Weg des Adepten, Der

Adepten sind die wahren Helden von Barsaive, die unerschütterliche dafür kämpfen, daß sich ihr Land von den Verwüstungen der Plager erholt. Ihre magischen Disziplinen verleihen ihnen großartige Kräfte, prägen aber auch die Art, wie sie ihre Umwelt wahrnehmen.
- vom Backcover von Der Weg des Adepten

Und wieder eine überarbeitete, alte Earthdawn Rezi. Diesmal ist „Der Weg des Adepten dran“. Ich hatte das Buch gar nicht mehr so dick in Erinnerung... was soll's? Dann mal frisch an die Überarbeitung.

Fangen wir mal wieder beim offensichtlichen, sprich dem Cover an. Nicht gerade die beste Arbeit, die man bei Earthdawn sehen kann. Zwei Adepten prügeln sich mit einem Dämon in einem flachen See. Der Dämon sieht irgendwie... seltsam aus. Und von der Farbgebung her ist auch eher eintönig. Aber wir bewerten ja nicht Bücher nur nach dem Cover, ne? *g
Innen im Buch findet sich dann wieder das gewohnt gute Earthdawnlayout. Zweispaltig, Zierbalken oben und unten sowie genug Rand zu allen Seiten. Das Schriftbild ist klar und gut lesbar. Beim durchblättern fällt einem auch wieder der gehobene Standard der Illustrationen auf. Mit Jeff Laubenstein, Janet Aulisio. Larry MacDougall, Jim Nelson und Joel Biske wurden wieder die klassischen Fanpro Zeichner aufgefahren, die auch alle wieder anständige Arbeit abliefern. Okay, der überladene Stil Joel Biskes gefällt mir immer noch nicht, aber das ist ja Geschmackssache. In der Mitte sind auch wieder Farbseiten zu finden, diesmal vier an der Zahl, welche die im Buch beschriebenen Disziplinen zeigen. Immer zwei Disziplinen pro Seite, dann kommen auch alle zu ihrem Recht *g.

Das Buch behandelt inhaltlich die Sichtweisen der Disziplinen von der Welt. Natürlich steht es jedem Spieler frei zu entscheiden das sein Charakter eine andere Weltsicht hat, aber es gibt einem zumindest Einblick in die Welt. Die Beschreibung jeder Disziplin erfolgt durch einen Vertreter der jeweiligen Disziplin. So spricht eine Windlingsdiebin von dem Gefühl und der Aufgabe ihrer Disziplin, wobei sie interessanterweise nur die weiblichen Formen verwendet. In diesem Bericht ist nie eine männliche Form zu finden, es sei den sie spricht direkt eine bekannte männliche Person an. Ganz anders schreibt zum Beispiel der Geisterbeschwörer. Er versucht seine gefürchtete und verachtete Disziplin denen näher zubringen, die ihn fürchten.In anderen Berichten erfährt man dann z. B., dass sich Schützen in Kategorien wie „Armbrust oder Bogen“ unterteilen oder das es Scouts sehr wohl auch in Städten gibt. Aber selbst in den Schilderungen der Adepten über ihre Disziplinen sind nochmals kleine Geschichten versteckt. Beim Krieger etwa, „Dem Weg des Schlachtfelds“ findet man die Geschichte zweier Kämpfer, die einen Drachenhort ausrauben wollen. Der Drache entdeckt sie jedoch und stellt sie zum Kampf. Arrogant wie er ist, stellt er die beiden vor die Wahl, entweder eine Waffe oder einen Schild aus seinem Hort im Kampf zu benutzen. Einer der beiden nimmt ein Schwert, der andere einen Schild. Der Drache röstet mit seiner Odemwaffe den Krieger mit dem Schwert, während der mit dem Schild überlebt und den Drachen dann mit der Waffe erstechen kann. Solche kleinen Geschichten verdeutlichen die Haltung des Erzählers und der Disziplin zu seiner Weltanschauung. Bei der Geschichte mit dem Drachen wird z.B. erwähnt wie wichtig die Verteidigung und der Schutz für den Krieger ist.
Übrigens sind auch Disziplinbeschreibungen des Scouts und des Luftseglers aus dem Kompendium enthalten, die ja auch als grundlegende Disziplinen gelten.
Das Buch wird abgeschlossen durch ein Kapitel mit Regeln und Tipps zum rollenspielen der einzelnen Adepten, sowie den Beschreibungen ihrer Aufstiegsrituale, Situationen in denen eine Talentkrise einsetzen kann und die Möglichkeiten der Kombination mit anderen Disziplinen. Liest sich etwas trockener, aber ist ja auch „out-time“ Text. Ebenfalls hier enthalten sind alternative Reittiere für Troll- und Windlingstiermeister. Jede Disziplin bekommt eine kleine Sonderregel, wie etwa das Prahlrecht des Schwertmeisters nach einem gewonnenen Turnier. Die Regeln sind durchaus alle im Konsens mit den anderen Büchern sowie Regeln und sind auch nicht dazu gedacht die Charaktere mächtiger zu machen. Sie sind einfach ein netter Zusatz, welche die Charaktere und die Welt weiter bereichern.

Gerade die Vielfalt und Varianz der Berichte fasziniert und fesselt. Jeder Bericht ist anders und gibt durch seine persönliche Note ein wunderbares Bild der Welt und der jeweiligen Disziplin. Gerade durch diese „in-time“-Texte hebt sich Earthdawn von der Masse der anderen Rollenspiele positiv ab.
Dieses Buch ist nicht zwangsläufig ein Muss in jeder Earthdawn Sammlung. Das gebe ich ja zu. Gerade der Preis von knapp (damals 50 DM) 25 Euro schreckt doch etwas ab.
Leute die Regelbücher lieben und auf Atmosphäre und gutes Rollenspiel verzichten wollen können diese Buch getrost links liegen lassen. Aber, wer aber an guten Texten und einer lebendigen Spielwelt interessiert ist, sollte zugreifen. Die Schilderungen der einzelnen Disziplinen können einem Earthdawn Charakter sehr viel mehr Tiefe und Glaubwürdigkeit liefern. Und das ist es, was dieses Buch ausmacht.


Name: Der Weg des Adepten
Originaltitel: The Adept's Way
Verlag: FanPro
Sprache: Deutsch
Autoren: Robert D. Laws u. a.
Empf. VK.: 49,80 DM
Seiten: 144, davon 8 farbig{jcomments on}