StarWars - D20 Core Rules
Erlebe das Drama und die epische Tragweite der größten Science-Fiction-Saga aller Zeiten! Übernimm die Rolle eines Jedi-Ritters, der darum ringt, die Republik zu bewahren. Werde ein Rebell und kämpfe darum, den Frieden zurück in die Galaxis zu bringen. Schließe dich den Kräften der Neuen Republik an und kämpfe gemeinsam gegen einen Feind, der von einem Ort jenseits der Grenzen des bekannten Raumes stammt, an. Es erwarten dich Millionen spannender Abenteuer. Was ist Deine Geschichte?
vom Backcover von StarWars
Wir alle kennen sie wohl, jene geniale Science Fiction-Saga, welche seit mehreren Jahrzehnten immer neue Scharen an Zuschauern in ihren Bann schlägt. Wenn die orangegelbe Schrift in einem schrägen Winkel in die Weiten des Weltalls hineinfährt und uns vom Kommen des Kriegs der Sterne unterrichtet, erfreuen sich Jung und Alt daran.
Und auch wenn sich George Lucas in den Augen vieler alteingesessener Fans gerade alle Mühe gibt, die Mystik und den Zauber der alten Trilogie mit seinen Prequels zu zerstören, so ist es doch sicherlich dem enormen kommerziellen Erfolg von Episode I: the Phantom Menace zu verdanken, dass das in dieser Rezension behandelte Buch nun vor mir liegt. Nachdem die Star Wars-Rollenspiellizenz nach dem Knockout von West End Games (WEG) relativ im Nirgendwo verschwunden war, nahmen sich die Küstenzauberer von Wizards of the Coast (WotC) im Schatten des (zumindest kommerziell) Erfolgs des ersten Prequels und im Kielwasser ihres gerade zur Open Gaming Licence ernannten D20-Systems der Thematik an und stampften in relativ kurzer Zeit das vorliegende Werk aus dem Boden.
Rein von außen betrachtet liegt uns jedenfalls ein Prachtexemplar vor. Das optisch schöne Cover/Rückencover, welches uns auf der Forderseite die Helden aus Episode I und auf der Rückseite jene aus der alten Trilogie präsentiert, ist im klassischen Coverstil der Star Wars-Produkte gehalten und überaus schön geraten. Das Buch selbst kommt im Hardcover daher, ist trotz seiner knapp 320 Seiten relativ schlank und handlich und die Bindung ist auch robust.
Der positive äußere, optische Eindruck setzt sich im Inneren fort. Das Buch ist im Vierfarbdruck gehalten, was auch deshalb sehr gut zur Geltung kommen kann, da ein Großteil der Illustrationen aus Filmfotos besteht. Die erzeugen natürlich auch sofort die richtige Atmosphäre, auch wenn man - vermutlich wenig überrascht - feststellen wird, dass Episode I mit seinen 130 Minuten Laufzeit fast noch mehr Bilder stellt als die alte Trilogie, die ob ihrer insgesamt 372 Minuten doch eigentlich mehr Bildmaterial bieten sollte. Aber wie gesagt, das System entstand in der Euphorie um die Prequels, da sollte man eher froh sein, dass das Buch alle möglichen Zeiten abdeckt.
