Star Wars - D20 Core Rules Revised

Vor einer langen Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxie…
vom Backcover von Star Wars Revised

Irgendwo war es ja abzusehen.
"Star Wars D20" war in vielen Punkten unausgegoren, in vielen anderen Punkten, vor allem in Sachen Layout, klar ein Merchandise-Produkt zu "Episode I - The Phantom Menace" - da war es fast nur eine Frage der Zeit, bis eine revidierte Fassung das Licht der Welt erblicken würde.

Nun, so liegt das Buch nun vor mir. Leicht zu bekommen war es anfangs nicht, dass haben die Wizards-Sachen aber ja mittlerweile so an sich (man denke auch nur an die anfänglichen Lieferprobleme bei "Cthulhu D20"), billig war es ganz, ganz sicher auch nicht, denn 40 US-$ sind alles, aber kein Schnäppchen, doch nun liegt es hier, und es beeindruck einen schon.
Das neue Cover von Tommy Lee Edwards ist von Stil und Motiv her deutlich von dem der ersten Edition zu unterscheiden und schafft eine ganz gute Mischung zwischen der klassischen Trilogie und den Prequels.
So erblicken wir auf dem Frontcover Anakin (EP-II - Ausführung), Amidala, Vader, Obi-Wan (EP-II - Ausführung), Luke, Han, Leia und den Imperator Palpatine, davor den Millennium Falcon, einen X-Wing sowie irgendein Flugdings aus dem Angriff der Klonkrieger und im Hintergrund schließlich den Todesstern aus "Return of the Jedi".
Das Backcover missfällt mir motivisch etwas mehr, ist aber eigentlich nur die andere Hälfte des rund um das Buch gelegten, länglichen Bildes. Hier finden wir Count Dooku, irgendeine Frau mit Laserschwert (könnte Mara Jade sein), Chewie, Mace Windu, Yoda (mit dem netten Gesichtsausdruck der Puppe und nicht der Griesgrammiene des CGI-Yodas aus EP-II), Obi-Wan (dem Alten diesmal), C3PO und R2D2, einem der Fetts (der glänzenden Rüstung nach wohl eher Jango Fett) sowie einen imperialen Sternenzerstörer, eine Lambda-Fähre sowie weiteres Flugzeugs aus den Prequels.
Soweit also zumindest recht hübsch, wenn auch von bisher ungekanntem Stil, aber durchaus ebenso gelungen wie das dualistische Cover der ersten Edition von Drew Struzan.

Nun, schauen wir mal weiter, was genau die revidierte Fassung uns nun bieten soll, dass die erneute Anschaffung des mittlerweile um 10 US-$ im Preis angestiegenen Grundregelwerks rechtfertigen soll.
Vorweg sei in diesem Zuge ein herrliches Feature des Buches erwähnt, dass ich mir auch von anderen neuen Regeledition wünschen würde: zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es einen kleinen Kasten, der über die Neuerungen informiert und so ein Update auch leicht macht.

Aber fangen wir mit dem Ersteindruck an. Das Buch ist sehr dick geworden (mit rund 380 Seiten überbietet es die Vorgängerausgabe um gut 60 Seiten), hat ein den Platz weit besser ausnutzendes Layout, ist weiterhin durchgehend in Full Colour, verwendet ein besseres Papier, ist vollkommen robust gebunden und hat weit schönere Fotomotive. Rein optisch also noch weit mehr als sein Vorgänger ein Buch zum verlieben.
Einzig die in der Vorgängeredition reichlich durch das Buch verteilten Filmzitate sind größtenteils weggefallen, aber damit kann man wohl leben.

Nach dem Vorwort von Stephen J. Sansweet (seines Zeichens recht namhafter Star Wars-Experte) und einigen einleitenden Worten von Entwickler Bill Slavicsek folgen erst einmal gut zehn Seiten über das System und das Rollenspiel als solches. Bekanntes Material also, angereichert mit einem generellen Rundflug über die Mechanismen von D20 und nichts, was einen jetzt echt von den Beinen reißt. Einzig das Fehlen der Templates aus der Vorgängeredition fällt ins Auge.
Es folgt Kapitel I, "Abilities". Hier hat sich im Vergleich zu ersten Edition generell kaum etwas verändert, hier wurde nur ein Wenig gerafft. So sind etwas die vergleichenden Tabellen, in denen man jeweils seine Stats mit denen berühmter Star Wars-Charaktere messen konnte, aus dem Buch geflogen, aber das ist auch nicht wirklich schlimm. Immerhin hat damals unser X-Wing-Pilot mit einem Charisma unterhalb von dem eines Jar Jar Binks und seiner Geschicklichkeit von Darth Maul für genügen Belustigung gesorgt, um diesen Schritt zu verstehen.

