Old World Armory
„Time to Get the Goods“
vom Backcover von WFRP 2nd – Old World Armory
Heute ist es mal wieder so weit. Ich hocke hier, das iBook auf dem Schoß und ein Stapel neuer Warhammer-Bände neben mir. Für den geneigten Leser sollte klar sein, was das heißt – die nächsten Wochen gibt es mal wieder WFRP-Rezis bei uns.
Der Cappuccino kann dabei sogar als Herleitung dienen. Denn richtig guter Cappuccino kann sündhaft teuer sein – und sündhaft teuer ist auch der erste Quellenband, der hier neben mir liegt. Die „Old World Armory“, fortan OWA genannt, verspricht uns, das richtige Arbeitsgerät für wahre Abenteurer zu liefern. Ein Ausrüstungsband also, wie auch der etwas unmotivierte Untertitel „Militaria & Miscellania“ suggeriert.
Doch zunächst mal, einmal mehr, zu den äußeren Werten. Die OWA ist ein 128 Seiten dicker Hardcoverband und zählt, so wie etwa das „Bestiary“ und im Gegensatz zu den Abenteuerbänden, zu den Titeln mit farbigem Innendruck.
Auf dem Cover prangt ein Recke mit gealterten Gesichtszügen, riesigem Zweihänder und einer Vollplatte, an der seitlich zusätzlich eine Schriftrolle befestigt wurde. Das Bild wäre schön, wenn es da nicht das generelle Design gäbe. Denn wer immer diesen Recken, in einem Torbogen steht er übrigens, hier arrangiert hat, er hielt es für eine gute Idee, die Grafik mit einem platischen Rand zu verstehen. Somit haben wir ein dunkelstbraunes Cover, auf das irgendjemand ein Bild von eben diesem Recken gelegt zu haben scheint.
Es ist schwer zu beschreiben, aber es ist definitiv hässlich.
Die Innengestaltung folgt gewohnten Maßstäben, die Bilder sind großteilig schön anzuschauen und dafür, wie gewohnt, sehr langweilig und eher klein auf den Seiten arrangiert. Kapitelüberschriften sind noch immer zitronengelb und der Text im gewohnten Flattersatz. Dafür gibt es einige Gimmicks, etwa Abbildungen all der Münzen des Imperiums, die den Band in diesem Sinne wieder etwas aufwerten. Alles in allem aber kann man hier gewohnte Kost attestieren.
Was uns dann auch zu der gewohnten Kritik bringt: Der Band kostet 29,99 Dollar. Gut 30 Lappen für gerade mal 126 Seiten hinlegen zu müssen ist unverschämt und führt auch direkt zu einer Herabsetzung der Gesamtwertung.
Inhaltlich gliedert sich die OWA in eine Einleitung, zehn Kapitel und einen Appendix. Da es eigentlich so gedacht ist, dass die OWA das Ausrüstungskapitel des Grundregelwerks komplett ersetzt, findet man dann in der Einleitung auch gleich noch einmal die Tabellen zur Verfügbarkeit (waren 5-2 und 5-3 im Grundregelwerk) sowie die Kostenmodifikatoren durch bessere Craftmanship (hatte keine Nummer). Dazu gibt es auch einige kurze neue Anmerkungen, aber nichts Besonderes.
Das erste richtige Kapitel nennt sich „Currency & Trade“, in dem es zwar auch wieder alte Bekannte zu bestaunen gibt, die aber zumeist irgendwo erweitert wurden. Aber gut, dass die Tabelle über verschiedene Einkommen (war 5-1 im Grundregelwerk) nun noch eine Spalte mit Tageslöhnen hat ist nett, aber keine Offenbarung. Zusätzlich gibt es allerdings die oben schon angedeutete Übersicht über die verschiedenen Münzen des Reiches, eine entsprechende Wechselkurstabelle, Regeln zum Geldfälschen und Feilschen, zum Handeln und zur Ökonomie, zu Handelsrouten und Steuern im Imperium. Großteilig nett zu Lesen, teilweise sogar hilfreich am Spieltisch.
