Savage Worlds - Sundered Skies (dt.)

Zur SPIEL 2009 in Essen erschien bereits das zweite Savage-Worlds-Setting für die deutsche Gentleman's Edition. Nach dem militärischen Sci-Fi-Schauplatz Necropolis 2350 gibt es nun mit Sunderes Skies auch ein Fantasy-Setting.

Optisch kommt das Buch wieder im handlichen DIN-A5-Format daher, wie auch schon das letzte Setting und die Gentleman's Edition. Leider ist diesmal das Cover größtenteils matt, was die stimmige Coverillu leider nicht so gut zur Geltung kommen lässt. Die Illustrationen im Inneren sind okay, reißen aber nicht zu Begeisterungsstürmen hin. Das Layout ist zweispaltig, mit Kapitelübersicht oben und nur einem dünnen Rand außen. Das Strecken des Textes fällt leider noch stärker auf, als in Necropolis 2350. So kann es vorkommen, dass sich der Zeilenabstand auf gegenüberliegenden Seiten zwischen dem normalen Einzeiligen auf doppelten Abstand vergrößert, oder es zumindest so wirkt. Klar, dadurch passt dann eben der Text besser auf eine Seite, aber das ganze sieht dann doch nicht unbedingt ansehnlich aus. Leider sind die Tabellen in dem Buch auch unübersichtlich geraten, da man sich dagegen entschieden hat, abwechselnde Farben für jede Zeile zu nehmen, wie etwa im Grundregelwerk. Aber immerhin gibt es wieder ein Lesebändchen, im knalligem Orange des Glühens.

Sundered Skies ist nicht ganz der übliche Tolkien-Fantasy-Einheitsbrei, denn die Welt, auf der man spielt existiert nicht mehr. Sie wurde in einer Katastrophe zerrissen und nun treiben nur noch Inselfragmente durch die Leere, die als das Glühen bezeichnet wird. Oben in der Leere befindet sich ein gewaltiger, gefrorener See und unten ein unerträgliches Inferno. Die Leere kann mit bestimmten Schiffen in allen drei Dimensionen durchsegelt werden, um Handel zu treiben, Monster zu jagen oder Ruinen auf unbekannten Inseln zu durchsuchen. Dabei sollte man aber aufpassen, denn das Glühen der Leeren treibt die Bewohner der Welt in den Wahnsinn und lässt sie schlussendlich sogar mutieren.

Die spielbaren Rassen sind weitestgehend Standard (Menschen, Elfen, Zwerge, Orks), auch wenn die Elfen teilweise Pflanzen sind und insgesamt düsterer und brutaler vorgehen als gewohnt. Interessanter sind da schon ihre als Sklaven gehaltenen Tiermenschen oder die Glühblütigen. Das sind Goblins, die von der Strahlung der Leere von seelenlosen zu vernunftbegabten Kreaturen gemacht wurden. Ebenfalls interessant sind die Drakin, die sich nach und nach von kleinen Echsenwesen zu riesigen Drachen entwickeln können. Das Problem bei dieser Rasse ist nur, dass sie als Vorzug mit mehr Machtpunkten für Zauber starten. Das ist aber nur Sinn, wenn man tatsächlich einen Zauberer spielen möchte, für andere Charakterkonzepte ist der Vorteil verschwendet.