Wie auch in der alten Edition folgt im zweiten Kapitel dann die Wahl der "Species". Hier ist aber auch schon der erste Einfluss der neuen Edition zu bemerken, denn aus den ehemals 10 spielbaren Rassen sind sage und schreibe 17 geworden. So gesellen sich zu den schon bekannten Menschen (sollte klar sein), Cereanern (etwa Ki-Adi Mundi), Ewoks (auch klar, denke ich), Gungans (Jar Jar und Konsorten), Ithorianer (die mit dem flachen, Hammerförmigen Kopf), Mon Calamari (Admiral Ackbar), Rodianer (Greedo), Sullustaner (etwa Nien Nunb, Landos Kopilot in der Schlacht um Endor), Trandoshan (komische Echsentypen, bei den Kopfgeldjägern, die das Imperium auf Han Solo ansetzt, ist einer dabei), Twi'lek (etwa Jabbas Diener Bib Fortuna) und den Wookies (auch klar, oder?) noch folgende neuen Rassen: Bothans (ehemalige Spione der Rebellen, Romanlesern wohl besser bekannt), Duros (ohne berühmten Auftritt bisher), Gamorreaner (Jabbas Schweinewachen), Kel Dor (cool, aber auch ohne bekannten Vertreter), Quarren (Wesen mit vier Tentakeln rund um den Bund, konnten u.a. in Jabbas Palast gesehen werden sowie die Zabrak (stellen einige Jedi in EP-II).
Nicht schlecht also, und auch das Layout wurde merklich aufgewertet, denn die Bilder der Rassen sind nicht mehr, wie aus unverständlichen Gründen in der ersten Edition gesehen, in schwarzweiß, sondern in Farbe abgedruckt, was bedeutend stimmiger und beeindruckender aussieht.

Kapitel 3 hat die "Classes" zum Thema und bietet eigentlich, neben allerlei kleinen Detailveränderungen bei den bekannten Klassen, vor allem eine Neuerung: den "Tech Specialist". Zwar ist der bekannteste Vertreter der Klasse, den das Buch selber aufführt, Watto, aber ich denke, auch Chewie mag in den Augen vieler auch eben so ein Bastler sein und es ist schon schön, diese Klasse nun auch hier vorzufinden.

Das vierte Kapitel dreht sich um die "Skills", und hier wurde wieder viel Arbeit hinein gesteckt. Generell sind alle Skillbeschreibungen komplett überarbeitet worden in dem Versuch, die teilweise wirklich schwammigen Definitionen der alten Edition einmal ins rechte Licht zu rücken, was schon einmal eine merkliche Verbesserung ist. Dahingegen fallen die neuen Skills, etwa "Balance" und "Illusion" kaum ins Auge.
Was aber noch auffällt ist die komplette Umsortierung des Kapitels. Die alten Core Rules trennten ja noch strickt zwischen den Skills und den Force Skills, diesmal sind sie nun alphabetisch geordnet und die Kräfte der Macht dadurch abgehoben, dass ihre Überschrift jeweils in rot gedruckt ist - auch das ist ein lobenswerter Schritt nach vorne, das alte Regelwerk war geradezu ein Fluch, was die Übersichtlichkeit betrifft.

Auf die Skills folgen in Kapitel 5 natürlich die "Feats", und hier wurden ganz ähnliche Änderungen vorgenommen. Die wohltuende alphabetische Sortierung findet sich hier genauso wie die neu verfassten Beschreibungen, Force Feats werden rot vom Rest abgehoben etc.
Einige kleine Änderungen gibt es auch, beispielsweise wurde zwischen den Skills und Feats einiges umhergeschoben (so etwa Force Lightning, der nun ein Skill ist) und allerlei verbessert - sicher kein alleiniger Kaufgrund, aber schön, dass es so durchgeführt wurde.

Auch Kapitel 6, "Heroic Characteristics", bietet inhaltlich das gewohnte Bild. Zwar wurde hier einiges aktualisiert (alleine aufgrund der neuen Rassen) und auch hier das eine oder andere, etwa die Reputationsmechanismen, ausgetauscht, aber neben dem - wie im ganzen Buch - bedeutend schöneren Layout gibt es keine auffälligen Neuerungen.

