Vampire - The Requiem - Ghouls

„A lure, a snare, a chain –
all in a drop of blood.“
vom Backcover von V:tR – Ghouls

 

Schon seit der Nosferatu meiner Runde einen alten Kumpel ghoulen wollte, musste ich feststellen, dass das Grundregelwerk zu „Vampire: the Requiem“ zwar einen Abschnitt zu den blutgebundenen Dienern der Vampire besaß, aber beiweitem nicht alle Details geklärt wurden.
Dies zu ändern schickt sich nun der vorliegende Band an, der ganz treffend „Ghouls“ betitelt ist. Auf dem Cover, von einer schrecklich-schönen Illustration von Daren Bader geziert, erkennt man einen bleichen Gothic-Punk, der eine arglos wirkende Frau mit panischem Blick in einer dunklen Gasse festhält, während im Hintergrund eine andere Dame mit den klassisch-amerikanischen, braunen Einkaufstüten zu sehen ist. Ist jetzt vielleicht nicht das Bild zum Thema, aber recht schön, vor allem handwerklich gut und von einer angenehmen Farbabstimmung.
Dazu addiere man noch den gewohnt-eleganten matten Umschlag mit den glänzend laminierten Designelementen und das mit Abstand schönste Bild einer Hardcover-Innenseite, das ich seit langer Zeit gesehen habe, um festzuhalten, dass „Ghouls“ schon mal keine Enttäuschung nach all den bombig aussehenden Vorgängerbänden ist.
Auch das Interieur ist schön, viele Bilder von Samuel Araya schmücken den Band, ebenso wie zahlreiche andere, talentiere Künstler Stift und Maus geschwungen haben. Es bleibt, wie es ist: In Sachen Layout zeigen die Jungs von White Wolf derzeit allen, wie man es zu machen hat.

Aber genug über die Schönheit des Buches geschwärmt, schauen wir mal nach dem Nutzen. Wie die bisherigen Bände auch, gliedert sich der Band in eine Einleitung, vier Kapitel und einen Appendix.
Diesmal kann man sogar mal etwas zur Einleitung sagen – denn wie bisher nur aus den Grundregelwerken bekannt, gibt es hier auch die praktische „Was man gemeinhin über Ghoule sagt und wie es bei V:tR ist“-Übersicht. Sind Ghoule leichenfressende Monster oder doch „nur“ bluttrinkende Menschen? Sind Ghoule vollkommen willenlose Sklaven der Vampire und verlieren sie ihre Kräfte, wenn sie kein Vampirblut mehr bekommen? Das wird alles schon mal vorweg geklärt. Auch Thema und Stimmung sowie empfohlene Inspirationen gibt. Sehr löblich und bereits ein Hinweis, worauf dieses Buch hinaus will.
Denn „Ghouls“ erfüllt die Diener der Vampire nicht einfach nur mit Details, sondern sie werden spielbar!

Aber auf zum ersten Abschnitt: „Chapter One: Bound in Soul and Blood“. Hier wird direkt viel Fleisch um den Knochen gewickelt. Wie wird man Ghoul? Welchen Einfluß auf die Persönlichkeit hat es, Ghoul zu werden? Können Ghoule „Nachwuchs“ zeugen? All das, wird hier geklärt. Außerdem erfährt der geneigte Leser, wie die einzelnen Clans ihre Ghoule behandeln und wertschätzen – verständlich, dass ein Gangrel-Ghoul eine andere Stellung einnimt als einer des Ventrue. Auch Ghoule ohne direkten Herrn werden behandelt.
Außerdem behandelt das Buch die Frage, ob es möglich ist, Tiere und Pflanzen zu ghoulen. Ob man nun Letzteres wirklich braucht, sei hier mal dahingestellt, möglich ist es jedenfalls.
Das erste Kapitel ist dabei auch mit Abstand das längste im Band, was erfreulich ist, geht es doch vor allem hier um den Hintergrund, abseits aller Regeln. Tatsächlich haben Ghoule ein recht großes Potential, denn wo ihre Herren schon Drogensüchtigen sehr ähneln, kommt bei ihnen auch noch eine Art „Junkie/Dealer“-Beziehung dazu, die viele Möglichkeiten für dramatische Geschichten bietet.

