Mage - Dead Magic

Centuries of Magic – Millenia of Horror
vom Backcover von Dead Magic

Ich glaube, kaum ein Buch für die dritte Edition von Mage: the Ascension ist so ins Kreuzfeuer geraten wie das vorliegende Werk, „Dead Magic“. Als es dann aber im Zuge der „The Devil Made Us Do This“-Aktion zum Erscheinen von „Demon: the Fallen“ auf tragbare 6,66 US-$ respektive 6,66 € gefallen war, da war auch meine Neugierde nicht mehr zu bezwingen und ich erwarb das Buch einfach mal.

Es ist unter dem Label „Black Dog“ erschienen, der Marke, unter der „White Wolf“ Sachen von höherem Härtegrad, also für Erwachsene, veröffentlicht. Die Liste der Bücher ist relativ klein, gemessen an ihrem Ausstoß, und „Dead Magic“ sollte, spontan gedacht, das einzige „Adult Only“-Buch der aktuellen Magus-Edition sein.
Wie dem auch sei, wirklich begründet fand ich die Entscheidung nicht, doch bringt sie zumindest einen angenehmen Layoutwechsel in der Randgestaltung (die zerfallenden Sphärensymbole, die stets den Rand in der dritten Edition bilden, liegen auf schwarzem Grund, was zugleich düster und cool wirkt).

Überhaupt ist das Buch optisch im gehobenen Durchschnitt einzuordnen. Das Cover ist mal nicht Christopher Shy, der doch gerade zur Zeit des Erscheinens die Magus-Cover sehr dominierte, sonder von Steve Stone, der allerdings ebenfalls ein sehr nettes Cover mit einer Art buchhaltenden Zombie geschaffen hat. Handwerklich sehr nett, das Motiv ist okay … hat vielleicht nicht direkt etwas mit dem Buchinhalt zu tun, aber gut.
Die Innenillus sind von eher ungewohnten Illustratoren geschaffen worden. Neben dem unvermeidlichen und unvermeidlich unpassend anmutenden Leif Jones und dem gewohnt guten Steve Prescott finden sich noch Illus von Guy Davis, Fred Harper, Paul Phillips und Conan Venus, die zusammen einen sehr atmosphärischen und – vor allem – schön stringenten Stil haben.
Nett.

Interessant ist aber vor allem der Inhalt, für den sich neben Dana Habecker, James Stewart und Chris Tang auch der ehemalige Line Developer Jess Heinig, mittlerweile abgesetzt und zum Star Trek-Rollenspiel abgewandert, verantwortlich zeichnet. Von einer diesmal auf den ersten Blick so richtig nichtssagenden Tarotkarte eingeleitet, aber dennoch passend: es ist die Six of Cups respektive, gemäß dem Mage Tarot, die Six of Primordialism, aufrecht für Erinnerung und Erneuerung stehend – wollen wir also sehen, was erneuert wird.
Kapitel 1, natürlich auf eine kurze, relativ schwache Kurzgeschichte (drei Seiten) und dem typischen „Wie man dieses Buch benutzt“ folgend, legt dann auch schon richtig los, „The Lands of Nod – Sub-Sahara Africa“. Von 12 Seiten Tagebuch eines Magus, der mit eigenen Augen in Afrika untersucht hat, wird dann schon mal vorbereitet, was auf weiteren zehn Seiten in Regeln gekleidet wird: afrikanische Mystik und Magie in der eigenen Chronik.
Der Hintergrundteil ist dabei lang, aber nicht unbedingt wirklich reich an Fakten, liest sich zwar ganz nett aber wirklich Lust, davon mal etwas einzubauen, hat man Spielleiter danach nicht. Dazu dann noch eine Karte, wo man sich genau befindet.
Der Regelteil dagegen ergießt sich über einige Rotes von recht simpler Natur (nichts davon geht über Spirit 3/Correspondence 2 oder etwas Vergleichbares hinaus) und auch recht simpler Wirkung. Sind zwar Sachen, die ein afrikanischer Buschmann können kann, gebraucht hätte man die Rotes sicher nicht. Dazu dann noch zwei mystische Plätze, einige Artefakte, ebenfalls bis auf die 6pt.-Heil-Statue alle auf dem Boden der Tatsachen, und einige belanglose Kreaturen, von den höchstens der Nagloper, hier kaum mehr als ein Vampirabklatsch, Potential gehabt hätte aber aufgrund der Kürze auch eben nur ein „Ding“ bleibt.

Kapitel 2 heißt vollmundig „The Cradle of Civilization – Mesopotamia“, dreht sich aber in erster Linie klar um das, was so als „die Hure Babylon“ kennt. Auf gerade mal drei Seiten Tagebuch eines Magus folgen fast zehn Seiten Hintergrundmaterial (nebst Karte), diesmal direkt für den Spielleiter aufgemacht. Das ist klar ein Vorteil, denn anders als zuvor kriegt man hier bei der Lektüre auch durchaus einige Ideen oder, wenigstens, Infos an die Hand gegeben, die man dann weiter verwursten kann um etwas daraus zu machen. Zwar bleibt die Frage, wer so etwas will, aber gut, wer eben Lust auf das Thema hat, der kriegt hier auch durchaus was geboten.
Natürlich folgen auch hier wieder Rotes, mächtigere Effekte dieses Mal, weit mächtigere Effekte. Damit lässt sich auf der Seite des Erzählers natürlich was machen, andererseits sind manche Effekte auch schon wieder so mächtig, dass die das Spiel komplett, und ich meine komplett, kippen können. Man muss eben selber wissen, ob man Rotes wie Sin (zielsicher aus Sonnenfinsternissen Omen deuten, Entropy 2, Prime 1 oder Entropy 4, Spirit 4 und Prime 4) oder Namburbu (angekündigte Omen in ihrer Auswirkung abschwächen, Entropy 4, Prime 3, Spirit 3, Correspondence 2 und Life 2) zulassen will.
Ach ja, zwei Monster, Aladlammu und Anzu geheißen, gibt es auch wieder, allerdings wiederum mit viel zu wenig Hintergrund.