Die stärkste Regel- und Hintergrundelement ist sicherlich der gar nicht mal so langsame Verfall durch den Glühwahnsinn. Die sind aber nicht nur schwach umgesetzt, sondern fehlt aufgrund eines Satzfehlers fast komplett in der deutschen Ausgabe! Die Regeln sind so unverhältnismäßig gefährlich, dass praktisch niemand nach einem Monat noch leben kann. Darauf angesprochen sagte der Autor einmal, dass sie ja selbst nicht nach diesen Regeln spielen würden. Das ist so einer der Momente, wo mich ein sehr glühwahnsinniges Bedürfnis nach Gewalt überkommt.
Neben diesem sehr schwerwiegendem Fehler (die wichtigste Regeln des Settings sind nicht da!), finden sich leider auch zahlreiche andere, aber sehr viel kleinere Fehler im Buch. Die falschen Seitenverweise, Tippfehler und Layoutpannen sind ärgerlich, aber nicht kritisch. Dennoch hätte ein Monat mehr dem Buch sicher sehr gut getan. Man merkt leider, dass es zur SPIEL fertig sein sollte. Dass es dennoch bis dahin viel Arbeit war, merkt man etwa am Index, wo sich auch Einträge der deutschen Macher finden, wie etwa „Saschas Verstand“, „Dominiks Wochenenden“ oder „Hennis Geduld“.
Ärgerlich ist auch das Wirtschaftssystem von Sundered Skies, denn das ist kompletter Humbug. Das ist es zwar in den meisten Settings, aber hier ist es zum einen besonders auffällig und zum anderen auch schwerwiegender, da die Charaktere auch Handel treiben können und sollen. Beispielsweise kostet eine Schiffskanone kostet weniger als eine Armbrust! Um Kopfgelder kassieren zu können, muss man eine Lizenz beantragen, die so viel kostet wie die Prämie für 40 (!) tote Piraten. Dabei wurden die Prämien im Vergleich zum Original bereits verzehnfacht! Hier muss die Gruppe, ebenso wie beim Glühwahnsinn entweder sehr viel guten Willen aufbringen oder am System schrauben.

Wie die meisten Savage-Worlds-Settings, liefert auch Sundered Skies eine komplette Kampagne, in der man nicht nur alle interessanten Orte der Spielwelt abklappert, sondern diese auch für immer verändert! Die Kampagne ist umfangreich, aber eher mittelmäßig. Es geht um die übliche Artefaktbeschaffung, die dann am Ende zusammen die Welt retten. Leider sind die einzelnen Abenteuer oftmals zu knapp gehalten. Um an eines der Artefakte zu kommen, reicht es beispielsweise, von einem berüchtigtem Piraten überfallen zu werden und ihn zu besiegen. Der ganze Plot Point besteht aus der Info, dass er angreift, seinen Werten und denen seines Schiffs. Andere Plot Points stellen dafür nur einen kurzen Dialog mit einem NSC dar, der die Spieler über Veränderungen aufmerksam macht. So durchwachsen sich die Plot Points auch darstellen, so großartig sind die diversen Tabellen für die Generierung eigener Geschichten, Problemen, Gegnern, Fallen und Hindernissen. Auch die Plündertabelle liefert schnelle, aber sehr effizienten Ergebnisse für die Schätze eroberter Schiffe, besiegter Feinde oder geplünderter Ruinen. Der SL bekommt damit einen wunderbaren Baukasten, um bestehende Abenteuer auszubauen und eigene zu erstellen.

Sundered Skies ist ein Fantasy-Setting, das sich angenehm von anderen Welten abhebt. Mit dem Buch erhält man extrem viel Material, um sehr lange die geborstenen Himmel durchstreifen und coole Sachen erleben zu können. Allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass man das Setting- und Abenteuergerüst mit den beigelegten Werkzeugen noch ordentlich Fleisch auf die Rippen schmeißen muss. Die schlecht durchdachten Regeln zum Glühwahnsinn und zum Wirtschaftssystem sind zwar ebenso ärgerlich wie die Fehler der deutschen Ausgabe, doch ziehen sie Sundered Skies insgesamt nicht so weit runter, dass ich von dem Buch abraten würde. Für den Preis von knapp 30 Euro bekommt man wirklich genug geboten, dass es sich lohnt einen Blick zu riskieren.


Name: Sundered Skies (dt.) 
Verlag: Prometheus Games {jcomments on}
Sprache: deutsch
Autor: Dave Blewer
Empf. VK.: 29,95 Euro 
Seiten: 260, farbig, Hardcover 
ISBN: 9783941077201