Dark Heresy - Purge the Unclean

Purge the Unclean ist ein Abenteuerband für Dark Heresy, dem Inquisitionsrollenspiel in der Welt von Warhammer 40.000. Der Band liegt sowohl als Hard- wie auch als Softcover vor, wobei die softere Variante für die Rezi Pate stand.

Die 144 s/w-Seiten mit rotem Rand machen optisch einen sehr guten Eindruck. Die Illustrationen sind zahlreich und stammen zu guten Teilen aus dem Fundus von Warhammer 40.000. Was aber besonders heraussticht sind die zahlreichen hervorragenden Bilder zu den wichtigsten NSCs, die nicht nur die Beschreibung der Figuren sehr genau treffen, sondern auch großartig die Atmosphäre des Charakters einfangen. Außerdem ersparen sie faulen Spielleitern wie mir langwierige Beschreibungen, wenn man einfach das Bild in die Runde hält. Besonders erwähnenswert sind die sehr zahlreichen, optisch ansprechenden und sehr nützlichen Karten für die verschiedenen Orten, an denen sich die Spieler aufhalten können. Hier überzeugt sowohl Optik wie auch Nützlichkeit, was man leider nur selten in Rollenspielprodukten findet. Das Layout ist zweispaltig, wird aber immer wieder von Kästen durchbrochen, in denen sich gesonderte Infos finden. Optisch und in der Verarbeitung große Klasse, die sich Black Industries (inzwischen Fantasy Flight Games) aber auch sehr gut bezahlen lässt.

In dem Band finden sich drei lose miteinander verknüpfte Abenteuer für die Schergen der Inquisition, die sich am besten noch in den niedrigen Rängen ihrer Karriere befinden sollten.

Das erste Abenteuer Rejoice For You Are True führt die Charaktere auf die Spuren einer Sekte, die sich stark an Scientology anlehnt. Das Abenteuer bietet viele Möglichkeiten für tolles Rollenspiel, wenn die Charaktere in die feine Gesellschaft des Adels integriert werden und dort Ermittlungen anstellen müssen. Aber auch spannende Kampffähigkeiten in besonderer Umgebung sowie erinnerungswürdige Kontrahenten werden geliefert, so dass eine wirklich tolle Mischung bleibt. Auch die Orte und Eigenheiten der exzentrischen Adligen sind so schräg, so einfallsreich und so außergewöhnlich, dass sie noch oft Erwähnung in der Gruppe finden werden. Mit diesem Abenteuer wird auch eine Organisation als Schurke eingeführt, die die Abenteuer des Bandes miteinander verbindet.

Das zweite Abenteuer ist da sehr viel geradliniger. Ein großes Raumschiffswrack ist im System aufgetaucht und aus seinem Inneren dringt das Rettungssignal einer lange verschollenen Inquisitiorin. Die Spieler werden ausgesendet, um dieses Signal zu untersuchen und bekommen dafür sogar einen Space Marine der Deathwatch unterstellt! Dieses Szenario ist das kampforientierteste des Bandes und auch das geradlinigste. Man kann das Schiff nicht wirklich selbstständig erkunden, sondern läuft mehr oder minder nur eine Zahl von Begegnungen ab, was recht unbefriedigend für die Spieler sein dürfte. Nichtsdestotrotz gibt es viele sehr stimmige Szenen, Chancen auf Interaktion mit sehr ungewöhnlichen Verbündeten und einen großen Kampf am Ende.

