Knights of the Grail - A Guide to Bretonnia
Enter the land of Knights and ladies, a land devoted to the might and majesty of the Fey Enchantress.vom Backcover von Knights of the Grail: A Guide to Bretonnia
Mit „Knights of the Grail“ betreten die tapferen Mannen von Black Industries nun endgültig Neuland. Denn während das Imperium während der Second Edition zwar in einzelnen Bereichen bereits über das hinaus beschrieben wurde, was bis dato darüber bekannt war, so gab es nie, zu keinem Zeitpunkt bisher, ein Rollenspielbuch zu Warhammer, das Regionen außerhalb der Grenzen des Reiches von Karl-Franz beschrieb. Zugegeben, Marienburg ist strenggenommen unabhängig und hatte mit „Sold down the River“ durchaus einen eigenen Band, aber es ist eben doch noch immer sehr „imperial“ gewesen.Doch „Knights of the Grail“ stößt nun nach Bretonnia vor und eröffnet damit nur eine ganze Reihe, die noch dieses Jahr mit einem Buch zu den Border Princes entsprechend fortgeführt werden soll.
Aber bleiben wir erst einmal in der Gegenwart. Schon auf den ersten Blick wird klar, dass „Sigmar‘s Heirs“ der Prototyp für die gesamte Reihe von Regionalbänden war, denn Struktur und Stil des vorliegenden Bandes gemahnen sehr an das verwandte Produkt. Dabei war Bretonnia sogar noch ein besonders undankbarer Landstrich, um diese Reihe zu beginnen.
Denn was früher, zur dritten Edition des Tabletops hin, noch ein maroder, verdorbener Landstrich dekadenter Adeliger und unterschwelligen Zerfalls war, ist mittlerweile zum Land tapferer Ritter und einer fast exakten Adaption der ganzen König-Artus-Mythologie geworden. Diese beiden grundverschiedenen Tendenzen unter einen Hut zu bringen war sicherlich eine heikle Aufgabe für Autor David Chart, die er aber insgesamt sehr bewunderswert bewältigt hat.
Das Titelbild des 128 vollfarbige Seiten schweren Hardcovers zeigt eine Karte der Region und das Wappen Bretonnias, was aufgrund unglaublicher Detailverliebheit bei den Insignien schon einmal sehr eindrucksvoll ausschaut. Noch faszinierender ist ein großer Teil des Innenartworks des Bandes, der vom Stil der etwas aus der bisherigen Reihe ausbricht. Der Stil besagter Bilder erinnert an typisch französische Zeichnungen, was dem Buch gleich einen ganz eigenen, besonderen Reiz verleiht. Kombiniert mit weiteren tollen Bildern und der bisher schönsten Dungeonkarte des gesamten Systems kann „Knights of the Grail“ so jedenfalls schon einmal massenhaft Pluspunkte auf der optischen Seite sammeln.
Inhaltlich untergliedert sich der Band in neun Kapitel, die wir uns nun auch einmal kurz und knapp, Abschnitt für Abschnitt anschauen wollen. Den Anfang macht „The Land and it‘s People“, worin man schon einmal sehr gekonnt auf das eingestimmt wird, was einem bevor steht. Charts Bretonnia ist ein Landstrich voll sozialer Ungerechtigkeit geworden und daher vom Flair her noch einmal gänzlich anders, als man das vom Imperium kennt. Denn wo es dort ja tendentiell allen gleich schlecht geht, sind die Adeligen eben nobler und Armen entsprechend armseliger. Alles von der Landschaft, über die Sprache bis hin zu Kleidung und Essen vor Ort werden hier schon einmal thematisiert und helfen einem schnell hinein, in den Flair der Region.
Bemerkenswert sind da eben auch vor allem die zahlreichen Anmerkungen, dass bestimmte Umstände beim Adel eben so, bei den Bauern dagegen so gelöst werden, stimmen auf besagte Schere ein.
Die Geschichte Bretonnias ist dagegen Thema des zweiten Kapitels und liest sich recht spannend, hat aber natürlich auch eher akademische Relevanz für Spielleiter als wirklichen Nutzen. Doch der gegebene Detailgrad und Umfang stimmen und es steckt viel Inspiration für mögliche Abenteuer darin, weshalb ich die paar Seiten auch gerne gelesen habe.
Danach wird es dann aber schon spezieller. In „Politics & Foreign Relations“ ist zunächst einmal ein weiterer, tiefer Blick in die Gesellschaft der Bretonen. Vom Feudalsystem und Adelsgesellschaft über Familien, Erben, Hofhalterei, Militär, Handel und Bauernkultur bis hin zu Thema „Bretonnian trifft Ausländer“ wird hier alles beschrieben, was man so braucht, um sich auch in diesen Themenfeldern aus den eigenen Flair des Settings einzulassen.
Das vierte Kapitel, „Law and Justice“, führt diesen Gedanken dabei sogar noch weiter fort, alleine in seiner hier wirklich extrem hervortretenden Unterteilung in Adel und Bauernvolk. Auch hier gelingt es Chart, sowohl die „grim and gritty“-Fraktion der Leser zu bedienen wie auch Leuten auf der Suche nach einem lockereren Setting etwas zu bieten. Erstgenannte können beispielsweise Charaktere durch „local laws“ piesacken („Peasents must wear hats, the height of the hat indicating the amount of taxes they paid last year“ fand ich besonders ulkig), während andere Leute mit den „Herrimaults“, Gesetzlosen, die für Gerechtigkeit einstehen, so eine Art Grundlage für „Merry Men“ finden können. Sehr schön.
