The Book of Dragons

Here there be...
- vielsagende Überschrift des Backcovers von Earthdawn – The Book of Dragons

Das deutsche „Drachen“-Buch hatten wir ja schon vor einer Weile zwischen, heute will ich mich einmal näher mit der englischen Ausgabe beschäftigen. Durch die unterschiedlichen Metaplot-Situationen weichen dabei „Drachen“ und „Dragons“ in einigen Details voneinander ab, der größte Unterschied liegt aber erst einmal in der optischen Gestaltung.

„The Book of Dragons“ kommt im LRG-typischen Design daher, also zunächst mit einer an den alten FASA-Look angepassten Covergestaltung. Das Covermotiv wurde von Patrick Keith gezeichnet und ist handwerklich wohl das Beste, was man von den amerikanischen Earthdawnmachern seit Jahren gesehen hat. Ob das gewählte Motiv, drei Drachen, von denen einer sehr verdreht sitzt und einfach mal Feuer spuckt, nun unbedingt schön ist, ist dann wohl Geschmackssache. Wer sich aber noch an „Scourge Unending“ erinnert (ein Buch, bei dem der Titel in etwa das Beschreibt, was das Cover dem Betrachter beschert) kann nur zufrieden feststellen, dass die absolute Durststrecke vorbei zu sein scheint...
Nicht mehr Geschmackssache ist dagegen die Innengestaltung. „Dragons“ ist, man verzeihe mir die Kompromisslosigkeit, hässlich. Abgrundtief hässlich, um genau zu sein. Einige wenige Bilder von Stephanie Folse gefallen noch einigermaßen, das der Memory Crystals (S. 15) ist sogar richtig schön geraten. Der Rest des Buches ist allerdings unterhalb eines durchschnittlichen Fanzines und eine Beleidigung für jeden zahlenden Kunden. Jedes vom deutschen Fandom herausgegebene Produkt war schöner und da man nun offenbar auch die letzten begnadeten Zeichner bei Living Room Games verjagt hat kann man nur sagen: Igitt!

Inhaltlich gliedert sich das Buch fünf Großabschnitte, die zwar in weiter unterteilt worden sind, aber davon merkt man eigentlich nur im Inhaltsverzeichnis wirklich etwas. Das aber liegt wiederum am Layout.
Das erste Kapitel ist das erwartete generelle „Concerning the Nature of Dragons“ und schildert auf 20 Seiten – weitestgehend intime – den generellen Lebenszyklus eines Drachen. Was macht er so den ganzen Tag? Wie kommunizieren sie? Wie läuft das mit der Fortpflanzung? Sehr umfassend und nützlich, dieses Kapitel...

Im zweiten Abschnitt geht es dann um die verschiedenen Arten von Drachen, die Barsaive so zu bieten hat. Neben den normalen Drachen beschreibt das elf Seiten umfassende Kapitel auch Leviathane, Cathay-Drachen, gefiederte Drachen, große Drachen sowie Drachenartige, nominell Drakes, False Drakes, Hydras und Wyverns.
Auch hier gilt: ein nützliches Kapitel, wenn man einiges auch schon gelesen hat. Ob man jetzt etwa eine Dreivierteilseite ‚Hydra‘ gebraucht hätte, nachdem das Vieh doch schon in „Kreaturen von Barsaive“ seine Doppelseite hatte, sei dahingestellt. Aber andererseits ist „Dragons“ dahingehend komplett, was ja auch schön ist.

Kapitel Nummer drei stellt die elf prominentesten Drachen Barsaives auf 55 Seiten in großem Detail dar. Namentlich sind das Mountainshadow, Aban, Almaise, The Mated Pair (Asante und Nightsky), Charcoalgrin, Dvilgaynon, Earthroot, Icewing, Usun, Vasdenjas und Vestrivan. Jedem Drachen wurden zwischen fünf und sieben Seiten Raum gegeben, was sicherlich ausreicht, zumal hier sehr eng gesetzt wurde und viele Infos im Text sind. Inspirierend und nützlich, wenn man große Drachen in seine Kampagne einbauen will, was ich Käufern von „Dragons“ jetzt aber mal unterstellen möchte.

Im vierten Kapitel gibt es „Game Rules“. Neben Beispielwerten für Hatchlings, Common Dragons, Leviathans, Cathay Dragons, Feathered Dragons, Great Dragons, Drakes, Lesser Drakes, Hydras und Wyverns werden vor allem viele Anregungen gegeben, wie man diese Drachen anpassen kann, komplett mit neuen Kräften, Anregungen zu Spruch-, Faden-, Blut- und Ritualmagie und dergleichen mehr. Nett und mit seinen 14 Seiten auch für Regelmuffel wie mich nicht zu lang.

Das fünfte Kapitel bietet dann noch auf knappen dreizehn Seiten fünf Abenteuerideen, die aber natürlich sehr kurz kommen. Die Ideen sind zwar generell ganz nett, aber hätten auch samt und sonders mehr Raum gebrauchen können. Allerdings liegen diese in der deutschen Ausgabe entsprechend gar nicht vor.

Ansonsten geben sich die beiden Ausgaben im direkten Vergleich recht zahm. Der zum Ende nachgereichte Drachte, „der Ausgestoßene“, der deutschen Ausgabe, fehlt im englischen „Dragons“ derart komplett, dafür müssen deutsche Leser ohne den an den amerikanischen Metaplot gebundenen Dvilgaynon auskommen. Der Rest sind Details, die niemanden interessieren und natürlich die Optik.

Mein Fazit fällt dagegen zweigeteilt aus. Einerseits steht im „Book of Dragons“ echt viel Nützliches drin. Kunststück eigentlich, ist das Buch ja noch bei FASA entwickelt und dann nur über viele, viele Jahre verschleppt worden. Damit ist es generell eine ganz sinnvolle Anschaffung für Earthdawnspieler. Aber es gibt zwei ‚Aber‘.
Das eine betrifft das Aussehen: das „Book of Dragons“ ist hässlich. Ein mittelprächtiges Fanzine würde sich vermutlich für einige der Illus schämen, die einem hier geboten werden. Es wird dadurch aber auch nicht wesentlich übersichtlicher, da hat sich der Layouter schon große Mühe gegeben, keine rechte Ordnung aufkommen zu lassen. Einzig das manierliche Cover retten das Buch hier vor seinem ‚ungenügend‘.
Das zweite ‚Aber‘ geht an die Existenz der deutschen Ausgabe. Zugegeben, die ist nicht billig und die Bilder passen nur bedingt zu Earthdawn. Aber immerhin sieht sie neutral gesehen nicht schlecht aus und die amerikanische Edition ist mit ihren 22 US-Dollar auch nicht mal eben geschenkt. Eigentlich sogar richtiggehend teuer.

Insofern wäre „Dragons“ eigentlich ein ‚befriedigendes‘ Buch, aber die lieblose Aufmachung sowie die Unübersichtlichkeit ziehen es auch noch locker auf ‚voll ausreichend‘ herunter. Im direkten Vergleich zu „Die Drachen von Barsaive“ darf man die Endnote aber getrost noch um eine weitere Stufe herabsetzen.
Name: The Book of Dragons
Verlag: Living Room Games
Sprache: Englisch
Autoren: Paul Beakley, Robert Boyle, Roger Gaudreau, Steve Hammond, Steve Kenson, Gary McBride, Austin Mills und Diane Piron-Gelman
Empf. VK.: 22 US-$
Seiten: 128{jcomments on}