Phase X #4

Phase X – Das Magazin für Phantastik beschäftigt sich in seiner vierten Ausgabe mit den Schattenseiten der phantastischen Szene. Damit sind nicht etwa patchouliverseuchte Möchtegernvampire in der Dorfdisco gemeint, sondern die seelischen Abgründe, der Horror und Wahnsinn, dem sich die Protagonisten in Filmen, Büchern und Comics stellen müssen. Um der Vielfalt des Themas gerecht zu werden, gibt es auch in dieser Ausgabe wieder eine breite Mischung aus allen Genres.

So gibt es etwa Interviews mit Uwe Boll und R.A. Salvatore zu ihren Werken und wie die Öffentlichkeit mit ihnen umgeht und sie selbst widerum mit der Öffentlichkeit. Während sich Boll gewohnt derb, aber nicht unsympathisch präsentiert und von seinen Filmen plaudert, geht das Interview mit Salvatore intensiver auf sein Leben und die Beziehung zu seinen Romanfiguren ein. Umfangreich ist auch diesmal der Bereich, der den Comics gewidmet ist. Der Hang von Comichelden zu düsteren Geschichten wird geschildert, auch wenn zu viel aufgezählt und zu wenig analysiert wurde. Die Comiczeichner Richard Corben und Bernie Wrightson werden für ihre Werke voller Phantasie, Makaberem und Düsterem gewürdigt. Schlussendlich wird auch der Ghost Rider als Figur vorgestellt, wobei hier auch viel Wert auf die Analyse der Figur und der Entstehungsgeschichte gelegt wurde, statt nur Fakten aufzureihen. Immerhin auch in einigen Comics abgehandelt, ist die Geschichte der Sith in Star Wars. Der Autor gibt einen faszinierenden Überblick, von der Entstehung des Namens, über die Struktur dieser “bösen Jedi”, ihre bekanntesten Vertreter, die Geschichte und Philosophie, sowie die Werke in denen sie auftreten. Sehr informativ und angenehm zu lesen.
Allgemeiner gehalten ist da die Analyse “Faszination Dunkelheit”, die sich mit den Protagonisten und Antagonisten in der Literatur beschäftigt. Allerdings gibt dieser Artikel mehr die Einschätzung des Autoren als eine literarische Analyse dieser Figuren und ihrer Motive an. Die Motive der Großen Alten, die Lovecraft in seinem Cthulhu-Zyklus beschreibt, sind allerdings rätselhaft. Und genau darum geht es in “Das ist nicht tot, was ewig liegt”: Den Cthulhu-Mythos und was ihn ausmacht. Wie konnte Lovecraft trotz diskussionswürdigen Schreibstils eine derartige Faszination und Berühmtheit erlangen, wenn auch erst posthum? Der Artikel gibt interessante Einsichten über die Kernthemen der Geschichten (Wahnsinn und Bedeutungslosigkeit) und sollte für Rollenspieler wie Freunde der Horrorliteratur sehr aufschlussreich sein. Als weiterer Klassiker der modernen Horrorliteratur gilt Edgar Allan Poe, dem Meister der romantischen Gotik, der ebenfalls vorgestellt wird. Weit weniger ernst ging Roald Dahl an seine Romane, auch wenn er auf ein bewegtes Leben zurückblicken konnte, wie einem der Artikel “Mordwaffe al dente” nahe legt. Robert Bloch mag den wenigsten vom Namen her etwas sagen, doch sein bekanntestes Werk kennt jeder: Psycho. In einem Artikel über Bloch wird natürlich neben Psycho und dessen Fortsetzungen auf das restliche literarische Werk und das Leben des Autoren eingegangen. Neben diesen verstorbenen Literaten widmet man sich auch Stephan King und vor allem seiner Reihe um den dunklen Turm, die der amerikanische Autor über viele Jahre als eine Art Metageschichte all seiner Werke schuf. Der Artikel gibt faszinierende Einblicke in dieses riesige Werk in mehreren Bänden und klärt über viele interessante Zusammenhänge auf, die man ohne weiteres nicht durch die Romane allein ergründen kann. Abschließend soll in “Mehr als ein Negativ” auf die Dunkelelfen in der Literatur eingegangen werden. Während der Artikel interessant beginnt und die Herkunft der Dunkelelfen in der Edda belegt, driftet er schnell dazu ab, nur noch die Dunkelelfen der Vergessenen Reiche, als einer Kampagnenwelt des Rollenspiels Dungeons & Dragons zu beschreiben, was vermutlich als Einleitung zum angeschlossenen Interview mit R. A. Salvatore dienen soll, der mit Drizzt Do’Urden eine der bekanntesten Figuren der Fantasywelt schuf.

Auch sind zwei Kurzgeschichten enthalten, die mir beide allerdings nicht wirklich gefallen konnten. Marcus Richters “Subcutis” beschreibt recht konfus die Suche eines Mannes nach einem Jugendfreund mit einer schrecklichen Krankheit. Und in Walter Diociaiutis “Goldfisch” wird eine Geschichte ohne Überraschungen um den besten Freund eines kleinen Jungen erzählt. Kritischer geht man in der Rubrik der Rezensionen um. Während “Die Stunde des Raben” von Matthew Pearl ausführlich behandelt wird, werden in der Rubrik “Diamanten” viele interessante Neuerscheinungen kurz und knackig, aber informativ vorgestellt und bewertet.

Die Optik ist angenehmer als noch beim letzten Band, angefangen bei dem thematisch sehr passenden Cover von Chris Schlicht, bis hin zu den sinnvoll verteilen Rand- und Hintergrundbildern. Nach wie vor störend ist der geringe Innenrand, so dass man das Magazin bei einigen Artikel schon sehr dehnen muss, um sie angenehm lesen zu können. Auch sollte man das Heft möglichst pfleglich behandeln, denn auch das Problem mit den schnell auftretenden Stoßkanten wurde noch nicht behoben. Ärgerlicher ist aber das fahrlässige Lektorat dieser Ausgabe. Immer wieder tauchen kleinere Fehler auf, die der inhaltlichen Qualität des Magazins nicht gerecht werden und auch so nicht in den vorherigen Ausgabe zu finden waren.

Auch die vierte Ausgabe von Phase X bietet ein breites Spektrum an angenehm zu lesenden und informativen Artikeln. Es gilt weiterhin, dass für jeden Fan der Phantastik dieses Magazin Pflicht ist und bleibt.


Verlag: Atlantis Verlag
Herausgeber: Michael Schmidt und Ulrich Blode
Sprache: deutsch
Empf. VK.: 6,90 Euro{jcomments on}
Seiten: 130
ISBN: 978-3-936742-98-5