King of Tokyo

Riesige Monster, die im Kampf gegeneinander Tokyo in Schutt und Asche legen waren ein sehr prägender Teil meiner televisuellen Kindheit und Jugend. Und ich schäme mich nicht Godzilla: Final Wars im edlen Pappschuber auf DVD erstanden und auch im gesetzteren Alter genossen zu haben. Daher stelle ich für King of Tokyo die ideale Zielgruppe, denn in diesem einfachen Würfelspiel hauen sich große Viecher, um der titelgebende Herrscher von Tokyo zu werden, das traditionell in dieser Art von Film zerstört wird.

Wenn man die große Box etwa im Format von Dominion oder Siedler von Catan genauer beschaut, springt als erstes der Name von Richard Garfield ins Auge. Dieser Mann wurde neben dem in Nerd-Kreisen bis heute gefeiertem Brettspiel Robo Rally vor allem durch die Erfindung eines ganz neues Genres bekannt, dass in den 1990er Jahren die Phantastik-Szene ordentlich erbeben ließ:  Magic: The Gathering. Glücklicherweise hat er sich nicht entspannt zurückgelehnt und das verdiente Geld genossen, sondern weitere Spiele ersonnen, von denen King of Tokyo nur das neuste ist. So bekommt man bereits vor Öffnen der Box ein gutes Gefühl.

Nach dem Öffnen der Schachtel erblickt man 66 Spielkarten, einen sehr kleinen Spielplan für Tokyo, sechs Pappaufsteller für die Monster und dazu passend je eine Anzeigetafel für Lebens- und Siegespunkte, 28 Chips für Spezialfähigkeiten, 50 kleine, grüne Energiekuben, eine Spielanleitung und acht ziemlich große und wuchtige sechsseitige Würfel.

Das Spiel ist für zwei bis sechs Leute ausgelegt, wobei es (wie üblich) in der 2-Spieler-Variante ziemlich an Spaß einbüßt. Sind fünf oder sechs Monster im Spiel, kommt noch Tokyo Bay hinzu, bis die Zahl der Monster im Spiel wieder vier erreicht. Der kleine Spielplan hat also nur den Sinn anzuzeigen, welches Monster sich gerade in Tokyo befindet. Alle anderen Monster müssen draußen bleiben, bis sie das Vieh in der Stadt Schaden erleidet und beschließt die Stadt zu verlassen. Um Schaden zu verursachen, muss man die riesigen, unpraktischen und dennoch irgendwie sehr passenden Würfel schmeißen.

Die sechs regulären Würfel haben sechs unterschiedliche Seiten mit den Zahlen 1,2 und 3, einem Herz, einem Blitz und einer Tatze. Dreimal die gleiche Zahl zu würfeln gibt die entsprechende Zahl an Siegespunkten, jede weitere gleiche Nummer nach dem Dreier gibt einen weiteren hinzu. Ein Herz regeneriert einen Lebenspunkt, wenn man außerhalb von Tokyo herumlungert, ein Blitz verschafft einen Punkt Energie um Sonderfähigkeiten zu kaufen und die Tatze schädigt den oder die Gegner. Wie bei Kniffel darf man bis zu dreimal würfeln und ausgesuchte Würfel liegen lassen. Hat man beim ersten Durchgang etwa 2,2, Herz, Herz, Blitz und Tatze und steht in Tokyo, so kann man die beiden Herzen ohne Probleme neu würfeln, um vielleicht eine 2 für 2 Siegespunkte (durch den Dreier) oder weitere Energie zu erhalten oder Schaden zu verursachen. Wenn ein Monster in Tokyo Schaden würfelt, erleiden den alle Monster außerhalb der Stadt, wenn die Monster außerhalb Tatzen würfeln, verursachen sie Schaden bei dem oder den Viechern in Tokyo. Das macht es ziemlich gefährlich in Tokyo zu bleiben, aber dennoch lukrativ, denn es gibt einen Siegespunkt nur dafür nach Tokyo zu gelangen und zwei weitere, wenn man eine Runde in der Stadt übersteht. Bei 20 Siegespunkten hat man das Spiel gewonnen und natürlich auch, wenn man das letzte stehende Monster ist!

