Star Wars - The Dark Side

Wenn du nur um die Stärke der Dunklen Seite wüsstest…
Übersetzung vom Backcover von Dark Side

Wer die entsprechende Rezension gelesen hat, der weiß vermutlich, dass ich vom Star Wars D20 - Grundregelwerk nicht unbedingt erbaut war. Nur hielt mich die Enttäuschung des Grundbuches doch nicht davon ab, der englischen Product Line weiter zu folgen … was sich zumindest teilweise als klug erwies.
Das Buch, dass mich nach dem Grundbuch erstmalig wieder alleine durch seine Ankündigung in seinen Bann schlagen konnte, war The Dark Side.
Dabei war es weniger seine Existenz als Rollenspielquellenbuch als solches, die mich reizte, sondern vielmehr das Thema selbst. Denn die dunkle Seite war doch stets nicht nur ein Kernaspekt vom Krieg der Sterne gewesen, es war auch immer einer der interessantesten.
In den Filmen, wie auch in den Comics und den Romanen, waren die dunklen Jedi doch stets einige der beliebtesten Charaktere, im Falle von Episode I: the Phantom Menace sagen ja sogar viele, der dunkle Jedi Darth Maul sei einer der wenigen Gründe, den Film überhaupt zu sehen.
Passend dazu sieht man auf dem Cover des Buches, welches übrigens wiederum in einem weit über dem amerikanischen Standart liegenden Hardcover daher kommt, gleich drei der beliebtesten Charaktere der dunklen Seite.
Zur Linken hockt Darth Maul, der tätowierte Meisterkämpfer und Publikumsliebling aus Episode I, zur Rechten hechtet Mara Jade, ehemalige rechte Hand des Imperators und fester Teil der Besetzung der den Filmen nachfolgenden Romane, und in der Mitte, wie könnte es anders sein, erhebt sich die imposante Gestalt des Lord Vader.
Jon Foster hat dem Cover einen sehr eigenen, fast postapokalyptisch zu nennenden, Stil gegeben, der regelrecht zum Kauf treibt.
Dreht man das Buch jedoch herum, erblickt man die zweite Hälfte von Fosters Werk, wiederum drei dunkle Lords zeigend, von denen den Meisten aber nur Imperator Palpatine in der Mitte bekannt sein sollte. Ich behaupte einfach mal, wer sich nicht wirklich intensiv mit Star Wars auseinander setzt, dem sollte weder Naga Sadow noch Darth Bane etwas sagen … dennoch erblicken wir sie nun auf dem Backcover. Während die beiden jedoch noch recht gut aussehen, wirken sowohl der Imperator als auch der karge Hintergrund wenig überzeugend, was schade ist, schmälert das Rückcoverbild irgendwie den gelungenen, optischen Gesamteindruck des Werkes.
Ein Blick ins Innere weiß aber zu vertrösten, denn hier haben WotC mal klar gezeigt, wie verdammt überlegen ein Vierfarbdruck einem schwarzweißen Quellenbuch sein kann. Das gesamte Buch wirkt überaus düster, der finstere Rand mit den verzerrten Zahlen und dem Stormtrooper wirkt in der Tat wie ein Gegenpol zum hellen und klar geordneten Barcode-Rand des Grundregelwerks. Die Illustrationen tragen den finsteren Stil weiter, und sieht man mal von den Bildern von Douglas Alexander Gregory ab, der wie schon beim Grundregelwerk die Archetypen und dergleichen illustriert hat und mir vom Stil nach wie vor nicht zusagen will, kann man das Buch hier schon als eine Wucht bezeichnen. Filmphotos waren zu erwarten und sind auch enthalten, qualitativ zwischen gut (Seite 5), äußerst ungünstig (Seite 46) und peinlich (Seite 135) schwankend, aber nebenher gibt es finstere Illus, teils comicartig, teils auch in Form der psychedelisch-verstörenden Collagen von Ashley Wood, die es mir ganz besonders angetan haben.
Die vorherrschenden Farben sind Brauntöne, und alleine das ist schon sehr Wirkungsvoll. Man denke an Filme wie Alien 3 und man kann sich vorstellen, was ich damit meine. In diesem Bereich also volle Punktzahl für die Wizards, Zeit, sich das Buch mal inhaltlich anzusehen…
Das generelle Thema sollte ja jedem hinreichend bekannt sein.
Die dunkle Seite ist jene finstere, korrumpierende und durch und durch verderbende Kraft, die es Darth Vader erlaubt, Leute auf weite Distanz zu erwürgen und den Imperator Blitze schleudernd durch den Thronsaal laufen lässt.
Doch sie ist auch die subtile Verlockung, der sich alle Jedi gegenüber sehen, eine Verlockung, der selbst der große Held der alten Trilogie, Luke Skywalker, mehr als nur einmal anheim zu fallen droht … und die in den, den Filmen nachfolgenden Romanen und Comics, auch Zeitweise mal darin erfolgreich ist.
Ein weites Spektrum gibt es abzudecken, und die Frage ist natürlich, ob dies Dark Side gelingt.
Aber fangen wir vorne an.
