Abenteuer. #4
Die vierte Ausgabe des Fanzines Abenteuer. erschien im Oktober 2009 und kostet die üblichen 4 Euro, diesmal für 90 Seiten. Das Layout ist sauber, mit praktischer Systemangabe am unteren Rand der Beiträge. Die Illustrationen und Karten sind sehr abwechslungsreich, aber grundsätzlich auf Laienniveau. Das Cover ist im gewohnten grün mit den thematisch sehr stimmigen aufgedruckten Abnutzungserscheinungen. Als Covermotiv wurde eine Posterwand für den ersten Beitrag des Heftes gewählt, die Lust auf mehr macht. Wie bei dem Fanzine üblich, geht es direkt nach dem Inhaltsverzeichnis los mit den Inhalten.
In "Gladiatoren gegen Hades" beschreibt Clemens Meier auf 18 Seiten ein wildes Abenteuer für das ziemlich unbekannte Rollenspiel Extreme Vengeance. Die Spieler schicken ihre Helden durch zehn Szenen eines epischen Sandalenfilms mit extrem viel Action, wilden Schnitten und aberwitzigen Situationen. Mit ein wenig Arbeit lässt sich das titelgebende Abenteuer dieser Ausgabe sicherlich auch auf andere actionreiche Rollenspiele konvertieren, was sich dank der abgefahrenen Handlung sicher lohnen dürfte.
Der zweite Beitrag ist von Tobias Deißler und umfasst nur vier Seiten. "Der Fernpendler" ist ein Raumschiff für Traveller, samt Werten und Deckplänen. Was man mit dem Gefährt anstellt, überlasst der Autor aber weitestgehend der Fantasie der Spieler und des Spielleiters, da nur die Rahmendaten ohne besondere Anreize geliefert werden, das Schiff zu verwenden.Der mit Abstand größte Artikel der vierten Abenteuer.-Ausgabe ist "Der Burgfrieden" von Christian Buggedei mit 31 Seiten. Das Abenteuer richtet sich an Fans der Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer und kommt mit Werten für die beiden Rollenspielversionen A Game of Thrones mit d20-Werten sowie das aktuelle A Song of Ice and Fire Roleplaying Game von Green Ronin. Aber damit beginnt auch das große Problem. Anstatt das Abenteuer in der bekannten Welt anzusiedeln, wurde die Konstellation der Hintergrundfiguren grundlegend geändert, so dass das Abenteuer nicht für reguläre Rollenspielrunden in dieser Form funktioniert. Trotz der eindrucksvollen Länge von mehr als 30 Seiten umfasst das eigentliche Abenteuer nur fünf. Der Rest des Platzes wird von Handouts, Karten und NSCs eingenommen. Leider wirkt die sehr umfassende Burgbeschreibung unnötig, da es sich vor allem um ein Diplomatie-Abenteuer handelt. Umso erstaunlicher ist es, dass bei keinem NSC angegeben ist, welche Position er in dem Fall vertritt oder welche Funktion er in der Diskussion spielt. Insgesamt gibt es nur einen einzigen Konflikt, den man in dem Abenteuer lösen kann. Und dieser ist weder kompatibel zum offiziellen Hintergrund, noch bekommt der SL wirkliche Hilfen, um ihn umzusetzen. Ein sehr schwacher Beitrag, gerade wenn man den Platz bedenkt, den er einnimmt.
„Ovocon“ von Lutz Michen ist ein zweiseitiger Oneshot für zwei Spieler und einen SL, der sogar komplett mit Regeln daherkommt. Wobei Regeln etwas hochgegriffen ist: Würfel mit einem W6 und erreiche den Wert, den der SL sagt ist schon sehr vage. Es geht um eine junge Frau und einen alten Kerl in einer Cyberpunk-Stadt. Als bewaffnete Männer sich in einer Bar die Frau schnappen wollen, geht der Kerl dazwischen und sie fliehen. Ab diesem Zeitpunkt geht das Abenteuer los. Als Vorspann nicht uninteressant, aber was sich daraus entwickelt, liegt völlig in der Hand der Spieler und des SLs. Ein paar Vorschläge für Konflikte oder ein Bericht von einem Testspiel wären sicherlich noch hilfreich gewesen.