Das zweite Kapitel bietet dagegen dann gleich, was wohl die meisten Leute erwartet haben. „Old World Armour“ ist der Titel und er sagt alles, was man wissen muss. Neben Beschreibungen und Werten für verschiedene Rüstungstypen (neu übrigens die Scale Armour) gibt es allerdings auch Beschreibungen von Rüstungen, die nicht aus dem Reich stammen, weitere Regeln sowie ausgiebige Beschreibungen zur möglichen Heraldik auf Rüstungen, inklusive vier (!) Tabellen zur zufälligen Bestimmung von Wappen. Wer‘s braucht.
Der dritte Großabschnitt des vorliegenden Bandes dreht sich um alles, womit man sonst generell angreift, nämlich Nah- und Fernkampfwaffen, mit Ausnahme der Schusswaffen, auf die wir später zu sprechen kommen.
Vom Aufbau her gleicht „Arms of the Old World“ dem vorangegangen Kapitel. Neben den ausführlichen Beschreibungen gibt es hier auch bedeutend mehr neue Regeln zu entdecken. Etwa Werte für elfische oder anderweitig ausländische Waffen, oder feinere Werte für Best Craftmanship-Handwaffen. Hier wird dann nämlich tatsächlich mal unterteilt, ob es nun Axt, Hammer oder Schwert ist. Aber eben nur bei Waffen von bester Verarbeitung. Man addiere noch Regeln zu Lanzengang und Fechtkampf und anderen verwandten Themen, ein paar wenige Fernkampf-Informationen und eine schnieke Übersicht über die ganzen Weapon Qualities, sowie Informationen zu den Materialien Gromril und Ithilmar.
Hier fehlt mir viel. Warum sind etwa elf besondere Nahkampfgegenstände (etwa Orc Choppas, White Wolf Hammers oder Elven Battle-Axes) beschrieben, aber nicht einer für den Fernkampf? Zwar ist der Elfbow drin, als Variante des Longbows, aber das kannte man ja schon aus dem Grundregelwerk.
Außerdem: Warum gibt es hier nicht etwa mehr zu Pfeilen und Bolzen. Die selige Wunderwelten hat vor vielleicht einem Jahrzehnt schon mit einen umfassenden Artikel bewiesen, wieviel Flair man mit unterschiedlichen Pfeiltypen (Seilschneider, singende Pfeile etc.) erreichen kann. Hier erfahren wir nur, dass für jeden Schuss eine 50%-Chance besteht, dass der Pfeil verloren geht, sowie, dass man sie auch als Nahkampfwaffen einsetzen kann.
Das hat einem schon immer noch gefehlt.
Aber ziehen wir mal weiter, zu den „Gunpowder & Weapons of War“. Wer hätte es gedacht, aber hier erfreut man den Leser wirklich noch mal mit viel neuem Material. Verschiedene, frühere Typen von Schusswaffen werden beschrieben und die paar Einträge aus dem Grundregelwerk gehörig erweitert. Gleich zehn Schießpulver-Waffen warten, wahlweise auch als Best Craftmanship, auf Käufer, haben neue Qualities, Duellregeln und gehen im Zweifel nach einem Wurf auf die „Advanced Misfires“-Tabelle imposant in die Luft. Alte Rollenspielklassiker der ersten Edition wie der Duck-Foot und imposantes Gerät wie die Hochland Long Rifle geben sich die Klinke in die Hand und beeindrucken den Leser.
Der Abschnitt über Kriegsgerät ist nicht wirklich etwas, was im Rollenspiel oft vorkommen dürfte, aber dafür auch kurz. Eine halbe Spalte über Battering Rams, eine gute Seite über Bolt Throwers (inklusive Werten für vier) und ein paar Worte zu Katapulten und Kanonen. Nichts was einem weh tut.
