Apocrypha 2 - Chart of Darkness

"Apokryphen" - Schriften von zweifelhafter Urheberschaft und Authentizität; unechte, verkehrte, mystische, verbotene oder ketzerische Werke.

"Apocrypha 2: Chart of Darkness" - das zweite Artikelkompendium für Warhammer Fantasy Roleplay, welches neue Settings, Regeln, Persönlichkeiten und aufregende Dinge in dein Spiel bringt."

Sinnwahrend vom Backcover von Apocrypha 2

Es hatte lange gedauert. Hogshead waren ja noch nie ein Vorbild, wenn es um Pünktlichkeit ging, und so war es auch im Falle von Apocrypha 2. Aber Hogshead waren stets ein Vorbild, wenn es um Qualität ging, und warum das auch hier wieder so ist, will ich in den folgenden Zeilen aufzeigen.
Aber - wie man es hier hoffentlich schon gewohnt ist - beginne ich doch erst mal mit dem Äußeren des Sequels zum überaus beliebten Apocrypha Now! (welches hier auch in der deutschen Fassung - Aus den Archiven des Imperators - rezensiert wurde). Der erste Eindruck vermittelt dabei vor allem eine Vertrautheit, denn der Stil des Außenseiten der Warhammer-Bücher ist ja dankenswerter Weise einheitlich gestaltet.
Auffällig ist dann wohl zunächst mal der giftgrüne Farbton, der diesmal den Hintergrund bildet. Waren die bisherigen Farbgebungen eigentlich immer recht dunkel gehalten, so wirkt die Farbe dieses Mal schon sehr grell. Das ist kein Weltuntergang, aber das dumpfe Grün, das zum Beispiel schon Dying of the Light und Marienburg: Sold Down the River zierte, gefiel mir einfach besser...
Das eigentliche Cover kommt einem hingegen schon eher bekannt vor - es zierte nämlich anno 1992 schon einmal das Buch Castle Drachenfels. Das konnten die Leute bei Hogshead aber schnell erklären, denn der Turm, den das Bild zeigt, ist der selbe wie der im Hintergrund des englischen Covers von Apocrypha Now!. Davon hat man aber hierzulande leider nichts, das der Verlag Schwarzes Einhorn das Cover ausgetauscht hatte...
Insgesamt mag ich das Bild jedenfalls, es ist zeichnerisch gut gelungen und passt zudem mit seinem finsteren Stil wunderbar zum Untertitel des Buches: Chart of Darkness.
Die Rückseite enthält die typischen Versprechungen und das typische Layout, so das wir dann getrost mal in das Buch selbst schauen dürfen.
Das Innenlayout weiß durchweg zu gefallen - die Illustrationen sind gelungen, der Text gut lesbar, Layoutfehler sind keine zu entdecken und auch hier passt alles wunderbar zum gesamten Stil der bisherigen Bücher, ohne dabei eine 1:1-Kopie von ihnen zu sein.
Sein Inhalt, teilweise neu, teilweise aber auch Reprints aus aus dem Druck gegangenen Büchern, gliedert sich diesmal fünf Sektionen. Solche Sektionen ließen sich ja auch schon bei Aus den Archiven des Imperators beobachten, aber hier sind sie nun ausformuliert und durch Unterkapitel aufgeteilt, denen ich mich nun mal nach und nach widmen will.

