Star Wars - Living Force
Das Cularin-System liegt am Rande des Outer Rim-Territoriums, aber es ist das Zentrum unzähliger Intrigen, Mysterien und Machenschaften. Tausende erreichen das System jedes Jahr auf der Suche nach Gefahr und Unterhaltung. Sie werden fündig werden. Etwas uraltes, böses ist erwacht um ihnen allen entgegenzutreten…
vom Backcover von Living Force
RPGA, direkt steht das für "Roleplaying Game Association" , indirekt soll es zudem für eine Koalition des guten Rollenspiels stehen, die etwa auf Cons entsprechend fördernd in Aktion tritt (allerdings nur für Mitglieder). Schon immer hat die RPGA auch Produkte veröffentlicht, sogar Abenteuer, doch diese waren dann nicht immer ganz so rollenspielorientiert, wie man sich das wünschen würde ("Moonlight Madness" und vor allem "The Lost Shrine of Bundushatur" (beide AD&D) sind gute Beispiele für besagten Mangel an Qualität, und wie der "Lost Shrine" sowohl das RPGA-Logo wie auch den DungeonCrawl-Schriftzug tragen konnte, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben…).
Nun haben sie sich also auch einen Sektor in den Galaxien von Star Wars gesichert und gleich mit einem Campaign Guide versorgt, der nun erschreckend dünn, verglichen mit den "richtigen" Werken der Küstenzauberer, und als Softcover verarbeitet vor mir liegt. Das Coverdesign an sich entspricht den offiziellen Büchern, nur ist das Motiv hier kein kunstvolles Bild wie bisher gewöhnt sondern vielmehr eine comichafte Zeichnung von sechs Jedis (vier Menschen, ein Wookie und ein Rodianer), die sich lichtschwertschwingend präsentieren.
Nicht gerade umwerfend und leider dennoch eines der besten Werke, die der Band zu bieten hat. Das Backcover zeigt das thematisierte Sternensystem, was auch recht gut aussieht, und bietet zudem den oben übersetzt zitierten Text, so dass man dann doch mal schnell in den Band hinein schaut…
Die 64 Seiten des Bandes präsentieren sich dann optisch ausgesprochen trist. Das liegt weniger daran, dass dieser Band, anders als all die anderen, nicht in Farbe vorliegt, sondern vielmehr an einer einfallslosen Randgestaltung und wieder comichaften, sehr durchschnittlichen und leider nicht gerade stimmungsvollen Illustrationen. Schade, denn bisher war es doch immer gerade der Flair, der die Bücher rettete…
Im übrigen fällt noch eine ziemlich schludrige Bindung auf; ich habe schon schlechtere Bücher gesehen, aber für den selben Preis erhalte ich bei White Wolf ein doppelt so dickes und dabei auch doppelt so stabiles Buch…
Was also bietet der Band, der als geeignete Zeitperiode übrigens "The Rise of the Empire" gelistet hat?
Ein Sternensystem. Das Cularin-System ist komplett ein Werk der RPGA und muss daher natürlich jedem Leser erst einmal näher gebracht werden.
Dies geschieht in den ersten beiden Kapiteln "Cularin System Overview" und "Cularin System Catalog".
Der Überblick umfasst vor allem die Vergangenheit des Systems, die mit Handelskriegen und Revolutionen ausgesprochen bewegt war, und schildert sie auf fünf Seitens sehr kompakt, aber ausreichend.
Der Katalog nimmt mit 36 Seiten den meisten Platz des Buches ein und beschreibt nach und nach alle Orte des Systems, also fünf Planeten mit ihren Monden und den darauf beheimateten Rassen (wobei die Tarasin, Echsenmenschen von der Kernwelt Cularin, auch spielbar sind) sowie den obligatorischen Asteroidengürtel.
Apropos obligatorisch: das trifft die beiden Kapitel sehr gut zu.
Es ist klar, dass es hier primär darum ging, ein System für viele, viele Cons zu schaffen, dennoch entsteht sehr der Eindruck eines Déjà-vus, so als ob alle Highlights des Star Wars-Universums irgendwie auch in diesem System existierten. Riesige Städte, kleine Farmdörfer, Minen voller Tücken, fliegende Tibana-Gasminen … alles doch sehr bekannt.
