Renegade Crowns
Lay Claim to Your Kingdom!
vom Backcover von Renegade Crowns
Wenn ich nun einleitend schreiben würde, dass „Renegade Crowns“ der Regionalband zu den „Border Princes“ ist, so wäre das gleichermaßen völlig richtig und totaler Unfug. Verwirrt?
Nun, fangen wir vorne an.
Nur beschreibt das Buch die Region nicht wirklich.
Obschon „Renegade Crowns“ offiziell erst einmal in neun Kapitel und drei Appendizes unterteilt ist, kann man oberflächlicher von einer Zweiteilung sprechen. Die ersten vier Kapitel bieten auf insgesamt gut 60 Seiten einen großen Baukasten mit Zufallstabellen an, mit dem man einzelne Grafschaften in dieser durchmischten Region erwürfeln kann.
Dazu verwendet man normales, kariertes Papier, damit man auch gleich darauf eine Karte anlegen kann, deren Bestandteile bei Bedarf auch ausgewürfelt werden können. Das klingt jetzt obskur, funktioniert aber erschreckend gut und deckt in diesem Buch zudem erstaunlich viele Elemente der Regionen ab.
Man beginnt mit einem weißen Blatt. Jetzt würfelt man einen W100 und erzielt, sagen wir einfach mal, eine 23. „Forrested Plains“ steht da, sowie „d% squares“. Ein zweiter Wurf ergibt also eine 43 und schon weiß man, 43 der Felder des karierten Blattes sind mit Wald bedeckt.
Auf diese Art und Weise bestimmt man die Landschaft, die Bewohner, die Geschichte, Ruinen, Einwohner und Monster für seine Region, ja, sogar die ansässigen Regenten kann man auswürfeln. So kann man schnell feststellen, dass der regionale Prinz ein Bandit ist (Tabelle 2-1, Prozentergebnis: 21), offenbar ein Mensch tileanischer Abstammung (Tabelle 2-2, Ergebnis 73), befindet sich in seinem dritten Beruf (Tabelle 2-3, Ergebis 50), den er gerade erst begonnen hat (Tabelle 2-4, 1 auf dem W10). Er wird von Gier getrieben (Tabelle 2-5, 3 auf dem W10: „It Must Be Mine!“), steht aber gegen das Chaos (Tabelle 2-6, 5 auf dem W10) und gibt sich gerne als machtvoller Herrscher (Tabelle 2-7, 9 auf dem W10).
Eigentlich ist er aber ein gesuchter Verbrecher (Tabelle 2-8, 9 auf dem W10) und hat die unangenehme Angewohnheit, dauernd eine(n) ‚Catchphrase‘ in die Welt zu posaunen (Tabelle 2-9, 2 auf dem W10). Er selbst nennt sich „The Boss (Tabelle 2-11, Ergebnis 83).
So, das nur mal als Beispiel. Viele diese Elemente überlassen dem Erbauer noch viel Spielraum für eigene Ideen, manche benötigen den sogar – aber alles in allem kann man hier so ziemlich jedes hinterletzte Detail auswürfeln. Und das funktioniert, erschreckend wie das ist, sogar ziemlich gut.
Nicht perfekt, was auch von den Machern in dem großen Beispiel der Region Masserschloss mehrfach selbstironisch vorgeführt wird, aber gut genug, damit man recht zügig ganze Settings konstruieren kann, ohne dass diese totalen Unsinn ergeben.
Die restlichen Kapitel des Buches bieten dann generelle Abenteuerideen, die so gestaffelt sind, dass die Spieler miterleben können, wie ein potentieller Herrscher die Macht über einen Landstrich ergreift und diese ihm dann gegen interne und letztlich sogar externe Probleme beistehen können.
Vielleicht wird ja sogar ein Spieler selbst einmal Regent? Möglich ist es allemal und durch die totale Freiheit des Buches kann man das auch machen, ohne jemals mit den offiziellen Publikationen zu kollidieren – die „Border Princes“ sind ein reines Spielerland, sozusagen.
Appendix I bietet regionale Namen, wenig spektakulär, Appendix II stellt die erwürfelte Region Masserschloss noch mal im Stile eines reinen Quellenbuches dar (und zeigt damit, wie gut der Generator funktioniert), Appendix III bietet letztlich dann ein kariertes Blatt (ehm, wie ... sinnvoll...) sowie eine Übersicht über den Ablauf der „Principlality Generation“.
Abgerundet wird der Band von einem ganz passablen Index.
Viele Rollenspielsysteme haben heutzutage weiße Flecken, also Regionen, die der Spielleiter anfüllen kann, ohne Angst zu haben, vom Metaplot einen Schuss in die Hüfte der eigenen Kampagne zu bekommen, wenn der nächste offizielle Band erscheint.
Der Unterschied bei „Renegade Crowns“ ist der, dass der Band eine ganze Region zu einem weißen Flecken macht – und Black Industries einem im gleichen Zuge auch direkt erklären, wie man ihn anfüllt!
Sicher, das Buch wird nicht jedermanns Fall sein. Aber ich muss zugeben – so ein Buch habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen; wichtiger aber ist: im Feldtest hat es bisher gut funktioniert. Sicher, man kann eine Karte sicher flotter frei Hand auf‘s Blatt kritzeln, als der Würfelgenerator sie generiert. Dennoch: Die Regionsentwicklung ist spannend gelöst und bleibt so selbst für den SL noch mit einem leichten Zufallsfaktor behaftet.
„Renegade Crowns“ ist kein Pflichtkauf. Wer niemals in die „Princes“ will, der braucht es eh nicht und auch wer damit etwas machen will, aber keine Zufallstabellen mag, der kann sich das Geld sparen.
Wer aber mal was Neues sehen will und sein eigenes Leitwesen mit etwas mehr Zufall segnen will, wer einfach mal das Experiment der Zufallslandschaft riskieren will oder wer die ganzen Plothooks hier einfach für eine andere Region oder gar ein anderes Spiel verwenden will, der sollte ruhig mal einen Blick wagen. Die Lektüre hat mir jedenfalls gut gefallen.
Name: Renegade Crowns
Verlag: Black Industries {jcomments on}
Sprache: Englisch
Autoren: David Chart, mit Owen Barnes und Kate Flack, entworfen von Robert J. Schwalb
Empf. VK.: 29,99 US-Dollar
Seiten: 128 Seiten Hardcover