Warhammer Fantasy-Rollenspiel - Zweite Edition

Eine grimme Welt voller gefährlicher Abenteuer
vom Backcover von Warhammer Fantasy-Rollenspiel

Wieviele Rezensionen kann man wohl zu den Grundregeln eines einziges Systems schreiben? Nun, offenbar eine ganze Menge. Nachdem Scorp und ich vor einer ganzen Weile bereits zwei Rezensionen zur englischen Ausgabe der zweiten Edition vom Warhammer Fantasy Roleplay (kurz WFRP) verfasst haben, liegt nun auch noch die deutsche Ausgabe aus dem Hause Feder & Schwert neben mir.

Allgemeine Fragen zu Hintergrund und Regeln möchte ich an dieser Stelle allerdings demnach auch aussparen. Wer sich generell für WFRP interessiert, der sei hier klar an die beiden Besprechungen des englischen Buches verwiesen – wen es dagegen interessiert, wie das Buch in der deutschen Ausgabe abschneidet, der ist hier genau richtig.
Denn es gibt merkliche Änderungen abseits einer einfachen Übersetzung, wie schon ein Blick auf das Cover andeutet. Das Motiv ist generell mit der englischen Ausgabe identisch, wurde allerdings durch matte, rotbraune Flächen unten und oben akzentuiert und mit einer Mischung aus matter und glänzender Laminierung versehen, wie man es etwa auch von Exalted oder den neuen WoD-Bänden her kennt. Das sieht ungeheuer edel aus und gibt dem Spiel einen weitaus reiferen Eindruck, als es das quietschbunte englische Buch vermittelt. Auch das Backcover wirkt nun designt und nicht mehr nur noch einfach zusammengeklickt – kurz und gut, die deutsche Ausgabe ist einfach schöner.

Das gilt auch für die Innengestaltung. Auf Kosten einer erhöhten Seitenzahl ist man bei Feder & Schwert hingegangen und hat die einzelnen Illustrationen merklich vergrößert, so dass der rigide Zweispaltensatz der englischen Ausgabe aufgelockert wird. Man hat zudem je eine Illustration ausgewählt, die nun als ein Ganzseiter jedes Kapitel einleitet. Zusammen mit einem neuen Überschriften-Design (kein Zitronengelb mehr – yay!) gilt somit auch für die Innengestaltung des vollfarbigen Bandes, dass das Buch einfach weit erwachsener wirkt, als sein englisches Gegenstück. Auch die auf die Innenseite der Buchdeckel gedruckte Karte der alten Welt und andere, kleinere Gimmicks begeistern jeden, der das Buch öfter zu Hand nehmen muss, ebenso wie das hierzulande direkt im Grundbuch enthaltene Formular zum Eintragen von Zaubern. Alles sehr schön geraten.

