Adventure Compendium
The Adventure Compendium is an adventure supplement for Earthdawn, containing five classic adventures that can be run as a campaign or stand-alone.vom Backcover von Earthdawn – Adventure Compendium
Zu Zeiten der großen FASA-Dynastie sind eine ganze Reihe spielfertiger Abenteuer für das Earthdawn-Rollenspiel erschienen. Was lag da aus Sicht RedBricks näher, als die nicht einfach als wiederverwertete eBooks im Netz versauern zu lassen, sondern auch diese zu sammeln, zu überarbeiten und als ein weiteres Compendium Spielern der aktuellen Regeledition zugänglich zu machen?
Das Ende vom Lied heißt „Adventure Compendium“ und ist satte 371 Seiten schwer. Es kommt wie alles, das von RedBrick erscheint und nicht „Shard“ ist, als eBook via DriveThru bzw. OneBookShelf und als PoD-Druck via Lulu daher. Wie schon beim „Namegiver‘s Compendium“, so liegt mir heute auch hier wieder das eBook vor, das auch die gleichen Qualitäten und Eigentümlichkeiten hat. So ist die Datei mit gut 29,1 MB relativ wuchtig, ist dafür von der Auflösung her auch ganz phantastisch. Doch dieser Datenumfang kommt zu einem weiteren Preis und die PDF-Datei stockt selbst auf einem recht taktstarken iMac G5 schon mal nachweislich in der Darstellung. Ist dem Lesen direkt am Schirm nicht unbedingt zuträglich. Weniger kritisiert als einfach angemerkt sei, dass auch diese Datei wieder nach einem aktuellen Acrobat Reader verlangt, andere Betrachtungsprogramme führen zu spannenden Sondererscheinungen wie farblich invertierten Grafiken. Naja, macht ja nichts, den Reader gibt‘s ja umsonst...
Optisch besitzt das Buch dabei eigentlich alle gewohnten Qualitäten der bisherigen Reihe. Das Layout ist toll, übersichtlich und schön zugleich, sogar einigermaßen druckerfreundlich, was in dieser Kombination nur selten zu finden ist. Das Innenartwork ist toll, kombiniert die Klassiker des Spiels (nennen wir diesmal auszugsweise Aulisio, Bryant, Dow und MacDougall, unter anderem eben) mit einigen neuen Bildern der gewohnt großartigen Kathy Schad, so dass das Compendium insgesamt ein Augenschmaus ist.
Fast.
Sehr verwundert hat mich die Wahl des Covers. Das ist eine alte Farbtafel, zeigt einen reitenden Menschen nehmen einem ebenfalls reitenden und dabei musizierenden Zwerg. Das von Laubenstein gezeichnete Bild ist ja an sich okay, nur habe ich damit zwei Probleme, die beide in das Fragewort „Warum?“ passen.
Warum Jeff Laubenstein? Der Mann ist auf seine Weise gut, okay, aber dieses Bild hat oben viel weiß und unten viel, ehm, „bunt“, dazu die Laubenstein-typischen, eigenwilligen Comic-Formen. Das fällt im Vergleich zu so tollen, „realistischen“ und intensiven Covern wie sie die bisherigen Kompendien zierten merklich ab.
Und warum ausgerechnet dieses Bild? Das ist die alte „Scout und Troubadour“-Farbtafel aus dem „Adept‘s Way“ ... was hat die hier verloren? „Infected“ hatte ein schönes Cover, „Shattered Pattern“ ebenso ... hätte es nicht eines von denen werden können?
Aber gut, genug wegen des Covers gemeckert, verglichen mit dem, was andere Verläge sich schon getraut haben, auf ihre Umschläge zu drucken ist das hier ja noch immer fast ein van Gogh...
Zu sagen, dass das Buch fünf Abenteuer enthält, wie es das Backcover tut, ist nur halb korrekt. Eigentlich enthält es fünf alte „Abenteuerbücher“, denn eines davon enthielt gleich mehrere Einzelszenarien.
Enthalten sind, mit dem alten, deutschem Titel in Klammern dabei, „Mists of Betrayal“ („Nebel über dem Blutwald“), „Terror in the Skies“ („Geissel des Himmels“), „Infected“ („Verseucht“), „Shattered Pattern“ („Namenlos“) und „Blades“ („Klingen“).
Da wohl nicht jeder von all diesen Szenarien schon mal gehört hat – die reichen ja teilweise bis an den Anfang der Neunziger zurück – mal kurz einige Takte zum Inhalt.
In „Mists of Betrayal“ wird die Heldengruppe von einem älteren Magier gebeten, einen kleinen Botengang zu erledigen. Die Tücke: Ziel der Lieferung ist der Elfenhof im Blutwald. Das Artefakt, dass sie überbringen müssen, ist die „Everliving Flower“, ein recht wertvolles Kleinod, doch die wirklichen Probleme beginnen erst, als sie im Blutwald ankommen.
In „Terror in the Skies“ wird die Stadt Travar von fliegenden und feuer speienden Dämonen heimgesucht. Die Spielercharaktere werden gebeten, dem nachzugehen und einen Weg zu finden, die Stadt zu retten. Ihre Suche führt sie letztlich in ein ein lange verborgenes Windlingkaer.
