Mephisto #26

Die Kreativpause ist zu Ende
 Von der Webseite der Mephisto

Vor mir liegt die Mephisto, Ausgabe 26. Und obschon ich eigentlich keine Magazine rezensiere, die nicht explizit auf dauerhaft sinnvollen Inhalt ausgelegt sind, "getarnte Quellenbücher" wie die Cthuloide Welten, den Warpstone oder das letztes Mal besprochene ESP etwa.
Bei der Mephisto ist es aber etwas anderes, denn die 26. Ausgabe ist ein ganz besonderes Stück, über das zu berichten mir nun doch auch selbst am Herzen lag.

Bemerkenswert ist wohl zunächst mal, dass im Verlag Martin Ellermeier auf den Monat Februar schon der August folgt, denn dazwischen herrschte zunächst einmal gänzlich Funkstille; oder eine "Kreativpause", wenn man der Webseite glauben darf.
Als das Magazin dann ankam ... naja, kam es erst einmal nicht bei mir an. Ich meine, wer eine so große Auflage wie die Mephisto hat, der vergisst auch mal schnell einige Abonnenten zu beliefern ... oder so. Ist aber egal, könnte auch die Post Schuld sein, fungierte aber irgendwie schon mal als ein Omen.

Denn als das Heft dann letztlich ankam, war ich doch sehr überrascht – denn es ist dünn. Vorbei die Zeit der dicken Hefte mit schicken, gebundenem Rücken. Die "neue" Mephisto misst gerade mal noch schlanke 66 Seiten, ist geheftet wie die Konkurrenz und erstrahlt ansonsten in einem unveränderten Design. Das ist schon verblüffend, ich kenne wenig Verlage, die es schaffen durch eine Verlängerung der Produktionszeit den Ausstoß unter das angekündigte Maß zu drücken, doch bevor wir zum Inhalt kommen, spielen wir mal eben Mathematiker.
"Preissenkung: MEPHISTO jetzt über 30% günstiger" heißt es auf dem Cover, und das ist schon richtig, kostete die Mephisto 25 doch noch glatt sechs Euro. Nehmen wir nun aber mal relative Zahlen: die Mephisto 25 hatte auch 116 Seiten, was einen Preis pro Seite von rund 5,2 Cent pro Seite. Bei der aktuellen Ausgabe sind wir aber, rechnet man es dann mal aus, plötzlich bei einem Seitenpreis von rund 6 Cent – sie ist damit schlicht teurer als die vorige Ausgabe. Aber gut, selbst wenn einmal bedenkt, dass die Mephisto 25 mehr Seiten als normal hatte, stellt man fest, dass der Preis allenfalls gleich geblieben ist. Freundlich, lieber Ellermeier-Verlag, freundlich.
Weiterhin erfahren wir dann noch im Vorwort, dass das Heft ja ein Freizeit-Projekt sei und man den Umfang verringert habe, um Arbeitszeit zu sparen. Auch das kann ich generell akzeptieren, stünde nicht knapp darunter "Defacto haben wir zwar den Umfang der am Kiosk erhältlichen Ausgabe reduziert, aber als Abonnent bleibt eigentlich alles beim Alten."
Sagt mal, bin ich denn der einzige, der das komisch findet? Wo ist denn dann jetzt das Zeitersparnis? In der Druckerei, die weniger dicke Hefte drucken muss, wo doch nur noch Abonnenten den vollen Inhalt kriegen? Hä?

Optisch ist das Heft wie immer sehr schön geraten. Kein Wunder, wenn unter anderem die Namen Djurdjevic, Scherwinski und Widermann im Grafikbreich geführt werden. Schaurig erstrahlt dagegen der vollseitige Abdruck des Covers auf Seite vier des Heftes und demonstriert eindeutig, warum man Grafiken besser doch nicht in komprimierten Austauschformaten abspeichert – eindeutige Spuren blieben zurück. Der Satz ist gut, das Lektorat dagegen muss definitiv noch mal Nachhilfe geben, sind doch noch so manche Rechtschreibfehler auf den Seiten übrig geblieben.

Eröffnet wird der redaktionelle Inhalt dann von dem obligatorischen Wortgemetzel. Ich persönlich bin kein Freund dieser Rubrik, in der Boris Koch zwanghaft versucht, aktuelle Kinofilme zu dekonstruieren. Aktuell, das heißt bei der eine Kreativpause durchlaufen habenden Mephisto 26 übrigen "Underworld", "Kill Bill" und "Return of the King", alle drei schon eine Weile auf DVD raus.
Koch beweist hier einmal mehr locker lässig, dass er weder von dem, worüber er schreibt, noch davon, wie man gute Kolumnen schreibt, Ahnung hat. Er führt doch Vorwürfe gegen "Episode III" an, die Lucas selbst schon richtig gestellt hat und zerlegt Underworld in einigen Punkten zu Recht, teilweise aber auch einfach aus Falschaussagen heraus. Aber es würde den Rahmen dieser Rezi sprengen, das alles dezidiert aufzuschlüsseln. Nur eine Frage bleibt: kann aus Boris Koch seine Schöpfung "Zombie Ewald" eigentlich auch nur ein Mensch auf diesem Planeten leiden?