Die optische Gestaltung - wie gesagt, in weiten Teilen herausragend - fällt jedoch in zwei der wichtigsten Kapitel stark ab. Sowohl die Charakterklassen als auch die spielbaren Rassen liegen nur als Zeichnungen vor, letztere sogar nur in unpassendem Schwarzweiß, wobei doch gerade bei ihnen viel Material in den Filmen hätte gefunden werden müssen. Derartige Zeichnungen tauchen im Verlauf des Buches dann noch ein paar mal auf, aber selbst wenn sie perfekt gezeichnet wären, was sie in meinen Augen bei weitem nicht sind, sähen sie natürlich blass aus gegen die farbenfrohen Filmbilder. Aber nun gut, man kann damit leben, der Rest vertröstet da gut. Auch das eigentliche Seitenlayout ist stimmig. Alle Seiten werden von einem barcodeartigen Rand umschlossen und überall im Text finden sich Filmzitate als Versatzstücke. Sehr stimmungsvoll, da kommt sofort wieder das Flair der Filme auf…
Nachdem also die Optik alleine schon ein Kaufanreiz ist (bei mir war es in der Tat so, dass ich das Buch in einem RPG-Laden auf Studienfahrt in Rimini sah, durchblättert und sofort die stolze Summe von 84.000 Lire bezahlte, sah das Buch doch so gut aus), wollen wir uns doch mal dem Inhalt zuwenden. Das Buch kommt zunächst einmal zweigeteilt daher, wie schon durch eine farbliche Differenzierung des Randstreifens intendiert wird: ein Spielerteil und ein Spielleiterteil. Nach zwei Vorworten, eines von Star Wars-Autor Michael A. Stackpole und eines von Spieldesigner Bill Slavicsek und einigen Abschnitten im Sinne von "Was ist Star Wars" und "Was ist ein Rollenspiel" kann man noch einen Haufen Templates, also Ready-to-Run-Archetypen (darunter auch so sinnloseste Kombinationen wie einem ‚Gungan Mystic') durchblättern, bevor man zum ersten richtigen Kapitel kommt: Abilities. Das von einem coolen Bild des Kampfes von Qui-Gon Jinn und Obi Wan gegen Darth Maul in Episode I eingeleitete Kapitel stellt dann auch den ersten Teil der zur Charaktererschaffung gehörigen Kapitel dar.
Und hier beginnt das Rollenspiel seine erste Schwäche zu offenbaren, denn wo andere Systeme geradlinig und hilfreich durch die Erstellung der Charaktere führen und eventuelle Probleme allerhöchstens durch die Komplexität der ausgeübten Vorgänge entsteht, so kämpft man sich hier nach und nach durch die Kapitel "Abilities", "Species", "Classes", "Skills", "Feats" und "Heroic Characteristics" hindurch, und zwar nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Probleme bei der Charaktererschaffung gibt es auch bei den meisten anderen Systemen, aber hier erwachsen sie pur aus der Unübersichtlichkeit des Präsentierten, denn gerade so essentielle Sachen wie die Hitpointberechnung oder ähnliches werden nur im Fließtext erklärt. Der drei Seiten in kleinster Drucktype umfassende Index ist da zwar eine Hilfe, aber keine Lösung. Man ist nun also bereits auf Seite 113 angelangt, hat den absolut unübersichtlichen Charakterbogen so halbwegs ausgefüllt, und wenn jetzt schon der Typ steht, kann man sich ja auch noch durch "Equipment" und evtl. noch "Vehicles" und "Starships" durchwühlen, wobei man sagen muss, dass diese Kapitel natürlich nicht beieinander stehen und man in den Fahrzeugkapiteln nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die jeweiligen Regeln finden, wieder ein Minuspunkt der Übersichtlichkeit. Allerdings ist auch bei weitem nicht alles enthalten, was man sich wünschen kann…
Ein Beispiel? Nun gut: kann mir irgendjemand erklären, warum zwar z.B. der X-Wing und sein Vorgänger, der Z-95 Headhunter, sowie der Y-Wing drin sind, aber alle anderen Flügler wie der A-Wing und der B-Wing aus den Filmen oder Comic- und Romanemporkömmlinge wie der K-Wing und der T-Wing nicht? Ich sehe nur einen Grund: um den Verkauf von Starships of the Galaxy, den Raumschiffband des Systems, besser verkaufen zu können.
Zwischendrin erwecken dann noch die Kapitel "Combat" und "The Force" die Aufmerksamkeit des Lesers, beides essentielle Dinge. Der Kampf wird auf gerade mal 25 Seiten abgehandelt, was aber nicht bedeutet, dass er simpel ist.