Das fünfte Kapitel, „General Equipment“, ist dann mal wieder so ein Fall für sich. Viele Infos etwa über die Kleidung geben Uninformierten einen guten Eindruck davon, aus was für furchtbaren Stoffen zu einer solchen Zeit Kleidung gefertigt wird und was für Farben typisch sind. Drei Seiten über Essen und trinken liefern dort ebenso Details eine Dreiviertelseite über Musikinstrumente.
Das ist schön, es ist mal nett, dass auch normale Gegenstände bedacht werden. Aber andererseits hat man hier gut zwanzig Seiten mit Beschreibungen von Gegenständen, von denen mal wohl eigentlich schon wusste, was sie sind. Beispiel? „A tambourine is a hollow wooden disk covered with an animal skin and fitted with small bells or cymbals, which chime when struck.“
Das totale Highlight für unsere Runde war allerdings der Tisch: „Most tables are crude wooden things with three or four legs. In many cases, they‘re quite wobbly.“
Klar ist das lustig. Aber ein ohnehin dünnes Buch verliert so weiter an wirklich verwertbarem Inhalt, zumal auch hier wieder alte Bekannte wie die „Effects of Alcohol“-Dreiviertelseite vorstellig werden. Immerhin werden so aber auch einige Sachen mal aufgeklärt, die zwar in Quellenbänden schon vorkamen, bisher aber nirgends beschrieben waren; der Unterschied zwischen Treated und Untreated Torches etwa.
„Special Equipment“ ist das Thema des sechsten Kapitels. Da ist dann ausnahmsweise mal nicht viel zu sagen. Viele schöne neue Tränke, neue Gifte, „Oddities“ wie das Antitoxin Kit, religiöse Paraphernalien und Protesen. Alles nützlich, alles nett geschrieben, viel Content auf wenigen Seiten. Warum nicht mehr in diesem Stil?
Ab Kapitel sieben wird es dann aber langsam schon komisch. „Animals & Transport“ eröffnet erst einmal mit Tierwerten. Katzen, Hunde, Kriegshunde, Brieftauben, Jagdvögel, Affen und Raben sowie fünf Pferdesorten sind (mit Ausnahme der Tauben) komplett mit Werten anwesend und werfen vor allem zwei Fragen auf: Was macht ihr hier? Und vor allem: Warum steht ihr nicht so im Bestiary?
Dazu kommen dann noch Viehzucht, Angaben zu Reisen, Werte für Kutschen und Boote und Fahrzeugkampfregeln (!) inklusive Tabellen für kritische Treffer (!!) lassen einen doch eher mit gerunzelter Stirn zurück.
„Property & Business“, Abschnitt acht, verrät einem, wie teuer es ist, Zimmer, Häuser oder Land zu pachten oder zu kaufen und stellt danach diverse Gewerbetätigkeiten nebst Einkommen vor. Vor allem aber bietet dieser Abschnitt die wohl dreisteste Tabelle im ganzen Band. Denn zur Hälfte stellt Tabelle 8-7, „Weekly Income“, nur noch einmal unübersichtlich dar, was wir schon in Tabelle 1-1, „Income“, und insofern auch im Grundregelwerk in Tabelle 5-1 (auch „Income“) gelesen haben. Dazu nimmt sich der besagte Kasten fast eine Viertelseite, um noch mal die Test Difficulties (jepp, von -30% bis +30%) aufzuschlüsseln und das ganze mit einer kryptischen „Trade Test Modifier“-Tabelle zu garnieren.
Kapitel neun, ja, das Ende naht, wurde „Hiring Characters“ getauft und, um die Sache kurz zu machen, es werden fünf „Hirelings“ (also etwa Entertainer oder Servants) mit Beispielwerten vorgestellt, ebenso wie 33 „Henchmen“. Da finden sich hier Werte für „Man-at-Arms“, Mercenary Wizards und Rivermen gleichermaßen.
