet allem in der Stadt an und führt dazu, dass „Ptolus“ vermutlich wirklich das erste Setting ist, das sich vollkommen homogen in das D&D3-Regularium einfügt.
In dem dünnen Heft, das übrigens recht schnieke gelayoutet ist und sehr übersichtlich präsentiert wird, gibt zunächst einen Überblick über die Stadt, beschreibt dann die einzelnen Stadtteile, dann ihre Organisationen, den örtlichen Glauben, wichtige Personen, einige grobe Worte zur umgebenden Welt und zur Geschichte sowie zur Erstellung von Charakteren in diesem Setting. Das ist alles sehr grob und gleicht wirklich mehr einem Überflug, reicht aber wenigstens aus, um ein Bild vom Design dieser Metropole zu erhalten.
Zusammen mit einem eigenen Charakterbogen (sehr unüblich im Querformat präsentiert) und einer doppelseitigen Karte genau in der Mitte des Buches kann man, viel Eigenleistung vorausgesetzt, sogar bereits mit diesem Heftchen in Ptolus loslegen.
Es ist allerdings offenkundig, dass hier potentielle Käufer nur gereizt werden sollen, denn vieles bleibt unklar. Ptolus ist die „City by the spire“, einer gigantischen Säule, auf deren Spitze eine mysteriöse Festung liegt. Doch selbst diese absolut grundlegende Information ist mehr im Text versteckt, einen eigenen Abschnitt zum Spire etwa gibt es gar nicht in dem Buch.
Derartige Lücken gibt es einige in „A Player‘s Guide to Ptolus“, doch ging es hier ja auch nie um Vollständigkeit. Allerdings muss ich auch sagen, mich persönlich hat das Setting nun nicht gepackt. Es hat den interessanten Ansatz, D&D3 als innere Logik zu nehmen und der Name Monte Cook trägt viel Gewicht, umso mehr wenn man bedenkt, dass „Ptolus“ mutmaßlich das Setting war, in dem er seinerzeit D&D3 vor Veröffentlichung testgespielt hat. Doch irgendwie fehlt hier einfach die große Innovation, das gewisse Etwas abseits der reinen Masse an versprochener Information, der „Ptolus“ vom Rest der zwanzigseitigen Welt abhebt.
Dennoch sei der Kauf eines „A Player‘s Guide to Ptolus“ klar empfohlen. Warum? Weil das Heftchen nur einen empfohlenen Verkaufspreis von 2,99 US-$ hat. Und auch wenn einen das Setting ebensowenig umhaut wie mich, wenn man den Umfang des „großen“ Produktes einfach zu übertrieben und das Gesamtwerk auch zu teuer findet, diese winzige Summe sollte wohl jeder noch offen haben.
Und eine schöne, generisch zu verwendende Hafenstadt mit einigen netten Aufhängern, das ist „Ptolus“ auch, wenn man nur das vorliegende Heftchen sein Eigen nennt. Billiger wird man derartiges, spielbares Material in gedruckter Form nur selten finden.
Einen Blick ist „A Player‘s Guide to Ptolus“ allemal wert.
Name: A Player's Guide to Ptolus
Verlag: Sword & Sorcery
Sprache: Englisch
Autoren: Monte Cook
Empf. VK.: 2,99 US-Dollar
Seiten: 32