Das fünfte Kapitel nennt sich „Religion and Custom“ und stellt natürlich zunächst direkt einmal die oberste Göttin Bretonnias vor, die „Lady of the Lake“. Komplett mit Symbol, Verehrungsgebiet, Struktur und anderen Details ausgestattet ist es somit fortan auch möglich, diese Gottheit ins Spiel einzubauen. Eigene Zauber hat sie aufgrund ihrer Natur nicht, wohl aber Gaben, die sie tapferen Rittern geben kann.
Man addiere noch eine große Protion Aberglauben und allerlei Festtage dazu und fertig ist das informative Religionskapitel.
„A Tour of Bretonnia“ gleicht vom Aufbau her exakt dem sechsten Kapitel von „Sigmar‘s Heirs“, worin die großen Provinzen beschrieben wurde. Nacheinander stellt „Knights of the Grail“ hier nun auf satten 49 Seiten die vierzehn Regionen Bretonnias vor. Jede von ihnen hat eigene Redensarten, ein paar beschriebene Städte, Allgemeines zu Kultur und Umfeld, gegebenenfalls Werte für örtliche Kreaturen und alles, was man sonst eben so braucht, um sie mit Leben zu füllen. Jede Region hat zudem zwei Abenteuervorschläge, was sehr lobenswert ist, zumal diese sogar von teilweise ganz ordentlicher Qualität sind.
Nachdem also L‘Anguille, Aquitaine, Artois, Bastonne, Bordeleaux, Brionne, Carcassonne, Couronne, Gisoreux, Lyonesse, Montfort, Mousillon, Parravon und Quenelles en detail beleuchtet wurden, folgt auch schon das echt kurze, aber dafür volle siebte Kapitel „Characters and Careers“. Es gibt „Racial Features“ für Bretonnians im Allgemeinen und nach Herzogtümern noch mal differenziert, sowie vierzehn neue Karrieren. Einige davon, etwa der Carcassonne Shepherd oder der Village Elder, sind recht kultig, die zahlreichen Gralsritter-Klassen wirken allerdings fast schon etwas zu zahlreich.
Dem hilft das achte Kapitel dann noch auf die Sprünge, das sich der „Knighthood“ zuwendet. Neben Details zu Ritterleichkeit, Gralsqueste und Reittieren werden hier vor allem noch die „Virtues of Knighthood“ dargestellt. Das sind vierzehn Talente, von denen jeder Ritter eines erhält, je nach Klasse diktiert oder auch nach Wahl.
Jedes von ihnen orientiert sich an einem der Gralsritter und füttert seine Fähigkeiten entsprechend auch mit Hintergrund aus. So ist etwa die „Virtue of the Joust“ darin begründet, dass Folgar of Artois ein so exzellenter Lanzenreiter war und der entsprechende Charakter daher +10% WS erhält, während sich die „Virtue of Audacity“ von Agilgar of Parravon hergeleitet ist, der die Stärke seines Gegners gegen ihn einsetzen konnte, weshalb der betreffende Charakter in Kämpfen statt seinem SB auch den seines Gegners verwenden kann.
Teilweise ist die Mechanik der einzelnen Tugenden etwas sperrig, das Konzept an sich finde ich aber ganz prima, zumal es so sehr hilft, seinen Charakter besser zu individualisieren und ihn gleichzeitig durch die angefügten Geschichten zum Teil von etwas weit Größeren macht.
Toll!
Bleibt noch das neunte Kapitel des Buches, wohin sich einmal mehr ein Abenteuer verirrt hat. „Ill Tidings“ beginnt mit einer schweren Hochwasserkatastrophe in L‘Anguille und bringt die Charaktere über einige angeschwemmte Mutanten auf die Spuren eines finsteren Nurgle-Kultes, der in einem kleinen Weiler wütet.
Der Plot ist eher nichts herausragendes, dafür gefällt der Flair des Szenarios, der sehr gut zum Rest des Bandes passt. Auch gut sind die zahlreichen Tipps für geneigte Spielleiter überall auf den Seiten, die helfen, das Szenario auf der Strecke zu halten, wenn die Spieler mal so gar nicht wollen, wie das Szenario will.
Auch lobenswert sind bewusst abseits der Haupthandlung eingestreute lose Enden und die Tatsache, dass alle Gegner zwei Profile haben – „Novice“, wenn die Spieler frische Charaktere aus Bretonnia generiert haben, „Veterans“ dagegen für gediente Recken aus dem Imperium, die nur vor Ort auf Spritztour sind.
Insgesamt hat mir „Knights of the Grail“ rundum gut gefallen. Es ist einer der schönsten Bände der gesamten Reihe, es stecken unglaublich viel Informationen in den Texten und wer nach der Lektüre des Bandes nicht eine ganze Reihe toller Abenteuerideen im Kopf hat, hat vermutlich nur nicht gründlich gelesen.
Der gewohnt gesalzene Preis senkt die Endwertung um eine Halbnote herunter, ansonsten macht „Knights of the Grail“ aber auch einfach alles richtig. Derartige Quellenbände können gerne noch endlos mehr folgen!
Name: Knights of the Grail - A Guide to Bretonnia {jcomments on}
Verlag: Black Industries
Sprache: Englisch
Autoren: David Chart
Empf. VK.: 29,99 US-Dollar
Seiten: 128