Savage Worlds - Necropolis 2350 (dt.)

Necropolis 2350 (N2350) ist das erste Setting, das auf Deutsch für Savage Worlds erscheint. Da das Buch nur das Setting liefert, wird zum Spielen auch die deutsche Savage Worlds Gentleman's Edition benötigt. Wie der Untertitel „Bete und Kämpfe!“ bereits andeutet, geht es bei Necropolis 2350 nicht gerade friedlich zu. Die Spieler übernehmen die Rolle von Rittern in einer SciFi-Welt, die gegen Untote, Konzerne und Abweichler kämpfen müssen.

Das Buch kommt erfreulicherweise im gleichen, praktischen DIN-A5-Format wie die Gentleman's Edition daher, jedoch leider ohne Lesebändchen. Das solide Hardcover beinhaltet 282 farbige Seiten, mit jeweils einer Karte der Spielwelt Salus auf den Cover-Innenseiten. Die farbigen Illus sind zwar allesamt düster, aber handwerklich gut gelungen. Passend zum Setting zeigen sie meist Kriegsgerät, kämpfende Ritter oder die Feinde der Menschheit. Das Layout ist sehr kühl und nüchtern geraten, mit grauem Rand und zweispaltigem Layout. Dabei wurde der Zeilenabstand aber oftmals stark gezogen, damit ein Abschnitt noch auf die Seite passt und keine großen Freiräume entstehen. Das ist aber nicht weiter tragisch und kann auch mit den bisweilen auftauchenden Trenn-strichen mitten in der Zeile den insgesamt positiven Ersteindruck nicht nachhaltig beeinflussen.

Inhaltlich unterscheidet sich N2350 stark von den in Deutschland bislang erhältlichen Settings. Man spielt weder eine ungebundene Truppe von Abenteurern, neugierige Forscher mit Hang zum Wahnsinn oder Vampire auf der Suche nach den Inhalten des Spiels, sondern klipp und klar einen Trupp von Rittern der Kirche, die Befehle erhalten, gegen die gefährlichen Untoten und ihre Verbündeten vorzugehen. Der Fokus des Spiels ist damit extrem stark auf eine Militärkampagne ausgerichtet, bei der Kampf, eine direkte Befehlsstruktur (auch zwischen den Spielercharakteren) und taktisches Vorgehen im Vordergrund stehen. Als Hintergrund dient die menschliche Kolonie Salus (von den Bewohnern meist Necropolis genannt), die nach der Vernichtung der Erde wohl als einziger Ort noch Menschen beherbergt. Allerdings gibt es auf dem Planeten auch einen Haufen Untote, die Rephaim genannt werden und seit einigen Jahren im ständigen Kampf mit den Vertretern der Kirche und der Konzerne liegen. Die Kirche hat sich als riesiger Machtfaktor etabliert und stellt mit seinen autonom handelnden Ritterorden die Speerspitze im Krieg gegen die Rephaim.