Spannend auch, was man noch so zwischen den Zeilen entdeckt. Etwa weit ausgebaute Regeln zur medizinischen Behandlung und zu Amputationen, oder aber Profil-Modfikations-Templates für Zwerge, Elfen und Halblinge.
Das ist ja alles schön und gut, nur auch hier fragt man sich, wieso das nun alles in der Armory ist.
Bleibt der infernalische Abschluss, „Treasures of the Old World“. Besondere Münzen, Edelsteine und Juwelen, Schmuck und wertvolle Güter auf gerade mal vier Seiten. Wer auf magische Schätze hoffte, hofft vergebens, die kommen erst in „Realms of Sorcery“.
Insofern ist Kapitel zehn hier okay, aber man konnte vorher auch immer gut ohne leben.
Abgerundet wird das Buch dann durch einen wirklich guten Appendix, der noch einmal fast alle Tabellen übersichtlich auf zehn Seiten anordnet. Fast alle Tabellen? Jepp, denn etwa die Drei aus der Einleitung sind hier nicht zu finden. Dafür aber noch mal die Einkommensübersicht (ihr wisst schon, 5-1 in GrW, 1-1 und 8-7 in diesem Band); war bisher ja auch eher selten zu sehen. Kann jetzt auch noch mit AP-1 beschrieben werden. Super.
Ganz am Ende gibt es noch eine Doppelseite Index, was auf den Umfang des Bandes gerechnet sicher in Ordnung geht.
Abschließend kann ich nur sagen, ich habe seit sehr langer Zeit keinen so unkonzeptionierten Quellenband mehr gesehen. Allgemein müsste ich jetzt mal lange überlegen, um auf ein solches Sammelsurium ohne jeden Plan zu kommen, was sich nicht „Kompendium“ nannte.
Das Buch ist teilweise redundant und teilweise ausufernd mit der Beschreibung von Selbstverständlichkeiten, an anderen Stellen sehr umfassend in der Behandlung von Themen, die hier gar nichts zu suchen haben.
Warum sind die Reisehinweise nicht in „Sigmar‘s Heirs“, warum die Template-Modifikatoren für Fremdrassen nicht gemeinsam mit den ganzen Tieren im Bestiary? Warum sind in einem 128 Seiten langen Ausrüstungsband 16 Seiten dafür verbraucht, NSC-Werte zur präsentieren?
Warum habe ich etwas mehr als drei Seiten darüber, wie Heraldik bei Rüstungen funktioniert, wenn es auf der anderen Seite noch immer an wichtigen Regeln mangelt. Beispielsweise wäre die OWA doch der Band gewesen, um endlich mal Handwerksregeln zu präsentieren. So kann man zwar schon nach dem Grundregelwerk einen Zwerg mit Trade: Armourer und dem Talent Dwarfcraft bauen, aber wenn der eine Best Craftmanship Full Mail Armour haben möchte, dann geht der trotzdem in den Laden um die Ecke und kauft sich das Dingen für satte 1700 gc. Mal im Ernst, das kann es doch nicht sein, oder?
Wie fertigt denn der Schmied selber die? Kauft der billig im Ausland?
Naja, immerhin habe ich die Einkommenstabelle jetzt vier Mal, kann den Schmied also wenigstens bezahlen.
Das Ärgerlichste an der OWA ist, dass viel von dem Inhalt auch ganz nützlich oder gar wichtig ist. Nur ist die Mischung so unausgegoren, einige Inhalte so redundant und der Preis so hoch, dass der Band trotzdem nicht wirklich punkten konnte.
Der schwächste Band für WFRP 2nd bisher.
Name: WFRP 2nd – Old World Armory
Verlag: Black Industries
Sprache: Englisch
Autoren: Robert J. Schwalb
Empf. VK.: 29,99 US-Dollar{jcomments on}
Seiten: 128