Für Labyrinth Lord gibt es diesmal sogar zwei Beiträge. Der erste ist von Moritz Mehlem und beschäftigt sich mit „Waffenmeisterschaften“ für die Charaktere. Mit 15 Seiten ist das ganze recht ausführlich ausgefallen, aber man sollte sich gut überlegen, ob man die weiteren Sonderregeln zulässt, da sie das Spiel weiter verkomplizieren. Allerdings können Spieler ihre Helden damit auch stärker individualisieren und mit ihren Lieblingswaffen verbessern. Weil das Lernen der neuen Fähigkeiten neben der regulären Stufenprogression stattfindet und man neben neuen Einsatzgebieten wie dem Werfen der Waffen auch mehr Schaden mit ihnen verursacht, sollte man aber auch überlegen, ob das System in die eigene Kampagne passt.
Im letzten Beitrag des Heftes darf Moritz Mehlem dann zusammen mit Frank Ditsche eine neue Charakterklasse für das Retro-Rollenspiel vorstellen: den „Wuuky“. Ja, es handelt sich dabei tatsächlich um die Umsetzung der pelzigen Rasse aus Star Wars für das Fantasyrollenspiel. Zwar hat die Klasse hohe Voraussetzungen, doch dafür bietet sie einzigartige Fähigkeiten wie das Herausreißen von Körperteilen, um Feinde damit zu verprügeln oder einen speziellen Wuuky-Tanz für mehr Schüsse mit der Wuuky-Armbrust. Liest sich sehr amüsant, aber ob man den Wuuky ohne weiteres in eine Runde aufnehmen kann ist eher fragwürdig.
Daniela Nicklas schildert mit „Am Ende bleiben die Drei“ ein hervorragendes Krimiabenteuer. Das Abenteuer verwendet als System Dogs in the Vineyard, aber als Setting Engel von Feder & Schwert, was wunderbar zusammen funktioniert. Die beteiligten Charaktere haben nachvollziehbare Motivationen und die daraus resultierenden Konflikte sind spannend und tragisch. Top!
Auf die Doppelseite des Weltenbuchs entführt uns Onno Tasler mit „Neblichiw-Illems-Gedächtnismünzen“. Der Drache gibt an freundliche Gesprächspartner diese Münzen aus, die dann einen besonderen Effekt auslösen können, sofern man sie einsetzen möchte. Nette Idee für ein Artefakt, stimmungsvoll fürs satirische Weltenbuch umgesetzt.
„Die Kellerdimension“ von Christian Buggedei wirft einen amüsanten Blick auf die Bodenlosen Beutel, in die Helden in verschiedenen Fantasysettings gerne als Lagerstätte für allerlei Kram verwenden. Der Autor lässt es jedoch nicht bei einer reinen Satire, sondern spinnt eine interessante Welt mit eigenen Problemen, die das Heldendasein interessanter, aber auch schwieriger machen können. Sehr feiner Artikel!
Kurz vor Ende gibt es dann mit dem „Kerkertempel“ von Willi Schork noch einen generischen Dungeon auf zwei Seiten, dessen Nützlichkeit aber arg begrenzt ist.
Die vierte Ausgabe von Abenteuer. liefert wieder einmal einen breiten Überblick und bedient viele Themen. Auch wenn viel Platz mit dem schwachen „Burgfrieden“ drauf geht, lohnt sich die Anschaffung schon alleine für „Gladiatoren gegen Hades“ und „Am Ende bleiben die Drei“. Es bleibt zu hoffen, dass das Fanzine noch viele weitere Ausgaben erhalten wird!
Name: Abenteuer. #4
Verlag: -
Sprache: deutsch{jcomments on}
Autoren: diverse
Empf. VK.: 4 Euro
Seiten: 90 s/w, gebunden
ISBN: -