Die Neuigkeiten will ich mal überblättern, da da nun echt nicht viel falsch gemacht werden kann, wohl aber sei der Hinweis angebracht, dass wir damit schon auf Seite 19 angelangt sind, wenn wir uns dem Werkstattbericht zu "Aus Äonen", einem Band aus der Reihe Cthuloide Welten Bibliothek, widmen. Der ist interessant, keine Frage und die Frage, ob ein Werkstattbericht nicht eher für Produkte gedacht ist, die eben noch nicht auf dem Markt sind, erspare ich mir ob des langen Vorlaufs der Ausgabe mal.

"Die Ruhe vor dem Sturm" kommt von Björn Lippold und setzt die Mephisto-interne "Himmel über Aachen"-Chronik fort. Ganze zwei (!) Seiten werden dafür verwendet. Was soll ich hier groß sagen? Nun, Achtung SPOILER:
Prälat Lorin verlangt von den Charakteren in diesem Abenteuer, dass sie eine zivile Handelskarawane überfallen und, Zitat, "daß niemand lebendig entkommen darf." Ich kenne ja nicht die generischen Engel-Spieler da draußen, aber ich habe doch arge Zweifel, dass das am Spieltisch so ohne Probleme akzeptiert wird, wie das Abenteuer die Situation schildert.
SPOILER ENDE.

Tobias Krug hat die zwei (!) Seiten redaktionellen Cthulhu-Inhalt erworben und widmet sich der Umsetzung einer monoalphabetischen Verschlüsselung. Der Artikel ist gut, wenn auch kurz, gar keine Frage ... aber wer braucht denn Bitte das Thema Kryptologie, insbesondere in Form der monoalphabetischen Verschlüsselung (kurz und knapp: man verwendet andere Zeichen anstelle der normalen Buchstaben), so oft, dass man der Allgemeinheit diesen Artikel bieten muss?

Aber gut, kaum sind wir da durch, erwartet und Björn Lippold erneut und beendet mit "Offenbarungen und Entscheidungen" die Mephisto-eigene Chronik "Engel der Asche" für das bereits eingestellte "Magus: die Erleuchtung".
So erfahren wir auch hier, dass die Geschichte beendet wird, so lange sie noch auf einem Hoch sei, dass das immer so geplant gewesen sei, man nur vorher eigentlich mehr Einzelepisoden hätte haben wollen und das ganze nur semi-koinzindent mit dem Ende der WoD zu tun hat. Irgendwie werden hier nun alle Fäden verknotet und ein letztes Mal Artefakte wild in die Menge geworfen; nicht die Offenbarung, die der Titel verspricht, aber ein passender Abschluss für eine in meinen Augen recht einseitige Chronik.

Danach wird es dann aber tatsächlich mal gut! Maike Hallmann hat mit "Master Almighty – oder warum es 'Meister' heißt" einen genialen Essay abgeliefert der lustig ist, durchaus nachvollziehbar und zu allem Überfluss vom Umfang her sogar gut bemessen. Es wird sich wohl kein Rollenspieler ein Schmunzeln verkneifen können, wenn er liest, dass im Pantheon der Rollenspielgötter auch "Sadismos, die Gottsau" sitzt ... ich jedenfalls konnte es nicht.

Drei Seiten Degensis-Abenteuer setzen die Tradition dieser Ausgabe irgendwo fort, den die Idee ist ja ganz nett, der Umfang einmal mehr zu knapp. Das direkt folgende Interview mit Autor Michael Marrak ist dagegen mit sechs Seiten richtig lang und auch sehr interessant.

Der letzte 'echte' Artikel vor 14 Seiten voller Rezensionen ist dann ein Warhammer Fantasy-Szenario, von denen ich bis heute nicht weiß, was das Spiel eigentlich genau in der Mephisto macht, denn sorry, atmosphärische dunkle Welten werden hier nicht gerade transportiert. Nun denn, das Szenario ist okay und schafft es, auf vier Seiten eine Illu zwei Mal zu verwenden – spitze.

Die Rezensionen sind Mephisto-typisch kurz und teils recht aussagelos, teils von bereits nicht mehr erhältlichen Produkten (alle WoD 1.0-Bücher etwa), zumindest wurde aber nichts aus der eigenen Verlagspalette rezensiert (und hey, das Heft hat seinen eigenen Chefredakteur auch schon interviewt...), was ich echt schon zu den Pluspunkten zähle.

Fassen wir also zusammen, 66 Seiten abzüglich 36 Seiten News, Kolumne, Inhaltsverzeichnis, Cover (!), erneut abgedrucktem Cover (!!), Vorwort und Rezensionen macht 30 Seiten verwertbaren Inhalt. Abzüglich sechs Seiten ganzseitiger Werbung und vermutlich nochmal etwa die gleiche Anzahl an aufsummierten kleineren Anzeigen lassen damit also rund 20 Seiten dauerhaft nützlichen Inhalt zurück. Über dessen Qualität habe ich mich bereits ausgelassen.

Bleiben nur zwei Fragen zurück:
Was hat denn bitte die kreative Pause nun ergeben?
Und wenn die Mephisto 27 erneut nicht ausgeliefert würde, würde ich sie mir dann selbstständig noch mal nachbesorgen?
Nein, ich denke, das würde ich nicht.


Name: Mephisto 26 
Verlag: Martin Ellermeier 
Sprache: Deutsch
Autoren: diverse{jcomments on}
Empf. VK.: 3,95 Euro 
Seiten: 66