Old World Bestiary
Here Be Monsters!
vom Backcover des Old World Bestiary
Ein erster Blick auf das Cover zeigt uns einen sehr schönen Ausblick auf das Spielgefühl von Warhammer, denn es ist düster, ziemlich düster sogar. Ein dynamisch posierender Feuermagier unten rechts sorgt für ein wenig magische Beleuchtung durch sein flammendes Schwert. Der Slayer unten links ist aber noch zu erahnen und auch der Lindwurm (Wyvern) im Angriff bekommt durch die Beleuchtung nochmal richtig Atmosphäre hinzu. Ein sehr schönes und stimmungsvolles Cover. Die optische Präsentation geht im Inneren dann auch direkt gut weiter. Der erfahrene Spieler des TableTops wird eine Menge der Zeichnungen wiedererkennen. Games Workshop hat den Verlag wohl mit vollem Zugriffsrecht auf die Illustrationspalette versehen, was beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Allerdings sind viele der Zeichnungen nur Ausschnitte von größeren Bildern, was aber bei weitem nicht so negativ auffällt, wie noch in der alten deutschen Ausgabe des WHRP. Wenn ich mal wieder in Nostalgie schwelge und mich an die Illu des Werwolfs erinnere, die zwar fünf (?) mal teilweise, aber nie ganz im Buch zu sehen war... dann kann ich die neuen Illus ohne weiteres verkraften, denn handwerklich sind sie auf sehr hohem Niveau. Noch besser als die bereits bekannten, gefallen mir aber neuen Zeichnungen, welche eigens für das Old World Bestiary (OWD) erstellt wurden. Gerade der Minotaurus ist durch seine dynamische Pose eine wahre Augenweide. Abgesehen von den Illus ist das OWD aufgemacht wie ein Intime-Werk aus dem Imperium, mit verschiedenen Schriftarten, beigem Hintergrund und zweispaltigen Texten. Ein sehr schönes Buch, gerade da es durch den vollfarbigen Druck enorm profitiert.
Inhaltlich bietet das Buch zwar nichts ganz Neues, aber immer noch ungewohntes und in seiner Ausführung durchaus sehr angenehmes, denn es ist zweigeteilt. Der erste Teil des Buches ist intime verfasst und sieht, wie oben erwähnt, auch etwa so aus. Das bedeutet, dass ein Gelehrter Wissen über die Viecher der Warhammerwelt zusammengetragen hat und dies auch direkt mit Quellen belegt. Zunächst gibt es die „gewöhnliche“ Sicht wie von Bauern oder einfachen Soldaten zu einem Wesen. Hier sind auch oftmals falsche Informationen dabei, denn Bauer Paul aus Doofdorf ist nun mal kein Gelehrter. Das Gelehrte aber auch Fehler machen können, beweist ein Professor der Nulner Akademie mehrfach im zweiten Teil des Intime-Textes, wo die Gelehrten ihre Erfahrungen kundtun. Gelehrte bedeutet dabei aber nicht, dass nur Leute mit akademischen Titel hier zu Wort kommen, sondern auch Augenzeugen von Monstrositäten und auch fremde Wissenschaftler wie der Skaven-Meisterassassine, der bei vielen Monstern nur das passende Gift nennt um die Kreatur auszuschalten. Das in dieser Rubrik auch Chaosmagier und -krieger zu Wort kommen und ihr Wissen verbreiten, dürfte den Sigmarpriester am Ende dazu bewogen haben, das Buch als Häresie abzutun und zur Verbrennung des Werkes aufrufen. Sowas erfreut das Herz eines jeden Warhammer-Fans und es lässt sich einfach fantastisch lesen. In der letzten Rubrik jedes Wesens kommt dann ein Vertreter der Spezies zu Wort, sofern es sich um vernunftbegabte Monstrositäten handelt, wie z.B. Vampire, Orks oder auch Mutanten. Hier wurde sehr darauf geachtet, vielschichtig zu schreiben. So sind Minotauren, Mutanten und Werwölfe nicht nur bloßes Schwertfutter, sondern haben auch durchaus eigene Persönlichkeiten und Schicksale. Tragische Schicksale sollte man betonen. Einfach nur „Ein Mutant! Huzza! Den killen wir!“ mag zwar noch für Hexenjäger und Freaks okay sein, moralisch vertretbar wird es dadurch aber nicht unbedingt. Sehr fein geregelt, wirklich. Irgendwann fiel mir in den Texten aber eine ziemliche Häufung des „selbst bepissens“ auf, wörtlich „soil my-/himself“. Ist nicht wirklich tragisch, denn viele der Viecher sind durchaus erschreckend genug um das zu rechtfertigen, nur die Häufung ist... naja, ich picke mir nur die Kleinigkeiten raus, die mir negativ aufgefallen sind ;). Der erste Teil des Buches macht etwas mehr als die Hälfte des Gesamtumfangs aus, bietet aber wegen des dichteren Textes mehr Material zum lesen als der zweite Teil. Unterteilt ist das ganze zudem noch in größere Abschnitte, wie etwa „Skaven“, „Grünhäute“ oder „Untote“, was die Suche nach dem passenden Monster erleichtert.
