In den Türmen Altdorfs

Das Epos geht weiter!
vom Backcover von In den Türmen Altdorfs

Einmal mehr haben Feder&Schwert ihr Versprechen gehalten und präsentieren einen neuen Band für das deutsche Warhammer-Rollenspiel. „In den Türmen Altdorfs“ ist der zweite Band der „Wege der Verdammten“-Trilogie und damit die Übersetzung des englischen „Spires of Altdorf“. Diese Rezension bezieht sich dabei wie immer beim deutschen Warhammer vor allem auf die deutsche Ausgabe als Umsetzung – wer Details zum Inhalt sucht und hier nicht findet, der findet vielleicht, was er sucht, in der Besprechung der englischen Fassung.

„In den Türmen Altdorfs“ verweist, anders kennt man das ja schon gar nicht mehr, die Originalausgabe jedenfalls optisch direkt mal wieder in ihre Schranken.
Das Cover ist, wie alle deutschen Bände, wieder stärker von diesem roten Rahmen umgegen, nur die zwei Figuren im Vordergrund sind davon ausgenommen und daher akzentuiert. Das sieht exzellent aus und sorgt dafür, dass trotz der unterschiedlichsten Zeichenstile bei den Covern die deutschen Bücher weitaus einheitlicher erscheinen als ihre englischen ‚Geschwister‘.
Auch die Innengestaltung überragt das Original einmal mehr und begeistert durch einen pergamenthaften Seitenhintergrund, schöner platzierte Bilder und – man glaubt es kaum – eine farbige Karte Altdorfs, die sich auf beiden Innenseiten des Hardcover-Umschlags in schönstem A3-Format ausbreitet.
Damit beweist Oliver Graute einmal mehr, was in ihm steckt und lässt Hal Mangolds künstlerische Leitung der Originalausgabe wie das Werk eines Hobby-Layouters erscheinen. Einfach toll!

Die Übersetzung stammt einmal mehr von Alexander von Peschke-Pigulla, der auch bereits den Vorgänger „Aus der Asche Middenheims“ eingedeutscht hat und hier wie dort sehr gute Arbeit geleistet hat. Der Flair des Originals ist definitiv bestehen geblieben und auch wenn die eine oder andere Sache sich nicht exakt übersetzen ließ, so ist doch ein sehr stimmiges Werk entstanden. Die Verwendung des GW-Glossars scheint weiter obligatorisch zu sein, fällt aber auch hier nicht mehr weiter ins Gewicht.

Wie auch die englische Ausgabe, so gliedert sich das Buch in zwei Teile. Einer ist ein Quellenteil über Altdorf selbst, und ein zweiter, der Löwenanteil allerdings, ist eben das besagte zweite Abenteuer der Kampagne, dass auch dem Buch seinen Titel gibt.
Der Quellenteil ist exzellent. Zwar wäre ein Quellenbuch über die Stadt schon immer schön gewesen, aber wenn man bedenkt, wie viele Informationen es in die vorliegenden fast 40 Seiten geflossen sind, meint man fast, keines mehr zu brauchen. Da sind sehr viele liebenswürdige Details eingeflossen, die den Altdorfer als solchen sehr sympathisch und nachvollziehbar schildern. Ich erwähnte ihn schon in der Rezension des englischen Buches, aber der Abschnitt über die typischen Demonstrationen in Altdorf zählt zu meinen liebsten Passagen im ganzen Spiel. Von Bierrevolten über Jauche-Unruhen und Mehrsteuern bis hin zu Anti-Demonstrations-Demonstrationen wird hier derart überzeichnet der Aufstandswillen der Hauptstadtsbevölkerung beschrieben, dass man nur schmunzeln kann.
Der eine oder andere Schmunzler dürfte sogar direktes Werk der deutschen Ausgabe sein, denn unter den typischen Gerüchen der Stadt findet sich im Deutschen anstelle des langweiligen „rotten meat“ doch dann auch „Gammelfleisch“. Fand ich nett, gefällt mir.

Der zweite Part dagegen ist halt so eine Sache. Das erste Abenteuer der Reihe war mir zu geradlinig, aber wenn „In den Türmen Altdorfs“ vielleicht doppelt so frei gestaltet wurde, dann ist es dafür auch vier mal so unübersichtlich geraten.
Der klarere Satz und der etwas kleinere Schriftgard der deutschen Ausgabe hilft einem da tatsächlich etwas, doch noch immer finde ich, das Abenteuer macht es dem Spielleiter schwerer, als es der Fall sein müsste. Aber zumindest bedeutet das mehr Freiheit für alle Leute am Spieltisch und auch einfach mehr Spannung, da der Plot sich auf gleich drei Handlungsfäden aufteilt.
Das Szenario selbst, dass sie unter anderem in das Umfeld der großen Magierakademien führt, ist dabei auch gar nicht so schlecht; was mir allerdings missfällt ist die eher maue Art, wie versucht wird, für die Kampagne einen Gesamtkontext zu erzeugen. Zwar bilden „Aus der Asche Middenheims“, „In den Türmen Altdorfs“ und – irgendwann in der Zukunft – „In den Schmieden Nulns“ durchaus ein großes Ganzes. Aber eine direkte, enge Verzahnung der Abenteuer bleibt leider aus.

Feder&Schwert haben gegenüber der englischen Ausgabe auch dieses Mal wieder einige Verbesserungen vorgenommen, die aber eher subtiler und kleiner ausfallen. Doch gerade die verbesserte Präsentation ist hier in meinen Augen letztlich mehr als reine Kosmetik, da mir das Szenario in der deutschen Ausgabe weitaus zugänglicher erscheint. Es ist und bleibt unnötig verkompliziert, aber es wirkt einfach weniger konfus und abschreckend.

Im Endeffekt würde ich prinzipiell noch immer niemandem, der einfach eine gute Kampagne sucht, zu den „Wegen der Verdammten“ raten. Wer das Glück hat, der sollte sich dann schon lieber die alten „Der Innere Feind“-Bücher schnappen, deren deutsche Ausgaben – „Schatten über Bögenhafen“, „Tod auf dem Reik“ und „Die graue Eminenz“ – mittlerweile auf Cons bereits in Grabbelkisten auftauchen.
Aber wer nun explizit eine WFRP 2nd-Kampagne sucht, der ist hier auch nicht ganz schlecht beraten und wird sicher ein paar schöne Stunden mit dem Buch verbringen können. Wichtig aber ist zu betonen, dass er mit der deutschen Ausgabe schlicht die schöneren Stunden verbringen wird. Der Quellenteil über Altdorf dagegen ist schon ein Must Have und wer vor hat, in seiner Kampagne der Hauptstadt etwas Aufmerksamkeit zu schenken, der kommt an dem Buch kaum vorbei.
„In den Türmen Altdorfs“ bleibt im Herzen „Spires of Altdorf“, doch die Übersetzung ist exzellent und die Aufmachung überlegen, weshalb eine Empfehlung hier einmal mehr klar an die deutsche Ausgabe geht.


Name: In den Türmen Altdorfs 
OT: Spires of Altdorf 
Verlag: Feder & Schwert {jcomments on}
Sprache: Deutsch
Autoren: David Chart, Deutsch von Alexander von Peschke-Pigulla
Empf. VK.: 24,95 Euro 
Seiten: 104