Chapter 7 behandelt auch weiterhin das "Equipment"-Kapitel, und hier finden sich wieder einige kleine, aber feine Neuerungen.
So wurden einige neue Ausrüstungsgegenstände hinzugefügt, vor allem aber nahezu jeder Gegenstand mit einer eigenen Illustration versehen. Das ist auch vor allem bei den Blastern und den Rüstungen mal ganz schön, denn wer weiß schon vom Namen her was nun eine Heavy Blaster Pistol um Vergleich zu einem Heavy Repeating Blaster ist oder wie eine Corellian Powersuit aussieht.
In Sachen Rüstungen hat sich aber ohnehin etwas sehr wichtiges getan, denn die komplette Regelmechanik wurde verändert. Bisher wirkte sich eine Rüstung D20-typisch insoweit aus, dass sie einen Bonus auf die Defense gab, nun reduziert sie aktiv den Schaden. Ein Schritt weg von der Regelgrundlage, aber einer, den ich sehr begrüße und der das ganze System doch etwas flüssiger und runder wirken lässt.
Abschließend wurden noch eine Mechanismen gleichgeschaltet, so dass nun alle Waffen - sofern möglich - auf gleicher Weise auf Betäubung geschaltet werden und der Schaden aller Granaten auf die selbe Art und Weise abgewickelt wird.

Der Rüstungsmechanismus nimmt aber natürlich auch Einfluss auf das folgende, achte Kapitel: "Combat". Die Regeln wurden hier im Hinblick auf das Spielgleichgewicht leicht modifiziert, wurden um einige Errata ergänzt und haben vor allem eine wichtige Neuerung abgekommen: die aus dem regulären D20-Regelwerk schon bekannten Attacks of Opportunity wurde eingeführt. Die werden zwar etwas umständlich und mit recht bizarren Diagrammen erklärt, beschleunigen das Regelwerk aber doch noch mal entscheidend und bringen auch in diesem Bereich eine deutliche Verbesserung in die Revised Edition ein…

Das neunte Kapitel, "The Force", wurde nur bedingt überarbeitet. Die meisten Veränderungen sind wieder im Detail zu finden und gehen hier vor allem auf massivere Wünsche seitens der Spieler zurück - immer schön, wenn diese auch erhört werden. Außerdem gibt es einen guten Teil mehr Informationen zur dunklen Seite, sicherlich ein Einfluss des zwischen den beiden Editionen erschienenen "Dark Side Sourcebooks", dennoch ist das Kapitel noch immer sehr kurz und gerade hier hätte man sich mehr erhoffen können. Aber da muss man wohl bis Herbst 2002 warten, bis "The Power of the Jedi" das Licht der Welt erblickt.

Danach geht es weiter zu einem weiteren Herzstück eines jeden Science Fiction-Systems: "Vehicles". Und eine wahrhaft angenehme Überraschung erwartet jeden, der die alte Edition noch kennt! Denn das alte, sehr abstrakte Kampfsystem ist Vergangenheit, für Fahrzeuge gilt fortan ein System, ganz ähnlich dem für den Personenkampf. Dahingehend wurden natürlich dann auch alle Werte nachjustiert.
Dies war mit Sicherheit eine der besten Taten der Entwickler, denn so wirkt das System nun weit runder und durchschaubarer als früher.

"Starships" erging es ähnlich, auch hier wurde das abstrakte Kampfsystem über Bord geworfen, alles wurde übersichtlicher und einfacher gehalten als bisher. So gibt es einige schöne Manöverdiagramme, es gibt einige Tipps, was Spieler so alles bei einem Raumkampf tun können (praktisch, wer kennt nicht das Problem, dass in dem Moment, wo der Raumkampf losgeht, die Hälfte der Spieler ohne Aufgabe dasteht?), eine neue, um Lichtjahre bessere Übersichtskarte zur Galaxis und natürlich auch hier allerlei neue Fahrzeuge aus Episode II, etwa das "Rothana Heavy Engineering LAAT/i Attack Gunship" oder der "Jedi Starfighter".