Star Wars war schon immer ein heroisches Szenario, wo große Meister verschiedenster Künste große Taten vollbrachten, und das kapiteleinleitende Bild, auf dem man Queen Amidala in einem Feuergefecht sieht, erzeugt direkt wieder ein entsprechendes Bild. Das Spiel selber leider nicht. Auf den 25 Seiten findet sich nur ein einziges Bild, der Rest wird von purem Text, 13 Tabellen und einigen erläuternden Kästen ausgemacht. Und wer sich einmal die zwei Drittel einer Seite ausmachende Tabelle für "Multiple Ranged Attacks" ansieht, der wird nur entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er es wirklich auf cineastische und vor allem dynamische Kämpfe angelegt hatte.
"The Force" hingegen ist ein Hintergrundkapitel, welches optisch zwar dynamisch mit den zwei Jedis aus Episode I eingeleitet wird, die gerade heroisch und schwertschwingend auf den Betrachter zugestürmt kommen, aber so hart es sich anhört: es ist nur ein Hintergrundkapitel, umfasst also nur zehn Seiten. Denn Hintergrund wird im Grundbuch, wie wir gleich noch weiter sehen werden, leider nur stiefmütterlich behandelt… Die Regelmechanismen zur Macht finden sich wieder ganz wo anders, nämlich vorne bei den "Skills" und "Feats". Ja, richtig befürchtet, die Macht liegt diesem System mehr oder weniger in Form von Fertigkeiten zugrunde. Jede funktioniert auf eine bestimmte Art und Weise, braucht verschiedene Grundbedingungen an Skillleveln und bereits erlernten Feats um erlernt werden zu können und kostet einfallsreicher Weise "Vitality Points", als sozusagen Ausdauer. Kreativität seitens der Spieler ist da nur sehr begrenzt möglich.
Nach all diesem Wirrwarr, welches vermutlich schon so manche Gruppe in den Wahnsinn getrieben hat (wie brauchten eine gesamte Sitzung, um die Charaktere zu generieren!), kann man sich ab Seite 188 dem Spielleiterbereich zuwenden. Das dort erste Kapitel (insgesamt nun das Zwölfte), ist das zu erwartende "Gamemastering Star Wars", sogar mit einem Bild aus der Ratssitzung an Bord des ersten Todessternes in Episode IV optisch sehr schön eingeleitet.
Es ist ein qualitativ sicherlich lobenswertes Kapitel, dass sich über gut 40 Seiten erstreckt und so ziemlich alles behandelt, was irgendwie für SLs von Interesse sein könnte. Sei es die Schadensabwicklung, seien es Ratschläge, wie man Abenteuer schreibt oder seien es einfach generelle Arten, Kampagnenstile festzulegen, hier steckt echt viel drin … so viel übrigens, dass auch auf diesen 40 Seiten gerade mal zwei Illus zu finden sind … sehr ermüdend manchmal.
Das nächste Kapitel verspricht vom Titel her ein Heißes zu werden, heißt es doch "Eras of Play" und soll die drei Hauptlinien der Storyline (Episode I-III, Episode IV-VI sowie die Roman-Sequels) dem Leser näher bringen, doch eine Abkühlung folgt schon bald. Nachdem die drei Zeitbereiche auf großzügigen (nicht mal) zwei Seiten abgehandelt wurden, folgen noch einmal 21 Seiten (!) mit Stats der wichtigsten Charaktere. Ich weiß nicht, ob ich einfach nicht zur klassischen Zielgruppe des Spiels gehöre, aber anstatt mich hier mit Werten voll zu laden, die teilweise auch sehr Abstrus sind (Palpatine war in Episode I also gerade mal ein Male Human Noble des dritten Levels? Ah ja…), hätte ich doch einfach mehr Informationen zum Hintergrund haben wollen … und wenn es nur eine einfache Zeitleiste gewesen wäre!