Das letzte Abenteuer schickt die Charaktere auf eine mittelalterlich geprägte Bergbauwelt, auf der sie eine Mutantengruppe bekämpfen sollen, die dort die Produktion erheblich stört. Was erst einmal sehr geradlinig und eindeutig klingt, wird durch mehrere Faktoren zu einem interessanten moralischen Dilemma. Die Gruppe wird von einem ehemaligen Adligen der Welt begleitet, der in Ungnade fiel, weil er die angestammte Ordnung seiner Baronie auf den Kopf stellte und die Produktion seiner Untergebenen erhöhte. Das passte seinen Kollegen gar nicht, die ihn deswegen entmachteten und ihn zu einem Rebellendasein trieben. Da er als Rebell mit den Mutanten zusammengearbeitet hat, deren neuer Anführer aber sein Erzfeind ist, soll er die Charaktere nun unterstützen. Interessanterweise sind die wenigen Mutanten die man auf dem Planeten trifft tief im Glauben an den Imperator verwurzelt und entsprechen keinesfalls dem Bild des mordenden Irren mit Tentakeln. Das Abenteuer zieht seinen großen Reiz aus den moralischen Grauzonen die hier gezogen werden. Der eigentlich edle Adlige, der die Lebensbindungen für seine Leute verbesserte und sogar dem Imperium durch seine Produktionssteigerung einen Vorteil verschaffte ein in Ketten gelegter Rebell, während die Charaktere den Status Quo der geringen Produktion mit unterernährten Leibeigenen aufrechterhalten müssen, die für dekadente und dumme Adlige ihr Leben verschwenden. Wenn die Charaktere die Puzzleteile gefunden und zusammengesetzt haben, dann kommt es zu einem Finale, dass sehr eindrucksvoll zu werden verspricht.

Die Abenteuer sind auf gewohnt hohem sprachlichen Niveau und haben einige herrliche Formulieren, sodass selbst die Lektüre für den SL eine wahre Freude ist. Dabei wird das allerdings nie zum Selbstzweck, sondern ist stets in einem spielrelevanten Kontext eingebettet. Und mit hohem sprachlichen Niveau ist nicht nur die gute Schreibe des Autors gemeint, sondern auch die Schwierigkeit. Dark Heresy mit Schulenglisch anzugehen, wird zwangsläufig zu Problemen führen. Wenn man sprachlich nicht ganz sicher ist, dann sollte man vielleicht zur deutschen Ausgabe „Mit Feuer und Schwert“ greifen, die vom Heidelberger Spieleverlag und Feder & Schwert herausgegeben wurde.

Was man dem Abenteuerband vorwerfen kann sind eigentlich nur drei Dinge. Erstens sind die Abenteuer mal mehr, mal weniger linear aufgebaut und der SL muss die Texte gut vorbereiten oder sich intensiv einlesen, weil nicht immer alle relevanten Infos knapp abzulesen sind. Zweitens ist die Vergabe der Erfahrungspunkte völliger Quatsch und liegt etwa beim zehnfachen (!) der Empfehlung aus dem Grundregelwerk. Wenn man den Charaktere tatsächlich die Masse an Erfahrungspunkten zugestehen würde, dann hätten sie nach weniger als 30 solcher Abenteuer die Möglichkeiten von Dark Heresy komplett ausgeschöpft und könnten sich nicht weiter entwickeln. Deswegen sollte man sich lieber an die Vorgaben im Grundbuch halten. Der dritte und sicherlich nicht unwichtigste Punkt ist der enorm hohe Preis des Bandes. 35 Dollar für ein 144-seitiges, s/w-Abenteuerbuch im Softcover ist wahrlich nicht feierlich, auch wenn der Inhalt richtig gut ist. Die Hardcover-Version gibt es für knapp 40 Dollar.

In jedem der drei Abenteuer stecken mehr gute Ideen, interessante NSCs, einzigartige Orte, Konflikte und Möglichkeiten für die Charaktere tolle Dinge zu tun, als andere in ganze Kampagnen strecken. Deswegen kann ich den Band voll empfehlen, trotz des sehr hohen Preises.


Name: Purge the Unclean 
Verlag: Black Industries {jcomments on}
Sprache: englisch
Autor: T. S. Luikhart 
Empf. VK.: 34,99 US-Dollar 
Seiten: 144 S/w, Softcover 
ISBN: 978-1844164387