Promethean - Saturnine Night

Good Book says
the world‘s caught in a long, dark night,
waiting for a brand new dawn to come and
sweep all that darkness away.
vom Backcover von Promethean: Saturnine Night

Und ein letztes Mal liegt einer der auf fünf Bände begrenzten Teile des Rollenspiels „Promethean“ vor uns. Es ist der krönende Abschluss der Reihe, oder möchte es zumindest gerne sein, klangvoll (aber nichtssagend; wir sprachen letztes Mal darüber) „Saturnine Night“ getauft.

Optisch alles in gewohnten Bahnen, alles also gut. Das Cover von Sam Araya ist jetzt nicht mein persönlicher Favorit der Reihe aber bombig gut allemal, die Innengestaltung mehr als ordentlich. Gedruckt auch diesmal wieder auf chinesischem Nudelpapier mit der knackfrischen Bindung, aber müßig das zu beklagen, ist jetzt zumindest in der ganzen Reihe durchgängig so.

Das Buch gliedert sich auch dieses Mal wieder in vier Kapitel, allerdings mit einer Besonderheit, denn Kapitel 4 ist mal nicht alleine das unvermeidliche Abenteuer; das gibt es aber auch. Doch dazu gleich mehr. Vielmehr muss man zumindest anerkennen, dass „Saturnine Night“ wieder klarer ein erkennbares Oberthema zugedacht wurde, auch wenn ich nach all der Mystik der bisherigen Bücher, dem divine fire, den quashmalim und all den okkulten Versatzstücken den abschließenden Dreher zur weird science eher schräg finde. Ja, klar steckt natürlich auch im Thema, gerade etwa bei Frankenstein, zu den wirklichen Gründen meines „Aber!“ wird uns gleich aber Kapitel 3 führen.

Kapitel 1 geht voll in Ordnung. „Demiurges in the Modern Age“ fragt sich, wer zum Geier baut sich eigentlich einen Promethean? Finde ich eine berechtigte Frage und das Kapitel gibt ein paar berechtigte Antworten, nicht zuletzt aber sogar allerlei Viecher zum Fürchten oder Verkloppen. Damit wird das Buch sogar schon fast für Mortal-Spieler interessant, sind einige feine Antagonisten hier ... aber das alleine reicht da sicher nicht.
P:tC-Spieler kriegen aber definitiv ein paar nette Anregungen und was die Chronik bereichert, das soll gut bewertet sein.

In Kapitel 2, „Flesh and Metal“, geht es um komplett fleischlose Prometheans. Sind ein paar feine Ideen drin, sogar Charaktererschaffungsregeln für die, die sie suchen. Mir gefällt die Idee und zumindest als NSC verspricht so ein „Fleischloser“ einen unterhaltsamen Kontrast zur Pinocchio-haften Spielergruppe – was nicht heißt, dass so ein komplett künstlicher Bursche nicht ebenfalls den Wunsch nach Sterblichkeit verspüren könnte.
Auch hier direkt mit ein paar vorgefertigten NSCs zum direkten Einbau. Auch gut.

Aber dann kommt es, Kapitel 3. „The Destroyers of Worlds“ packt sie aus, die – Obacht! – Nuclear Promethean. Man nehme 50er-Jahre-Traumata, vermenge sie mit den beknackt-komplexesten Verstrahlungsregeln, die ich seit langem lesen musste (und das auch noch in einem Storytelling-Buch, also ehrlich!), summiere noch die „Zekyr“ dazu, nach ihrem namenlosen Begründer „Zeka“ benannt, die man auch „Kinder der Bombe“ nennt, und heraus kommt – mit Verlaub – ziemlicher Trash.
Atomare Strahlung hätte jetzt schon einige echt frische Ideen gebraucht, um als Setting gerechtfertigt zu bleiben, aber ... nee. Der Abschnitt geht total an mir vorbei und, sorry, aber Horror entstand da beim Lesen schon mal gar nicht.
Vielleicht bin ich nicht die Zielgruppe ... dann aber auch richtig nicht. Meines Erachtens die schwächste Ergänzung zum Setting überhaupt.

Das vierte Kapitel heißt dann auch erst mal generisch „Storytelling“ und fährt mal wieder zum Thema Chronik-Design, Charakterziele und Geschichtenformate fort. Nicht lang und nichts Neues allerdings, allerdings okay. Dann einige Zeilen bereits mit Bezug zur vorgefertigten Chronik des Spiels, sowie Ideen zu deren Ausbau. Ob es jetzt jeden freut, im letzten Band zu lesen, wie er das erste Abenteuer aus dem Grundbuch hätte weiter ausbauen können, sei aber mal dahingestellt.
Vollendet wird die Reihe dann mit „These Mortal Engines“, dass eine schöne Beschreibung von Detroit und einen ziemlich abstrusen Plot aufweist; durchaus negativ gemeint. Die ganze Geschichte endet jedenfalls so trashig, wie das vorige Kapitel es befürchten ließ ... und Abenteuer, die Charaktere wie „Cancer Boy“ haben, die mag ich nur bedingt ernstnehmen.

Alles in allem ist „Saturnine Night“ nicht schlechter als „Magnum Opus“, aber weit schlechter als die ersten Bände der Reihe. Was schaurig begann schlägt hier endgültig im Trash auf und auch die Kampagne belohnt eine eventuelle Ausdauer auf Spielerebene keinesfalls.
Ich finde P:tC nach wie vor ein rundum cooles Spiel und „Pandora‘s Book“ einen guten Quellenband. Mein persönlicher Ratschlag ist es dann aber auch, es dabei zu belassen.
Wer‘s nötige Kleingeld hat, der kann sich die anderen drei Bücher zulegen, ganz unter aller Kanone ist noch keines von denen, aber die paar guten Ideen der ersten beiden Kapitel reichen für mich nicht, um „Saturnine Night“ eine Kaufempfehlung zu geben. Zumal, sagen wir es noch mal deutlich, auch ganz klar rund 30 Seiten alleine für das maue Abenteuer auf Sub-Fanzine-Niveau draufgehen. Mit den ewigen Storytelling-Tipps dazu sind es sogar über 50 Seiten.
Kann ich nicht empfehlen.


Name: Saturnine Night
Verlag: White Wolf Publishing {jcomments on}
Sprache: Englisch
Autoren: Joseph Carriker, Jr., Jess Hartley, Wood Ingham und Chuck Wendig
Empf. VK.: 26,99 US-Dollar 
Seiten: 151