"Allies and Opponents" bilden den Inhalt des nächsten Kapitels, aber neben durchaus interessanten Daten zu weiteren, beliebten Rassen (etwa den Noghri aus der ersten Romantrilogie von Timothy Zahn) und Kreaturen (Tauntauns u.ä.) bekommt man aber hier wieder tonnenweise Werte vor die Füße geworfen … ohne dabei vollständig zu sein, denn etwa generische Werte für Toydarianer, die Rasse, der unter anderem Watto angehört, finden sich nirgends.
Das unmotiviert letzte Kapitel vor dem abschließenden Einsteigerabenteuer bildet dann "Droids", welches versucht, wirklich alles abzudecken, was mit Droiden zu tun hat. Man erfährt, wie es so ist, einen Droiden zu haben, wie sie regeltechnisch funktionieren, was sie können und was sie nicht können und kriegen noch einen Haufen Beispieldroiden geboten, angefangen beim normalen Astromech der R2-Serie bis hin zu den coolen Droidekas der Handelsföderation. Eigentlich eines der gelungensten Kapitel, was nur etwas stört, ist die Lage, denn zumindest den Astromech-Kram und die Protokolldroiden wären auch im Spielerkapitel gut aufgehoben gewesen.
Den Abschluss des Bandes bildet dann ein Miniabenteuer namens "Shadows of Coruscant - the first adventure", welches zur Zeit der Prequels angesiedelt ist und kann alleine aufgrund seiner Thematik auch nicht auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden … weshalb wir es in unserer "Rebellion Era"-Kampagne natürlich auch nie gespielt haben.
Allerdings sieht es zumindest für Einsteiger relativ gut ausgearbeitet aus und alleine die Karten sind schon sehr schön geraten, dass man Lust bekommt, wenigstens mal reinzulesen.
Was noch folgt ist ein kleiner Appendix, der helfen soll, alte WEG-Charaktere zu konvertieren (allerdings sieht das Ganze schon sehr komplex und umständlich aus), ein Schlusswort des Designers, der schon erwähnte Index sowie ein Charakterbogen, der an Unübersichtlichkeit eigentlich nur schwerlich zu überbieten ist.
Bleibt wie immer die Frage, ob das Buch eine Anschaffung wert ist. Designer Andy Collins schreibt in seinem Nachwort, wenn man es sinnwahrend übersetzt: "So, nun ist es Dein Spiel, und du kannst damit tun, was du möchtest. Wenn du zuvor schon andere Rollenspiele gespielt hast, dann denke ich, wirst du dieses hier als eines der robustesten und spielbarsten Systeme empfinden."
Dem stimme ich definitiv nicht zu.
Streckenweise versteht es das Buch von WotC es ja durchaus, die Stimmung von Star Wars zu erzeugen, aber sowie man einmal mit dem Regelteil in Berührung kommt, verfliegt dieser Zauber wieder. Die Macht ist unzureichend umgesetzt, das ganze System, angefangen bei der Charaktererschaffung, bis hin zu den Kämpfen, ist unhandlich und kompliziert gelöst und wer dabei dann mal was nachschlagen will, ist in den vierfarbigen Tiefen des Grundbuches verloren … ein Grundbuch, das zudem preislich noch relativ happig zu Buche schlägt. Klar bekommt man rein verarbeitungstechnisch auch einen adäquaten Gegenwert für sein Geld, aber der Inhalt ist halt etwas problematisch.
Wer unbedingt im Star Wars-Universum spielen will, der kann vielleicht mal einen Blick riskieren, immerhin sollte die WEG-Ausgabe auch kaum noch zu bekommen sein … oder aber er macht sich Gedanken darüber, ob er nicht vielleicht doch ein anderes System für seine Zwecke umschreiben kann, denn (leider!!!) ist dies nicht das erhoffte, perfekte Star Wars-System geworden, was man uns versprach…
Name: Star Wars
Art: Grundregelwerk {jcomments on}
Seiten: 314
Sprache: Englisch