Das erste Kapitel heißt schon mal stilecht Crime and Punishment und befasst sich auch mit genau dem: Verbrechen, Verbrechern und der Justiz...
Das erste Unterkapitel der, übrigens komplett als Erstveröffentlichung vorliegenden Sektion, heißt "Lowlife" und widmet sich hier voll und ganz der sozial untersten Schicht: den Bettlern. Der "Beruf" Bettler aus dem Grundbuch wird nun - wie der Beruf des Diebes - in diverse Spezialgruppen geteilt, die wesentlich bunter und farbenfroher sind, als der alte, klischeehafte Bettler. Dazu gibt's dann auch noch zwei neue Skills. Ein sehr empfehlenswerter Abschnitt!
Unterkapitel Nr. 2 heißt selbsterklärend "You've Got to Pick a Pocket or Two" und bemüht sich, dem Taschendiebstahl ein neues, detailliertes Regelkonzept als Grundlage zu verpassen. Das ist grundsätzlich ja keine schlechte Idee, aber durch diesen Eingriff in das Regelsystem wird der Taschendiebstahl stark verkompliziert und sehr unpraktikabel, weshalb ich von der Benutzung der Regeln abraten würde.
Unterkapitel Nr. 3 ist dann nur eine Seite lang und nennt sich "Cloaks of Darkness". Im Grunde sind nur sechs neue Zauber für Priester des Ranald (4xLevel 1, 2xLevel 2), diese sind aber schön gelungen und durchaus eine Bereicherung.
Es folgt dann nur noch "Prisons in the Empire" - wohl eines der Highlights des Buches. Denn hier werden vier Gefängnisse sowie ihre Zustände und Ursprünge en detail erläutert, wohl zur Freude vieler SLs. Vor allem, weil neben drei imperialen Gefängnissen auch eine Kolonie in den Southlands vorgestellt wird; der erste offizielle Beitrag zu dieser Region also. Wie schon gesagt: eines der Highlights des Buches!

So, nachdem nun alle Diebe und ihre Artverwandten ausgestattet wurden geht es im zweiten Kapitel, Requiescant in Pace, um etwas ganz anderes: den Tod in all seinen Varianten, und zwar ebenfalls alles in der Form von Erstveröffentlichungen.
"Watchers at the Gates of Death" ist dort der erste Abschnitt, und er widmet sich voll und ganz dem Kult des Mórr (wer sich über die Schreibweise wundert: er schreibt sich in der deutschen Version ohne Akzent; Anm. d. Rezensenten). Informationen über den Kult selber, über diverse Beerdigungsstile der einzelnen Völker sowie ein neuer Skill, "Undead Lore", machen dieses Unterkapitel durchweg empfehlenswert.
Es folgt das Unterkapitel "Guardians at the Gates", und es liefert eine Reihe neuer Zauber für die Priester des Mórr. Aber nicht nur, das es recht viele sind (10 Stück), es wird auch etwas ganz Neues eingeführt: Rituale.
Rituale sind quasi Zauber mit extremeren Zeitaufwand, etwa Dinge wie "Funeral Rite" oder auch "Exorcism". Dadurch wird das ganze Magiesystem aufgewertet, und nach dem Lesen der drei Seiten mit den neuen Zaubern bedauert man schon, dass es diese Rituale bisher nur für Mórr-Priester gibt. Aber da kann Realms of Sorcery dann ja Abhilfe schaffen...
Jedenfalls auch ein sehr empfehlenswertes Kapitel!
Das nächste, "The Sanctity of the Grave", ist dann wieder purer Hintergrund, und zwar über das Verhältnis von Tod, der Magie und dem Gesetz in der Alten Welt. Das Unterkapitelchen bringt es zwar gerade mal auf zwei Seiten, ist aber auch hübsch zu lesen...
Die letzten beiden Unterkapitel dieser Sektion, namentlich "Droevigger's Funeral Emporium" und "With the Dead in Dead Places", befassen sich dann mit verschiedenen Dingen, die man im Zusammenhang mit dem Tod in seiner Kampagne antreffen kann. Sie sind verknüpft mit Marienburg, und mehrfach wird auf Marienburg: Sold Down the River verwiesen, aber ich denke, man kann die Ereignisse und Locations auch gut ohne das Quellenbuch zur Stadt verwenden.
Ebenfalls nützlich.