Das zweite Kapitel hört auf den klangvollen Namen „Ghoul characters and special rules“ und ist dann eben auch genau das. Ähnlich wie die Vampir-, Werwolf- oder Magustemplates gibt es hier nun den Ghoul-Aufsatz für die Charaktererschaffung, komplett mit neuen Traits sowie spielbaren Ghoulfamilien.
Diese ähneln am ehesten den Blutlinien und bringen gleichsam Potential für Nachteile für das Mitglied. Die „Alley Men“ sind dabei irrsinnige, selbsternannte Christen, die „Angustri“ typische Sinti-und-Roma-Klischees, die „Crassus“ lieben Wohlstand und Privilegien, die „Gravenor“ Abkömmlinge eines Nosferatu-Zweiges und die „Children of Nirriti“, ein auch als „Sin-Eaters“ bekannter Kult.
Das Buch geht sehr umfassend auf die Idee von spielbaren Ghoulen ein, wer also schon immer mal mit der Idee liebäugelte, die Diener der Blutsauger zu spielen, findet hier sein kleines Paradies.

Für Spielleiter ist dagegen das dritte Kapitel des Bandes gedacht. „Storytelling Ghouls“ behandelt eben genau dieses Thema und bietet zahlreiche Ansätze, wie man die Ghoule seiner Kampagne interessant machen kann. Sei es nun als Diener, sei es als Antagonisten oder eben als Spielercharaktere, alle Varianten werden hier bedient.
Noch einmal geben sich die Autoren große Mühe, hier mehr als eine dumme Dienerrasse vorzustellen und zeigen gut den Dualismus zwischen Dienst am Herrn und Risiko des Vinculum auf der einen Seite, sowie dem Erhalt des eignen Privatlebens auf der anderen.

Kapitel vier heißt „the debased“ und bietet acht beispielhafte Ghoule. Auch hier gab man sich Mühe, keine ohnehin offensichtlichen Archetypen zu bieten sondern interessante Ideen, mit denen man auch als Spielleiter arbeiten kann. Beispielsweise Ginny Allen, die glaubt, von einem Werwolf gebissen worden zu sein – nur war es in Wirklichkeit ein Gangrel, der sie nun ausnutzt.
Mit solchen Ideen kann man arbeiten, sehr vorbildlich, mal wieder.

Der Appendix dann ist eher obligatorisch zu nennen. Nachdem der Band uns das Konzept von Ghoulfamilien vorgestellt hat, müssen nun natürlich noch Regeln zum Erschaffen von eben solchen herbei. Neben blanken Regularien gibt es allerdings auch noch weitere Erzähltipps zum Einbau von Ghoulfamilien in die eigenen Chroniken. Nicht ganz so unnütz wie gedacht, also...

Abschließend ist „Ghouls“ ein weiterer dieser WoD-Bände, zu denen man nur ein einfaches Fazit ziehen kann: Besteht Interesse am Thema Ghoule, sei es nun als Element einer Chronik oder als Spielercharakter, dann ist das Buch ein must have und unglaublich nützlich.
Hat man nie vor, Ghoule mehr als hirntote Diener ihrer bluttrinkenden Herren sein zu lassen, dann kann man das mit 26,99 Dollar gewohnt günstige Hardcover auch stehen lassen. Steht „Ghouls“ drauf, sind Ghoule drin.
Von der reinen Qualität her kann man das Buch aber getrost empfehlen.


Name: Ghouks{jcomments on}
Verlag: White Wolf 
Sprache: Englisch
Autoren: Darcy Ann Anastasia, Carl Bowen, Rick Chillot, Ray Fawkes und Ian Price
Empf. VK.: 26,99 US-Dollar
Seiten: 144