Das Herumgeblödel und die Schadenfreue erreichen dabei sehr schnell sehr unterhaltsame Bereiche, da das Spiel problemlos in drei Minuten erklärt und sofort losgelegt werden kann. Durch die Würfelei ist natürlich ein großer Glücksfaktor im Spiel, der jedoch keinesfalls negativ auffällt, sondern perfekt zum Thema des Spiels passt. Spätestens ab der zweiten Runde werden die Spieler dann auch vermehrt auf Strategie setzen, die man durchaus verfolgen kann. So wird das richtig getimte Verlassen der Stadt, um zu heilen oder ein verletztes Monster in die Stadt zu hieven, wo es dann leichter ausgeschaltet werden kann, wichtig. Auch das gezielte Ansammeln von Energie, um sich eine tolle ausliegende Sonderfähigkeit zu schnappen oder einem anderen Monster vorzuenthalten kann wichtig werden. Sowieso sind die Karten mit den zufällig bestimmten Sonderfähigkeiten, die man von der erwürfelten Energie ersteht, eine spaßige Ergänzung. Ein Monster mit einem zweiten Kopf würfelt beispielsweise einen zusätzlichen Würfel (es liegen zwei grüne Extrawürfel bei), ein Superhirn ermöglicht einen Wurf komplett neu zu werfen und ein besonders hungriges Monster kann auch "Straßen" von Ergebnissen für Siegpunkte nutzen. Der ganze Spielablauf ist sehr schnell, eine ganze Partie dauert selten länger als 20 Minuten und jeder Spieler ist schnell wieder an der Reihe, um selber zu würfeln. Aber auch während der Züge der anderen ist man beschäftigt, sei es nun um Schadenspunkte zu vermerken oder einfach nur, um gehässige Kommentare zu verteilen!

Das Ganze ist mit putzigen, comichaften Zeichnungen versehen, die sehr gut zum Spielgefühl von King of Tokyo passen. Alleine die Pappaufsteller und Wertungstafeln der sechs Riesenmonster Alienoid, Meka Dragon, Kraken, Giga Zaur, The King und Cyber-Bunny sind Ikonen der bekannten Filmen nachempfunden oder passend neu erfunden worden. Wer könnte sich auch dem Charisma eines finsteren Kaninchens in einem weiß-pinken Mech mit Energieschwert entziehen? Ich jedenfalls nicht!

Natürlich gibt es auch etwas zu meckern. Das Element der Spieler-Elimination wird nicht jedem gefallen. Es kann recht früh im Spiel passieren, dass die eigene Kreatur ausscheidet, wonach man als Spieler keine Chance mehr hat, das Spiel zu beeinflussen. Das ist nur bedingt tragisch, da die Spielzeit insgesamt gering ist, wäre aber dennoch z.B. durch eine verringerte Würfelzahl ausgleichbar, die etwa eingreifendes Militär der Menschen darstellt und so das Spiel noch schneller machen würde. Für ein "Mitbringspiel für Zwischendurch" ist die Verpackung eigentlich zu groß und auch der originäre Preis von 30 Euro spricht nicht unbedingt für eine Mitnahmementalität, ist aber nicht unangemessen für das Spielmaterial.

Nichtsdestotrotz ist King of Tokyo ein wahnsinnig tolles Spiel für eine schnelle Runde zwischendurch, während man etwa auf andere Spieler wartet oder einfach nur etwas schnellen Spaß haben kann. Wobei das eher theoretisch ist, denn es macht so viel Spaß, dass ich es bislang nicht erlebt habe, dass nach einer Partie Schluss gewesen wäre. Dicke Empfehlung für King of Tokyo!

Mit freundliche Unterstützung des Heidelberger-Spieleverlags.


Name: King of Tokyo
Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Sprache: deutsch
Spieler: 2 - 6
Autor: Richard Garfield
Aufmachung: Gut
Komplexität: Gering
Empf. VK.: 29,95 Euro
EAN: 4015566030817{jcomments on}


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