So, bisher habe ich ja kein schlechtes Wort über Apocrypha 2 verloren, aber mit dem folgenden Kapitel beginnt dieses Bild etwas zu schwanken - nicht sehr, aber doch ein Bisschen. Peoples and Places heißt die nächste Sektion, und genau das bietet sie auch: Menschen und Orte, um seine Kampagne was aufzupeppen. Die meisten Beiträge sind jedoch Reprints, vornehmlich aus dem White Dwarf, und in ihrer Qualität doch schwankend.
"Otto's Printworks" werden im gleichnamigen ersten Unterkapitel vorgestellt - eine Druckerei für diverse Pamphlete, jedenfalls etwas, das man sicherlich gut in eine laufende Kampagne, etwa den Inneren Feind, einflechten kann.
Das trifft leider auf das zweite Kapitel nicht so zu: "The Vermilion Pawn". "It's a kind of magic shop" heißt es da, und genau das ist es auch: ein Zauberladen. So etwas mag in einer High-Fantasy-Welt wie z.B. Earthdawn Sinn machen, bei Warhammer, dieser düsteren und magiearmen Welt, empfinde ich es nur als Fehlgriff.
Es fällt wohl in die selbe Kategorie wie die magischen Gegenstände aus Apocrypha Now! oder auch die, welche hier später noch kommen werden: Unnötig und unpassend.
"Morbog's Marauders" ist das nächste Kapitel. Es handelt, richtig, von Morbogs Marodeuren, einer Orktruppe. Sie ist lustig ausgearbeitet, gut illustriert und fängt in meinen Augen voll den Charme der Warhammer-Orks ein ("Da Boyz to Entertain You" heißt es auch unter der Überschrift...) ... dennoch weiß ich nicht so viel mit dem Dingen anzufangen.
Das Problem? Die schiere Menge der Orks! Wir reden hier nämlich nicht von einem kleinen Trupp, sondern von fast 100 Orks!
So etwas mag man in den Border Princes noch gebrauchen können (vielleicht als Ereignis während der Doomstones-Kampagne?), aber wer eher Stadtabenteuer spielt, der wird mit den knapp 100 Orks und den 27 Snotlingen kaum was anfangen können...
"The Pandemonium Carnival" ist dafür wieder ein Lichtblick. Nicht nur, das er ganz neu ist, er ist auch überaus flexibel einzusetzen und gut geschrieben. Es ist eine Reisebegegnung für eine laufende Kampagne, und es geht um eine Art fahrende Monsterausstellung. So etwas gab es ja auch in unserer Vergangenheit - das Vorführen entstellter Menschen im Zirkus etc. - aber hier sind es nun mal echte Monster...
Auch die "mitgelieferten" NSCs sind gut gelungen  -  ein weiteres Highlight des Bandes!!
Diese Sektion beenden dann noch die zwei wohl kultigsten NSCs der gesamten Welt von Warhammer: "Gotrek and Felix".
Ums ganz kurz zu machen: Gotrek Gurnisson ist ein Trollslayer, der mit charaktertypischen Verhalten durch die Welt zieht, Felix Jaeger ist eine Art Scholar, der ihn begleiten muss, da er geschworen hat, seine Queste niederzuschreiben. Beide sind auch öfter in den Romanen zu Warhammer aufgetaucht.
Jedenfalls sind die beiden geniale Charaktere, und auch wenn sie sich in Apocrypha 2 mit gerade mal zwei Seiten begnügen müssen, so freue ich mich doch jetzt schon auf den Moment, wo ich sie mal einsetzen kann!!

