Promethean - Magnum Opus

The beauty of the Great Work is that it is never finished.
Even if each of us were granted Mortality today,
what then?
We would all still have journeys to make.
vom Backcover von Promethean: Magnum Opus

Lieber Leser, ich habe nachgedacht. Habe lange nachgedacht, was es eigentlich ist, dass ich an den Titeln der Promethean-Bücher von Anfang an komisch fand. Und nachdem ich die Fragestellung nun wirklich oft genug von einer Hirnhälfte in die andere habe rollen lassen, da traf sie mich. Die Erkenntnis.
Was haben das WoD-Buch „Antagonists“, das Vampire-Buch „Mythologies“ und etwa das Werwolf-Buch „Predators“ gemeinsam? Richtig, sie vermitteln einem auf den ersten Blick einen klaren Eindruck dessen, was einen innerhalb der Pappdeckel erwartet. Selbst eher esoterisch klingende Bücher der WoD wie „Blood of the Wolf“ (W:tF) oder „Secrets of the Ruined Temple“ (M:tA) haben, kennt man einmal ihren Inhalt, durchaus sehr knackig durchdachte Titel.
Und ich fürchte, das kann ich von den P:tC-Bänden so einfach nicht sagen.

Vor uns liegt nun der dritte Zusatzband der Reihe, dem das durchaus ganz gute „Pandora‘s Book“ (mit knackigem Titel) und das etwas undurchdachte, aber sonst gute „Strange Alchemies“ (mit nichtssagendem Titel) voraus gehen. Der Neue heißt nun „Magnum Opus“ und, was soll ich sagen? Ich bin nicht überzeugt...

Optisch schon, da stimmt wie immer alles. Das Cover ist ein Araya wie bei jedem Promethean-Produkt und ist stimmungsmäßig einfach brilliant, wie ein Christopher Shy zu besten Tagen. Gedruckt wird weiter auf das China-Backpapier, aber abgesehen davon ist auch die Innengestaltung schön geworden; nicht über dem gewohnten Level, aber der reicht ja auch dicke.
Aber worum geht es jetzt genau in „Magnum Opus“? Nuuuun...

Das Buch wurde mal wieder in vier Kapitel untergliedert, von denen numero quattro die unvermeidbare Fortsetzung des übergreifenden Abenteuers ist. Ansonsten aber zu den Kapiteln in ihrer Reihenfolge:
Das erste Kapitel heißt „What Is and What May Be“ und ist im Grunde das, was der o.g. Vampire-Band „Mythologies“ für die Blutsauger darstellte – alternative Schöpfungsgeschichten und Varianten der bekannten Mythen. Ob es jetzt Sinn macht, bei einem Spiel, dass auf fünf Bücher begrenzt ist und das am Ende weniger als 1.000 Seiten Gesamtumfang hat, jetzt unbedingt noch einen ganzen Abschnitt zur alternativen Schöpfung reinzustecken, das muss jeder selber wissen. Ich persönlich find‘s nicht so prickelnd, wenn auch einige richtig nette Ideen drin sind und dieses riesige, hölzerne Dingen, was auf S. 21 römische Legionäre verkloppt, schon kultig ist.

Kapitel 2 heißt „Rare Alchemies“ und zahlt daher fünf Euro in die Klischee-Titel-Kasse, ist aber auch sonst ‘ne streitbare Sache. Über die sechs „Refinements“ des Grundbuchs soll es hier hinausgehen und das tut es, quasi, indem es vier weitere Refinements einführt. Aes (Bronze), Argentum (Silber), Cobalus (Kobalt) und Plumbum (Blei) sind damit ebenfalls wählbar. Hätte ich persönlich jetzt auch nicht gebraucht, dann lieber einen schnieken Baukasten für eigene Refinements und ‘ne lange Liste mit den schicken, alchemischen Metallnamen, das hätte es auch getan. Auch hier gilt aber: Wer glaubt, Zielgruppe zu sein, der darf erfreut jubeln, denn die Umsetzung selbst ist schon okay.

Heute schon viel gemeckert, aber Kapitel 3 bietet dann auch tatsächlich mal eine positive Überraschung. „The Long and Winding Road“ befasst sich mit einigen der bockigsten Themen des doch recht zielgerichtet ablaufenden Spieles. Vornehmlich etwa Milestones für mehrere Gruppenmitglieder und allgemein Gruppenverwaltung eines Promethean-Haufens, neue Ideen für Crossover-Runden, mehr zur Disquiet, halt allgemein mehr, um dem Erzähler das Leben etwas leichter zu machen.
Und leichtere Leben für Erzähler sind eine feine Sache. Da zudem das Kapitel hier ziemlich gut ist, gar exzellent wäre, wenn es weniger an einem bestimmten Beispiel und etwas abstrakter erkläutert würde, lohnt sich die Lektüre allemal. Ob das aber das Buch „herumreisst“, dazu kommen wir gleich zurück.

Denn bevor wir unser Fazit aufbauen können, liegt ja noch „To the Wastes“ vor uns, der vorletzte Teil der durchgehenden Chronik der ganzen Reihe. Im Grunde alles wie immer: Ich finde den Plot noch immer nicht besonders bewegend, das Abenteuer selbst ist noch immer nicht nennenswert in seiner Struktur. Es gibt Schlimmeres, auch für Geld, aber es gibt auch Besseres, auch umsonst. Dazu dann wie gehabt der Faktor, dass man es einmal spielt und immer mitschleppt, da es ja mal wieder an einem Quellenband dranhängt und, neu, dass diesmal auch noch die Rockies das Setting sind. Die fand ich schon aus der Werwolf-Sicht eher lahm und ich kann nicht behaupten, dass sie aus Sicht der „Created“ mehr Story-Potential entwickeln.

Insgesamt muss ich leider festhalten, dass die Degeneration der Reihe tapfer fortschreitet und dabei ordentlich an Fahrt zunimmt. Einem durchaus sehr nützlichen Kapitel („The Long...“) wurden zwei ziemliche „Kann man haben, würde ich aber kein Geld für bezahlen“-Vertreter beigestellt und das ganze wurde durch das bisher absolut egalste [sic] Abenteuer der Bücher besiegelt. Das Buch ist übrigens dieses Mal auch nur 144 Seiten lang, kostet aber auch nicht einen Cent weniger als das 160 Seiten lange „Pandora‘s Book“, so zum vergleich...
Ob nun mathematisch in Schulnoten oder rein mit Bauchgefühl, der Band landet für mich immer in der gleichen Liga: „Magnum Opus“ ist nicht mehr und nicht weniger als „ausreichend“.
Oh, und um den Kreis zu schließen: Der Titel ist mit einigen der Kapitel durchaus im Geiste in Teilen verbunden. Aber vielsagend ist er trotzdem nicht.


Name: Magnum Opus
Verlag: White Wolf {jcomments on}
Sprache: Englisch
Autoren: Joseph Carriker, Jess Hartley, Wood Ingham und Matthew McFarland
Empf. VK.: 26,99 US-Dollar
Seiten: 144