Das erste Kapitel nach der Einleitung ist erst mal sehr allgemein und bringt einen Überblick über die Macht und Ausbreitung der dunklen Seite quer durch alle Zeitebenen. Dabei besteht "The Dark Side", so der Name des ersten Kapitels, eigentlich nur aus einer großen Zeitleiste, aber die Funktion, einen Überblick zu liefern, erfüllt es trotz seiner gerade mal nur fünf Seiten umfassenden Länge ziemlich gut.
"Playing the Dark Side", so der Name von Kapitel 2, befasst sich mit einem Thema, dass wohl viele interessieren dürfte und im alten Rollenspiel von WEG (in Deutschland von Welt der Spiele/Cutting Edge) komplett untersagt war: Spielercharaktere auf der Dunklen Seite der Macht. Satte 27 Seiten widmen sich dem Thema, wobei hier allerdings sehr mit Regeln um sich geworfen wird.
Sicher, wer die dunkle Seite vollkommen gemäß D20 spielen will, wird sich sehr über besagte Regeln freuen und ihnen entgegenfiebern, ich persönlich war aber recht enttäuscht, da die moralischen Aspekte, die Verlockung und die Abhängigkeit der dunklen Seite, vollkommen ausgespart bleiben.
Statt dessen findet man Templates für "Tainted Characters", also Charaktere die von der dunklen Seite "verlockt" werden … aber wie gesagt, die werden einem nur regeltechnisch vorgelegt, wobei es mir doch eher egal ist dass ein solcher Charakter einen "+2 dark side bonus" auf jede Probe, die mit der dunklen Seite zu tun hat, bekommt, wenn mir zum ganzen Komplex der Verlockung gerade mal 5 ½ Zeilen an Informationen geboten werden.
Naja, weiterhin findet der D20-willige Spieler dann noch alles, was er über die Regelmechanismen vollwertiger "Dark Side Characters" wissen muss, angefangen bei neuen Skills und dunklen Kräften der Macht, über neue Feats bis hin zu acht neuen Prestige-Klassen, als da wären der Dark Side Devotee, der Dark Side Marauder, die Emperor's Hand, die Dark Force Witch, den Imperial Inquisitor sowie den Sith Acolyte, den Sith Lord und den Sith Warrior, welcher übrigens in der Illustration von Herrn Gregory eher wie ein Charakter aus Warhammer 40k als wie ein Sith aussieht.
Nachdem die Spieler nun also versorgt sind, widmet sich das nächste Kapitel logischerweise der anderen Partei am Spieltisch, die nächsten 18 Seiten stehen unter dem Motto "Gamemastering the Dark Side".
Das Kapitel ist zwar recht kurz ausgefallen, aber dennoch lässt The Dark Side hier seine (ihre?) Muskeln spielen.
Das im vorigen Kapitel so angekreidete Defizit an Hintergrundinformationen wird zumindest dem GM hier nachgereicht, und alles, von der Auswirkung einer langen "Mitgliedschaft" bei der dunklen Seite, über ihren Reiz und die damit verbundene Macht bist hin zu möglichen Arten, eine Kampagne auf der Dunklen Seite aufzuziehen, hier werden wohl die meisten Fragen eines Spielleiters gut beantwortet.
Dabei halte ich dem Kapitel auch sehr zugute, dass es relativ losgelöst aller Regelfragen steht. Zwar gibt es auch hier Regelmechanismen, aber das Maß stimmt hier einmal und auch wer das Spiel selbst in nächster Zeit nicht spielen will sondern nur allgemeine Infos suchte, wird hiermit glücklich werden.
Danach erreicht man dann Kapitel 4, "Dark Side Equipment", dass gerade mal mit zehn Seiten daher kommt, so aber alles, was an Sith-Ausrüstung interessant sein könnte, exzellent komprimiert und gerafft auflistet, ohne unnötig Platz zu verbrauchen. So werden dem Leser zunächst die Waffen und Rüstungen der Sith (Sith und Massassi Lanvarok, Double-Bladed Lightsaber, Sith-Schwert (eine klassische Blankwaffe) sowie die Dark Armor) vorgestellt, gefolgt von Fahrzeugen und Raumschiffen (Sith Speeder, Sith Infiltrator und Sith Battleship), Droiden (Interrogator Droid, Mark III und der Sith Probe Droid) sowie anderer Ausrüstung (Alchemische Apparate und das Gift der Sith).
Dabei werden die Gegenstände auch immer angenehm ausführlich beschrieben, eine pure Werteliste ist es also nicht.
Die letzten drei Seiten präsentieren dann noch magischen Gegenstände, oh Verzeihung, hier sind es natürlich "Sith Artifacts" … na ja, wer's denn braucht, der hat's nun.
Erschreckend groß kommt dann Kapitel 5 daher, "Dark Side Traditions".
Im Endeffekt ist dies wiederum ein Kapitel mit den Werten mehr oder weniger bekannter NSCs, aber dies auf satten 42 Seiten.
Dabei präsentiert das Buch die Charaktere in verschiedenen Sinnabschnitten, namentlich "The Sith Empire", "The New Sith", "Sorcerers of Tund", "Nightsisters of Dathomir", "The Dark Jedi", "The Return of the Sith", "Jedi Hunters", "The New Order", "Prophets of the Dark Side" und "The Shadow Academy".