Im zweiten Teil des Buches wird es dann nüchterner, denn es gibt Regeln und Zahlen zu den bereits beschriebenen Viechern. Für den TableTop-Spieler nicht viel neues, denn die Werte orientieren sich an der Vorlage des Figurenspiels. Sonderregeln von Truppen wurden sinnvoll übernommen, so wird etwa aus dem „Todesstoß“ der Wights (Verfluchten) ein Bonus für kritische Treffer. Die Goblins haben auch ihre „Elveses is Scary“-Sonderregel, die einfach so herrlich passt, auch wegen des schönen Namens. Die Unterteilung in die großen Kategorien der ersten Hälfte wird hier drangegeben und die Monster präsentieren sich alphabetisch sortiert dem Leser.
Fehler sind mir auch welche aufgefallen, etwa dass die ungepanzerten Wildorks die gleichen Rüstungswerte haben wie ihre gepanzerten „Standard“-Verwandten, oder das bei „Rüstung: keine“ manchmal auch einfach keine Werte angegebenen werden, statt des üblichen Blocks mit Nullen. Aber das sind wieder nur Kleinigkeiten. Ein anderes Problem habe ich mit den Regeln aber dann doch. Die Werte orientieren sich ja am TableTop. Dieses ist aber nach Spielbalance geschaffen worden und nicht zwangsläufig nach der „realen“ Stärke der Kreaturen. So finde ich einen Drachen mit Stärke- und Widerstandbonus von sechs jetzt nicht so eindrucksvoll, denn ein Mensch kann dies auch erreichen. Ein sehr, sehr erfahrener Mensch wohlgemerkt, aber immerhin. Okay, der Drache hat etwa dreimal so viele Lebenspunkte wie ein Mensch jemals erreichen kann... gefährlich ist er ja immer noch! Aber selbst ein Riese macht mit seinen Attacken nur W10-Schaden. Auch wenn er waffenlos die Sonderregeln eines Zweihänders nutzen kann... irgendwie sollte eine Faust, welche größer ist als ein Ritter in Vollplatte, mehr Schaden machen.
Zur Bestimmung der Gefährlichkeit jeder Kreatur wurde der „Slaughter Margin“ eingeführt. Das ist in etwa die Chance, die ein durchschnittlicher Soldat des Imperiums (Johann Schmidt namentlich und sogar mir Werten abgedruckt!) gegen diese Kreatur hat. Nun gut, das einzige Wesen des Buches das die Kategorie „very easy“ abdeckt wäre der Snotling, ansonsten wird es gefährlicher. Und wenn da steht „Hard“, dann meinen die nicht, dass man nach dem Kampf vielleicht mal etwas Heilung braucht. Das heißt, dass der Kämpfer gegen das Ding nur mit Glück gewinnt. Von den Schwierigkeitsstufen darüber wollen wir gar nicht erst reden...
Das OWD ist ein sehr, sehr schöner Band geworden, dessen Anschaffung sich trotz des hohen Preises für jeden Warhammer-Fan lohnt. Allerdings wird dies bestimmt nicht der letzte Monsterband bleiben, denn getreu dem Namen, widmet sich das Buch nur den Monstern aus der Alten Welt, also etwa Europa. Es sind keine Echsenmenschen zu finden und auch keine Dunkelelfen (mal von ihren Korsaren auf Sklavenjagd abgesehen). Wenn man mir aber irgendwann einen neuen Monsterband mit allem fehlenden Kram in der gleichen Qualität vorsetzt, bin ich aber zufrieden. Mehr in dieser Qualität bitte!
Name: Old World Bestiary
Verlag: Black Industries
Sprache: englisch
Autoren: T.S. Luikart und Ian Sturrock{jcomments on}
Empf. VK.: 29,99 US-Dollar
Seiten: 128 farbig, Hardcover
ISBN: 1844162265