Kapitel 3 schnappt sich nun die nächste Ecke da unten: „Fire in the Jungle – Mesoamerica“ folgt dem bekannten Schema. 11 Seiten In-Time-Hintergrund, neue Rotes, ein paar wenige Items und mystische Plätze.
Und hier wird einem dann so richtig schlecht. Nicht, weil der gebotene Hintergrund doch ach so schrecklich und nur für Erwachsene ertragbar ist, sondern weil hier so mies recherchiert wurde, dass es höchstens für einen Menschen ohne jede Schulbildung erträglich bleibt.
Man kriegt, nach einer schier endlosen Betrachtung des Kalenders der Maya, ein Bild der Maya geliefert, dass irgendwie zwischen einem dummen Urvolk und irren, blutrünstigen Barbaren liegt. Klischees geben den Ton an und das der erste gebotene Rote, „Cuicuico's Demise“ (Forces 5, Matter 4) gleich einen Vulkan zum Ausbruch bringt, macht es nur noch schlimmer. Dazu dann noch „Heart of Huitzilopochtli“ (Life 5, Spirit 5, Prime 5), der Rote zum archetypischen wie quintessenzspeisenden Blutopfer mit dem Opferdolch und viel zu wenig Infos zu eigentlich allem (die kompletten Anden, als mystischer Ort, haben nicht einmal eine Spalte bekommen) – ein Kapitel zum Wegwerfen.

Das vierte Kapitel, „Pillars of Philosophy – Greece and Rome“, mutet bekannt an. Sieben Seiten In-Time, 16 Seiten generisches wie gehaltloses Gelaber nahezu ohne Wert, komische Rotes, Viehzeugs und zu kurz beschriebene Locations. Oh, und die Karte natürlich.
Mein persönliches Highlight des Kapitels ist aber sicherlich die „Formula of Lichedom“, ein gleich in einem ganzen Unterkapitel behandelter Rote.
Mit beschaulichen Entropy 4, Life 4, Matter 4, Spirit 4, Prime 3 und Mind 1 ist es einem Magus nun möglich, sich in einen untoten, aber auch unsterblichen Liche zu verwandeln. Na wundervoll, das habe ich mir ja schon immer gewünscht...

Ein Kapitel übrig, schauen wir mal: „The Top of the World – the Arctic Circle“. Ein faszinierendes Thema, gerade das ewige Eis, die Polarlichter und vieles mehr, daraus kann man doch was machen!
Muss man aber nicht, wie „Dead Magic“ gekonnt beweist. Fünf Seiten Hintergrund nebst Karte? Abgehakt. Vier Seiten belangloser Hintergrundinformationen für den Spielleiter? Haben wir. Seltsame Rotes die niemand braucht? Klar doch. Kreaturen? Sicher. Artefakte? Jau. Witzlos kurze Ortsbeschreibungen? Ebenfalls vorhanden.
Man mag eigentlich gar nicht mehr viel schreiben. Wie fast befürchtet wird auch hier nahezu alles Potential verschenkt, nur wenig brauchbares Material geliefert und allgemein vor allem eines nicht getan: eine Atmosphäre erzeugt.

Also, schauen wir mal abschließend: was wollte „Dead Magic“ sein?
Eine Abhandlung düsterer Magie aus verlorenen Zeiten, Geheimnisse, die besser nie aufgedeckt würden und abschreckende Magie, die nur ein erwachsener Leser verkraften kann.
Was ist es geworden? Belanglos, langweilig und vor allem nutzlos. Realistisch zu verwendende Kapitel wie Afrika oder die Arktis sind vollkommen unzureichend, bieten einem weniger Informationen als Google vermutlich innerhalb von zehn Minuten auffinden kann.
Einzig das Kapitel zu Babylon und Mesopotamien ist ganz gut geschrieben, nur leider auch unbrauchbar – unbrauchbar vom Thema her, denn … wer braucht Babylon in einer Chronik der WoD?

„Dead Magic“ ist, kurz und schlecht, vermutlich eines der miserabelsten Bücher, die ich in meinem WoD-Schrank habe, nutzlos und ursprünglich mit fast 20 Dollar auch noch richtig teuer. Und keinen einzigen Cent wert … so sehr ich es bedaure, es gibt in meinen Augen keinen einzigen Grund, warum man dieses Buch sein Eigen nennen sollte.


Name: Mage: Dead Magic 
Verlag: White Wolf 
Sprache: Englisch{jcomments on}
Autoren: Dana Habecker, Jess Heinig, James Stewart und Chris Tang
Empf. VK.: 19,95 US-Dollar 
Seiten: 136