„Infected“ führt die Charaktere dagegen ins eigenartige und fremdenfeindliche Hinterland Barsaives, wo eine fanatische Gruppe, genannt die Grim Legion, gerade dabei ist, ihre ganz eigene Idee von Ordnung durchzusetzen. Ziel ihres Vorgehens ist das junge Mädchen Aardelea, deren einzige Hoffnung die Spieler sind, denn es ist nicht alles Dämon, was mystisch ist...
Einem alten Elfen hat in „Shattered Pattern“ etwas sein astrales Muster zerschlagen und die Charaktere nehmen die Aufgabe an sich, diesem Rätsel auf die Spur zu gehen. Die Queste führt sie allerdings auf eine gefahrvolle Reise und bringt sie auf die Spur schrecklicher Vorgänge, wo Dämonen nur eine ihrer Sorgen sind. Sogar Drachen haben hier ihre Klauen im Spiel, so scheint es.
„Blades“ letztlich bringt sie auf die Spur und in den Besitz der legendären Klingen von Cara Fahd, und ermöglicht es ihnen, in insgesamt fünf Einzelabenteuern hinter die Geschichte der Klingen zu kommen und am Ende den Dämon zu bezwingen, der untrennbar mit den Waffen verbunden ist.
Was den Abenteuern gemein ist, ist eine durchweg hohe Qualität schon in ihrer alten Ausgabe. Ich habe im Laufe der Jahre jedes der Abenteuer mit Ausnahme von „Blades“ zwei Mal geleitet, „Terror in the Skies“ sogar drei Mal. Sie sind sehr zugänglich, gut geschrieben, übersichtlich und zweckmäßig arrangiert, führen einen quer durch die Spielwelt und bringen in der Regel sogar das notwendige Hintergrundwissen direkt mit.
Da beispielsweise „Mists of Betrayal“ auch einfach älter ist als das „Bloodwood“-Buch und „Blades“ sogar noch zu einem Zeitpunkt spielt, bevor die Buchtitel gebende „Orc Nation of Cara Fahd“ neu formiert wurde, sind die Quellenbücher nirgendwo notwendig und mit dem vorliegenden Dokument hat man alles, was man braucht. Außer den Grundregeln natürlich. Schön ist auch, dass die Abenteuer teilweise sehr eng mit den Metaplot-Vorgängen in Barsaive verbunden sind. Das waren sie schon, lange bevor man das als Spielleiter selber wusste und das Gefühl, als die „Everliving Flower“ oder Aardelea in späteren Supplements noch mal auftauchten, das war schon schön.
Seitens RedBrick wurden die Szenarien dann noch mal um zahlreiche Abenteuerideen und -anregungen ergänzt, so dass man insgesamt mit den vorliegenden 371 Seiten Monate mit wöchentlichen Rollenspielsitzungen füllen können dürfte, ohne dass man Engpässe beim Material hat.
Die Abenteuer wurden in ihrer ursprünglichen Timeline belassen, spielen also vor dem Zeitpunkt, an dem das „Player‘s Compendium“ ansetzt, jedoch hat man auch hier einige Passagen ergänzt, die einem Spielleiter helfen, diese Hürde spielend zu nehmen.
Etwas irreführend ist es dagegen, das ganze Paket als „Earthdawn Campaign“ zu bezeichnen, wie es das Cover tut. Ja, das ist nicht falsch. Richtig, diese Abenteuer folgen chronologisch aufeinander. Und ja, korrekt, sie alle zusammen arbeiten indirekt auf ein gemeinsamen Ziel hin. Doch weder ist dieser Klimax – „Prelude to War“ („Vorboten des Krieges“) – in dem Buch enthalten, noch sind die Szenarien direkt miteinander verwoben worden. Alleine geographisch gibt es da ziemliche Sprünge und man sollte einfach wissen, dass „Campaign“ hier anders gemeint ist, als man das bei Warhammer etwa von „The Enemy Within“ oder bei DSA von der „Die sieben Gezeichneten“-Kampagne her gewöhnt ist.
Egal wie, dieses Supplement sammelt auf 371 Seiten vier großartige Abenteuer und eine großartige Abenteueranthologie und präsentiert sie alle zusammen in gleichmäßiger Form und genormten Regeln dem geneigten Leser. Ganz ehrlich, was will man denn da mehr? Wer vorgefertigte Abenteuer mag und diese Schätze aus der Anfangszeit des Spiels noch nicht kennt, der sollte in jedem Falle zugreifen. Wer die alten Abenteuer schon hat, für den lohnt sich der Kauf allerdings vermutlich nur dann, wenn es ihm ganz dringend auf die Regel-Updates und die Abenteuerideen ankommt. Hier würde ich aber eher abraten.
Doch Neu- und Späteinsteiger greifen zu.
Name: Adventure Compendium
Verlag: RedBrick
Sprache: Englisch
Autoren: James D. Flowers, Carsten Damm et al
Empf. VK.: 39,95 US-$
Seiten: 371{jcomments on}