Eben diesen Orden gehören die Spielercharaktere an. Zur Auswahl stehen beispielsweise der Templerorden, der sich besonders ungern aus Gefechten zurückzieht, die Prediger, die sich auf Public-Relation-Aktionen spezialisiert haben oder der Orden der Heiligen Lanze, der gerne auf Tuchfühlung mit den Untoten geht. Das ist auch nicht so dumm, wie es zunächst wirken mag, denn die meisten Untoten auf Salus sind ziemlich resistent gegen Schusswaffen und können im Nahkampf effizienter auseinandergenommen werden. Es ist zwar nicht sonderlich glaubwürdig, dass die Kirche es nicht schafft, passende Waffen für ihren Gegner herzustellen, aber immerhin wird der Nahkampf um einiges wichtiger und bietet auch die Chance für heroische Aktionen. Und zu heroischen Aktionen haben die Charaktere einige Gelegenheiten, denn die Plot-Point-Kampagne ermöglicht es ihnen, die wichtigsten Gefechte in der Rückeroberung der von Rephaim besetzten Stadt Neu-Budapest zu spielen. Die Plot-Point-Kampagne befindet sich im Kapitel für den Spielleiter, die knapp 2/3 des ganzen Bandes ausmacht. Der Spielleiter wird zudem bei N2350 Kriegsmeister genannt, was sehr passend ist. Während die Nebenmissionen Abwechslung bieten und die Ritter auch schon mal ins Hinterland führen, wo sie Zivilisten rekrutieren, besondere Untote gefangen nehmen oder Forschungsdaten sichern sollen, zielen die Hauptmissionen nur auf Kampfeinsätze ab. Man bekommt das Missionsbriefing, erhält seine Ausrüstung und dann kann man auch schon das Schlachtfeld aufbauen. Wie bereits eingangs erwähnt, ist so eine reine Militärkampagne in der deutschen Rollenspiellandschaft nahezu unbekannt und Prometheus Games gehen ein nicht unwesentliches Risiko ein, ihr erstes Savage-Worlds-Setting als solche zu veröffentlichen.
Natürlich kann man auch innerhalb so einer Kampagne besonders charakterintensives und dramatisches Spiel im Stile von Band of Brothers erleben, doch bietet einem das Buch dazu keine Hilfe. Das die Spieler interessante Charaktere an die Seite gestellt bekommen, die sie als Freunde oder Feinde ansehen können, bleibt komplett dem SL überlassen. Die ganze Plot-Point-Kampagne von N2350 kann man wohl tatsächlich durchspielen, ohne einmal wirklich Interaktion zwischen NSCs und SCs betrieben zu haben. Das wird dadurch noch verstärkt, dass Savage Worlds und auch besonders N2350 sehr auf den Einsatz von Miniaturen setzt und insgesamt durchaus den Eindruck einer Tabletop-Kampagne erweckt, die man mit Rollenspiel-Einflüssen aufbessern kann. Prometheus Games sollte jedenfalls bald passende Minis (Trifolds, als pdf zum selber Ausdrucken) veröffentlichen, um ihr Spiel zu unterstützen.
Die Spielwelt bleibt außerhalb der, für das was sie darstellen wollen sehr gelungen und dank Kartenmaterial auch sehr ansehnlichen Missionen blass. Es gibt die Kirche, ihre Orden und ein paar Konzerne, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen und die Kirche auch als Konkurrenten sehen. Mit dem Grundregelwerk ist also nicht viel Spiel außerhalb der vorgegebenen Regeln möglich. Das gibt dem Spiel zwar einerseits einen klaren Fokus, engt die Gruppe andererseits aber auch ein. Auffällig sind auch die starken Parallelen zum Mutant-Chronicles-Setting, in dem eine mächtige Kirche zusammen mit und auch gegen Megakonzerne die Menschheit vor den Untoten und Monstern der Dunklen Legion zu schützen versucht. N2350 ist im Vergleich zu den Mutant Chronicles aber weit bodenständiger, ernster und nicht comichaft überzeichnet.

Ein nicht unwesentlicher Teil des Regelteils für Spielers beschäftigt sich neben den neuen Talenten für die Ritter mit den zahlreichen neuen Optionen, Ausrüstungsgenständen und Regeln für Krieg. So können die Ritter oftmals Unterstützung in Form von Artillerie bzw. Luftangriffen rufen oder Minenfelder legen. Im Anhang sind dann noch drei Kapitel untergebracht, die es im amerikanischen Original nur als pdf.-Dateien gab. Zudem sind noch mal alle Karten der Missionen groß abgebildet, was immerhin noch mal fast zwanzig Seiten ausmacht.

N2350 ist ein faszinierendes Buch, weil es einen in Deutschland praktisch unbekannten Typ zu Spielen nahelegt. Ob der eigenen Gruppe die Militärkampagne liegt und wie weit man als SL noch weiteres Drama in die kämpferischen Konflikte einbaut, muss jeder für sich selbst entscheiden. Einen Blick wert ist N2350 auf jeden Fall!


Name: Necropolis 2350 {jcomments on}
Verlag: Prometheus Games 
Sprache: deutsch
Autor: Paul "Wiggy" Wade-Williams
Empf. VK.: 29,95 Euro 
Seiten: 282 farbig, Hardcover 
ISBN: 978-3941077195