Of Divers Matters ist das vorletzte Oberkapitel des Buches. In vier Unterkapiteln findet man hier alles, was in keine der anderen Rubriken gepasst hat ... 50% sind hier neu, 50% sind Reprints...
"What a Character" ist das erste Unterkapitel, und es ist ein Reprint des alten Beiheftes zum ersten s.g. Character Pack. Es bietet einem diverse Tabellen und Übersichten zum Hintergrund des Charakters. Da gibt es Tabellen für Heimatorte, besondere körperliche Merkmale, Namen (!), Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe, dem familiären Hintergrund uvm.
OK, ein guter Rollenspieler wird so etwas i.d.R. nicht brauchen, aber alle anderen werden das Kapitel wohl lieben.
"Puddlefoot's Common Herbal" ist hingegen kein Reprint sondern ganz neu. Viel ist aber dazu nicht zu sagen: auf drei Seiten findet man weitere Kräuter, in dem selben Stil, in dem sie auch schon in Der Innere Feind I: Schatten über Bögenhafen vorgestellt wurden...
"Lifting the Veil" ist ebenfalls neu und bietet reichlich Informationen, Regel und Berufe zum Thema "Vorhersagen", "Wahrsagen" u.ä.
Es ist gut geschrieben, gut recherchiert, die Regeln machen Sinn - kurzum: ein weiteres der Highlights des Bandes!!
Dieser Abschnitt endet dann mit "Archery and Enchantment". Dazu will ich mich aber auch nicht lange auslassen: wer meint, Warhammer mit fünf Seiten voller magischer Pfeile aufrüsten zu müssen, der wird hier fündig. Alle anderen teilen hoffentlich meine Skepsis und ignorieren die Seiten einfach...
Ach ja: dieser Artikel ist ein Reprint aus dem Warhammer Companion.

Das letzte Kapitel heißt Adventures, das dürfte für sich selbst sprechen. Hier möchte ich von einer Wertung absehen, da ich keines der Abenteuer bisher gespielt habe. Zwar wirkt keines von ihnen wie ein richtiger Überflieger, aber das tat Night of Blood aus Apocrypha Now! auch nicht, und es hat riesig Spaß gemacht.
Darum, in aller Neutralität: Apocrypha 2 enthält vier Abenteuer, davon drei Reprints. "The Ritual" und "The Affair of the Hidden Jewel" sind beide aus The Restless Dead und "Ironstone Pass" ist aus XY und scheint ganz gut zu den Doomstones zu passen. Neu ist "Deep Trouble in Karak-Zulvor" von Something Rotten in Kislev-Autor Ken Rolston. Das Abenteuer bezeichnet sich selber als "Adventure in a Traditional Style", was, soweit ich das, ohne es gespielt zu haben, sagen kann, vor allem Dungeon-Bashing bedeutet.
Auch dieses Abenteuer sollte mit den Doomstones zu verbinden sein.
Abergeschlossen wird er Band dann noch von einem neuen Charakterdatenblatt, das zwar richtig gut aussieht, aber inhaltlich ziemlich identisch mit dem aus dem Grundbuch ist...


Somit kommen wir zu einem Fazit:
Ein Großteil des Buches ist wirklich gut gelungen, die paar Ausrutscher sind zu verzeihen und bei dem genialen Rest fallen sie sowieso nicht weiter ins Gewicht.
Das Layout ist bis auf das Grün des Einbandes sehr gut gelungen, und die Illustrationen sind innen wie außen hervorragend.
Der Band hat keine richtige Thematik, aber das passt ja auch nicht zum Stil der Apocrypha-Reihe, die sich ja bemüht, Spielleiter möglichst vielfältig zu unterstützen - was gerade bei der geringen Veröffentlichungsmenge von Hogshead ein guter Weg ist!
Insgesamt kann ich jedem Spielleiter nur eines raten: KAUFEN!!
Spielern ist dabei eher abzuraten, da der Band doch eher für den Gebrauch des SLs ausgelegt zu sein scheint ... dieser wird aber sicherlich genug darin finden, um seine Kampagne auch weiterhin schön interessant zu halten...


Name: Apocrypha 2 
Art: Quellenbuch 
Seiten: 128 Seiten
Sprache: Englisch 
Autor: verschiedene 
Verlag: Hogshead{jcomments on}