Die Liebe der Umsetzung geht sogar so weit, dass man auch Illustrationen übersetzt hat. Das betrifft zwar nur zwei Bilder, aber wo eben Schilder und Tafeln zu sehen waren, hat man liebevoll und ohne Spuren englische mit deutschen Texten ersetzt, was dem Buch einen erfreulich stringenten Look verleiht.
Und uns, gewissermaßen, ja auch direkt zur spannenden Frage führt, wie denn wohl die Übersetzung gelungen ist. Eine Frage, die zu beantworten an dieser Stelle nicht ganz leicht ist, da es sich dabei um ein sehr zweischneidiges Schwert handelt.
Einerseits ist das Sprachniveau des Buches sehr hoch, die Texte lesen sich flüssig und wenn man es nicht besser wüsste, so könnte man an mancher Stelle glatt der Illusion verfallen, es wirklich mit einem einheimischen Produkt zu tun zu haben. Da, wo im englischen der deutsche Klang vieler Namen für Exotik sorgt, helfen im Deutschen öfters auch Anleihen im Mittelhochdeutschen, das zweifelsohne auch für einen Germanistikstudenten oft genug noch exotisch klingt. So wurde die wiesenreiche Region Wissenland entsprechend auch nicht zum Wiesenland, sondern zum „Whisenland“ – das gefällt mir sehr gut.
Alles Lob gilt sowohl für rollenspiel-exklusive Begriffe wie auch generelle Texte; bei Eigennamen hat man es dagegen mit einer etwas anderen Sachlage zu tun.
Man bestand bei „Games Workshop“ darauf, dass die Mannheimer Rollenspiel-Profis bei feststehenden Begriffen im Sinne der Kompatibilität von Rollenspiel und Tabletop die fest definierten Begriffe verwenden. Das klingt im ersten Moment ja auch ganz sinnvoll, zumal auch einige Namen im englischen und deutschen Warhammer einfach nicht identisch sind – Graf Boris von Todschläger respektive Graf Boris von Wüterich sei hier das Beispiel.
In der Praxis allerdings führt das zu einigen Eskapaden, die sehr bedauerlich sind. Ein Buch, das generell so gut eingedeutscht wurde und so viel Flair vom Original retten konnte, hat es eigentlich nicht verdient, Berufsklassen wie den „Riesenslayer“ darbieten zu müssen. Das sind zwar rare Ausnahmen, aber man stockt doch jedes Mal, wenn man darüber stolpert; da die Slayer aber nunmal im deutschen Tabletop auch so heißen, blieb bei F&S niemandem eine Alternative, als dies zu übernehmen. Daher heißt es im Impressum auch „Deutsch von Oliver Hoffmann, unter Verwendung eines Glossars von Games Workshop Deutschland.“
Man kann deren Standpunkt, etwa auch nach manch katastrophal übersetzten Warhammer-Roman aus dem Heyne-Verlag schon nachvollziehen, es ist aber dennoch schade und geht damit leider ein wenig auf Kosten der Qualität der deutschen Ausgabe.

Diese kann dafür wiederum an anderen Stellen punkten. Etwa durch eingebaute Errata, die zwar nicht alle, aber doch großteilig ihren Weg in zwischen die harten Deckel gefunden haben. Oder aber durch präzisierte Formulierungen – wir hatten am Spieltisch etwa einmal einige Interpretationsprobleme des Zaubers „Skywalk“; der erklärende Text zum „Himmelswandeln“ der deutschen Ausgabe dagegen war da eindeutiger ausgefallen. Auch sehr löblich.

Das Buch hat rein inhaltlich seine Stärken und Schwächen, die in den Rezensionen der englischen Bücher schon ausführlich dargelegt wurden. In der Kurzform bietet auch das deutsche WFRP (WFRSP hierzulande) einen wundervollen und teilweise sehr einzigartigen Hintergrund, der andererseits Fans klassischer Fantasy besser bedient, als viele andere Systeme anno 2005. Das Regelwerk ist sehr einfach und zugänglich, teilweise aber für meinen Geschmack an den falschen Stellen zu vage gehalten und generell krankt das Buch etwas daran, dass viele nützliche Dinge in andere Bücher ausgelagert worden sind.
Man kann mit dem Grundregelwerk allerdings schon wunderbar spielen und viele schöne Stunden an seinem Spieltisch verbringen. Das gilt ebenso, vielleicht sogar noch mehr für die deutsche Ausgabe, deren Lektüre ob des schönen Layouts ebenso mehr Spaß mach, wie das Buch in der Praxis zugänglicher ist, was nicht zuletzt an den präzisierten Formulierungen liegt.

Unter‘m Strich sollte sich jeder zunächst Fragen, ob er an einer düsteren, zynischen und zuweilen dennoch auch einfach schrägen Fantasy-Welt mit zahllosen klassischen Elementen Interesse hat. Wer glaubt, Zielgruppe zu sein, sollte sich weiter fragen, ob er unbedingt alle Quellenbände sofort und ohne Umschweife braucht, denn das ist eigentlich das einzige Argument, das derzeit noch für die englische Version spricht. Denn das deutsche Buch punktet in allen Bereichen immer ein bisschen besser als die Vorlage.
Ich jedenfalls würde jedem zur deutschen Ausgabe raten – hier macht man sicher keinen Fehler und weitere Bände sind auch hierzulande schon angekündigt.


Name: Warhammer Fantasy-Rollenspiel {jcomments on}
OT: Warhammer Fantasy Roleplay Second Edition 
Verlag: Feder&Schwert 
Sprache: Deutsch
Autoren: Chris Pramas u.a.; Deutsch von Oliver Hoffmann
Empf. VK.: 39,95 Euro 
Seiten: 287