Naja, die präsentierten Hintergründe sind dabei auch durchaus interessant, gerade Charaktere wie der den Romanlesern wohl bekannte Exar Kun, Mara Jade oder Jerec aus dem PC-Spiel Jedi Knight sind auch durchaus wert, mal genannt zu werden, aber zum einen frage ich mich, ob all diese NSCs hätten sein müssen, sie verbrauchen ja doch viel Platz und einige von sind wirklich sinnlos, zum anderen Frage ich mich, ob ich wirklich Werte für Charaktere wie den Imperator brauche … na ja, wer's braucht…
Interessant ist auch der Vermerk bei Charakteren, die schon im Grundbuch standen:
"Hinweis für Spielleiter. Die hier präsentierten Werte weichen von denen, die im Grundregelwerk präsentiert wurden, ab. Während die Werte hier eine wesentlich holistischere Interpretation der Kräfte von [Name des NSCs] darstellen, funktionieren beide Version perfekt für die meisten Rollenspielzwecke."
Aha, sehr … interessant.
Insgesamt sind Teile des Kapitels wegen ihrer Informationen über die eigentlich ja namensgebenden Traditionen der dunklen Seite recht interessant, aber ein Großteil erscheint mir schlicht unnötig.
Kapitel 6 ist dann natürlich die logische Fortsetzung des Vorhergegangenen: "Creatures and Archetypes" erwarten uns.
Nach einem kurzen Überblick folgt zunächst "The Physical World: Dark Creatures", was weniger überzeugen kann (wer bitte braucht in diesem Buch Werte für eine "Battle Hydra" oder "Hssiss (Dark Side Dragon)"?).
Nun, zumindest die Massassi werden einem genaueren Blick unterzogen, was wiederum zu gefallen weiß.
Darauf folgt dann der Abschnitt "Sith Mutants", der durchaus interessante Schöpfung aus den Labors der Dunklen Lords bietet, aber auch einige "verirrte" Einträge wie den "Sith War Droid", den ich doch eher ins Equipment-Kapitel gebannt hätte.
Der letzte Abschnitt vor den wenig überraschenden 14 NSC-Archetypen (in je drei Stärkestufen) widmet sich dann noch "The Supernatural: Dark Spirits". Dabei ist der eigentliche "Dark Side Spirit" auch interessant geraten, der noch hinten dran gequetschte "Guardian Spirit" wirkt nicht nur aufgrund seiner Bewaffnung (Keule, Schwert oder schwere Kampfaxt) wie ein weiteres Produkt des D20-Anteils (und seiner Fantasy-Wurzeln) des Systems.
Wer harte Fakten und Werte suchte, wird nun also bereits frohlocken, boten doch die letzten 69 des insgesamt 159 Seiten dicken Buches primär eben solche, alle anderen dürften doch eher entnervt sein, doch das siebte Kapitel weiß wiederum zu vertrösten:
Kapitel 7 widmet sich auf den verbleibenden 19 Seiten noch einmal klar dem Hintergrund: "Dark Side Campaigns" wurde es treffend betitelt.
Der geneigte SL erfährt genaueres über die verschiedenen Zeitepochen (The Old Republic, The Rise of the Empire, The Rebellion Era und The New Jedi Order Era), er erfährt, was es mit Orten der dunklen Seite auf sich hat und wie diese auf Jedi und Nicht-Jedi wirken und kriegt dazu einige Beispiele.
Weiterhin wird ihm noch das Konzept einer "Sith Campaign" vorgeführt und er bekommt eine umfassende Einführung in eine bisher noch nicht im Rollenspiel erwähnte Ära, nämlich die Zeit des großen Kampfes der Sith gegen die Jedi, 5000 Jahre vor der Schlacht um Yavin.
Abschließend, nachdem man das Buch nun durch hat, kann man sagen, dass sich die Anschaffung durchaus gelohnt hat. Die grafische Gestaltung weiß insgesamt sehr zu gefallen, einige Peinlichkeiten hätten zwar vermieden werden können, aber sie überwiegen nicht. Inhaltlich wird eigentlich jeder recht gut bedient, sowohl der Regelfanatiker als auch der Hintergrundliebhaber … Mitteldinger dazwischen natürlich sowieso.
Wer also Star Wars D20 spielt und eine Supplement dazu sucht, dem sei The Dark Side wärmstens empfohlen, trotz seines durchaus hohen Preises von $29,95. Wer jedoch einfach nur Informationen über die dunkle Seite ohne Relevanz fürs Rollenspiel sucht, der sei zumindest darauf hingewiesen, dass er auch viele für ihn belanglose Seiten "mitbezahlt". Abschließend konnte mich das Buch aber durchaus ordentlich nach der Enttäuschung durch das Grundbuch vertrösten.


Name: The Dark Side Sourcebook
Art: Quellenbuch 
Seiten: 159
Sprache: Englisch {jcomments on}
Autor: Slavicsek, Wiker 
Verlag: WotC