Kapitel 12, "Gamemastering", wurde auch merklich überarbeitet und aufgeklärt. Noch immer findet sich hier alles, was ein D20-SL so während einer Sitzung brauchen mag, aber wesentlich besser erklärt und obwohl nur etwa zehn Seiten länger als früher bei weitem nicht mehr die Textwüste der ersten Edition. Im Gegenteil, sogar jede einzelne Prestige Class hat eine eigene, halbseitige Illu bekommen - lobenswert und schön.
Weiterhin sind noch einige mehr oder weniger nützliche Unterpunkte hinzugekommen, etwa Regeln für Geländegefahren, Richtlinien zum Erschaffen von Gemeinschaften (von einer kleinen Siedlung hin zur Metropole) uvm.
Weiterhin ein sehr lesenwertes Kapitel.

"Eras of Play" dreht sich nach wie vor um die berühmten Charaktere alle Ären, wobei hier natürlich jede Menge Charaktere aus Episode II hinzugekommen sind, jedoch sonst einige wirklich sinnvolle Änderungen durchgeführt wurden.

So sind Charaktere, die verschiedene Zeitepochen umspannen, nun in einem Eintrag zusammengefasst, was bedeutend der Übersicht entgegen kommt und andere, wirklich interessante Charaktere des Expanded Universe wie Jorus C'baoth wurden ebenso hinzugefügt.
Belustigt stellt allerdings im selben Zuge auch fest, dass nahezu alle Charaktere, die nur in Episode I von Bedeutung waren, im Zuge des Updates verloren gingen. Kein Jar Jar Binks, kein Watto und kein Sebulba mehr, aber auch Qui-Gon Jinn oder Darth Maul sind geflogen.
Da fragt man sich ja, was passiert, wenn Episode III erscheint…

Am nächsten Kapitel, "Allies and Opponents", hat sich auch nicht viel geändert; das obligatorische Update wurde durchgeführt, ebenso gibt es nun neue Regeln zum Erschaffen von Kreaturen - das war's dann aber auch schon.
Allerdings war mehr auch kaum nötig, seinen Zweck erfüllte es auch in der ersten Edition schon recht gut…

Und damit wären wir auch schon im letzten Kapitel des Buches angelangt: "Droids."
Richtig, ein Einführungsabenteuer wie "Shadows of Coruscant" im alten Grundbuch gibt es diesmal nicht, das Buch endet bereits mit den Droiden.
Diese wurde, oh wunder, um jene aus Episode II erweitert, generell etwas überarbeitet und - und das ist echt eine sinnvolle Neuerung - um Regeln zum Thema "Droiden als Spielercharaktere" erweitert. Das ist wirklich ein Pluspunkt, denn was wäre die klassische Trilogie ohne C-3PO oder R2-D2 gewesen, und wie viel Farbe würden diese beiden Charaktere doch als reine NSCs lassen müssen…

Somit ist das Ende des Buches - und dieser Rezension - erreicht und es gilt, ein Fazit zu ziehen.
Fest steht, dass das "Star Wars D20 Revised Core Rulebook" ein optisch wunderschönes Werk geworden ist, dass zwar nicht gerade seinesgleichen suchen muss, aber doch auch völlig überzeugen kann. Es kommt sofort Star Wars-Feeling beim Lesen auf und in Sachen Atmosphäre ist das Buch klar ein Gewinner.
Regeltechnisch hat man auch extrem gut zugelegt und es ist überraschend, wie viel die Wizards doch verbessern konnten, ohne ihrem Kern ganz zu entschwören.
Dennoch profitiert das Werk doch gerade auch sehr davon, dass man in einigen Punkten dem regulären D20-Regelkanon entsagt hat und wer Star Wars nach D20-Regeln spielen will, der ist mit dem Revised Rulebook doch deutlich besser beraten als mit der alten Ausgabe.
Ob sich für Besitzer jener alten Ausgabe aber auch ein Neukauf lohnt, muss jeder selber wissen, ebenso wie die ganz grundsätzliche Frage, ob man D20 und Star Wars wirklich kreuzen sollte oder ob es da nicht noch was besseres geben kann, jeder selber beantworten muss.
Im Endeffekt kann man aber sagen: das "Star Wars D20 Revised Core Rulebook" ist eine geradezu bestmögliche Umsetzung des Star Wars-Universums auf den D20-Regelkern, ein teures, aber auch gut gefülltes Buch und Interessenten eindeutig zu empfehlen.


Name: Star Wars Revised {jcomments on}
Verlag: WotC 
Sprache: English
Autoren: Bill Slavicsek, JD Wiker, Andy Collins
Empf. VK.: 39,95 US-Dollar 
Seiten: 383