Auch Kapitel 3 entleiht sich viele Sachen aus anderen Quellen, wenn es die "Power Groups in Cularin" beschreibt. Da gibt es das Metatheran Cartel, eine große Handelsgruppierung, die langsam ihre Macht ausweitetet und primär in den Händen zweier weiterer, neuer und spielbarer Rassen, den Caariten (ein Meter große, blass pink gefärbte Humanoide mit interessant geformter Schnauze) und den Filordi (vierbeinige, feingliedrige und asexuelle Wesen), liegt und in seiner Ausprägung recht bekannt wirkt.
Natürlich gibt es auch das organisierte Verbrechen mit diversen Gruppen und ihren Führern, selbstredend steht auf der anderen Seite eine massive militärische Macht, die, wie man es kennt, als erste Amtshandlung eines frisch gewählten Politikers etabliert wurde.
Man muss aber zugegen, dass alles in sich stimmig ist und trotz den geringen Platzes schön ausgearbeitet wurde, es ist eben nur nichts Neues vorzufinden.
Erstmalig wirklich fesseln konnte mich dann das vierte Kapitel: "Mysterious Places". Hier bewiesen die Autoren auch mal Mut zur Eigenkreation. Neben eigenartigen Dingen im Asteroidengürtel, unterirdischen Kavernen und Höhlenstädten findet sich auf den sechs Seiten auch etwa eine unter mysteriösen Umständen verlassene, aber an sich noch fliegende Tibana-Gasmine oder eine scheinbar verlassene Festung der Sith - wundvolle Ort, um einen tapferen Padawan hinzuentsenden.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der "Almas Academy", der Jedi-Akademie im Cularin-System. Sie wird recht detailliert vorgestellt, wirft einmal einen interessanten Blick in das Curriculum eines solchen Ortes (wobei man sich hier fragen muss, inwieweit die Herren der RPGA da in Rücksprache mit Lucas Film gearbeitet hat) und stellt ein paar interessante Nichtspielercharaktere vor, etwa den Akademievorsteher Lanius Qel-Bertuk oder den Droiden E1-6RA, der einst zur Spionage in die Akademie geschleust wurde.
Natürlich erfährt man dann auf den verbleibenden paar Seiten noch mal, wer die RPGA und wie lobenswert ihr Tun doch ist, ebenso wohin wir unser Geld zu bringen haben, um ein Mitglied zu werden, aber das ist ja nur zu erwarten gewesen.
Abschließen wird dann noch kurz die Charaktererschaffung für einen gültigen RPGA-Charakter zusammengefasst; praktisch für Interessierte.
Nun, was ist also von dem Band zu halten.
Wer Mitglied der RPGA ist und in die Richtung aktiv sein möchte, der kommt wohl kaum an Living Force vorbei, denn anders ist dieses Setting ja nicht zu erwerben.
Was ist aber nun mit jenen, die nur am Hintergrund interessiert sind, nicht aber an der RPGA? Der Band, so hässlich er auch ist, ist inhaltlich sicherlich nicht schlecht und keine Katastrophe wie der Spielleiterschirm, aber auch kein Überflieger. Man erhält nur recht wenig Seiten für teure Dollars und von denen ist vieles auch nur sehr bedingt zu empfehlen. Regelfanatiker werden mit drei spielbaren Rassen kaum auf ihre Kosten kommen, mehr aufs Erzählen versierte Gruppen erhalten aber zumindest einige brauchbare Inspirationen.
Generell kann ich den Kauf des Bandes aber nicht empfehlen. Wer nun partout auf der Suche nach neuen Informationen und Ideen für seine Kampagne ist, dem sei The Rebellion Era verstärkt ans Herz gelegt, wer nun aber entweder mit der Epoche oder dem offiziellen Hintergrund ein Problem hat, der findet mit Living Force vielleicht zumindest einen Ansatz dessen, was er sucht.{jcomments on}