Battlestar Galactica

Die Neuadaption der Fernsehserie Battlestar Galactica wusste in den letzten Jahren Science-Fiction-Fans allerorten zu begeistern. 2008 dachte man sich beim amerikanischen Spieleverlag Fantasy Flight Games dann, dass sich aus der Thematik der Serie doch ein vernünftiges Brettspiel zaubern lassen müsste. Das Ergebnis, dessen deutsche Version vom Heidelberger Spieleverlag Gegenstand dieser Rezension sein soll, fängt nicht nur die Atmosphäre der Serie sehr gekonnt ein, sondern schafft auch ein großartiges Spielerlebnis.

Es geht um das namensgebende Schlachtschiff Galactica, das einen Konvoi von Zivilschiffen durch das Universum zum Planeten Kobol begleitet, wo man sich Hinweise zur mystischen 13. Kolonie erhofft: der Erde. Die etwa 42.000 Menschen des Konvois stellen die letzten Überlebenden der Menschheit dar, die ansonsten von den Zylonen vernichtet wurden. Diese Roboter wurden nicht nur von den Menschen geschaffen und haben revoltiert, sondern haben sich auch weiterentwickelt und eine neue Form von Maschine geschaffen, die nicht von einem Menschen zu unterscheiden ist. Einige dieser getarnten Zylonen haben die Menschen unterwandert und behindern ihr fortkommen. Allerdings wissen nicht einmal alle Zylonen, dass sie keine Menschen sind. In dieser Atmosphäre aus Angst, Misstrauen und der ständigen Bedrohung durch Zylonenangriffe müssen die Menschen trotz allem zusammenarbeiten, um ihr Ziel zu erreichen. Damit umfasst das Brettspiel die erste Staffel der Serie bis zu ihrem Finale.

Die Spieler übernehmen jeweils die Rolle eines Charakters aus der Serie, die jeweils in Klassen unterteilt sind. So ist etwa William Adama ein militärischer Führer, wohingegen Laura Roslyn eine politische Führerin ist. Die beiden anderen Klassen stellen Piloten wie Kara „Starbuck“ Thrace und die Unterstützer wie Chief Galen Tyrol. Jede Figur hat besondere Vorteile und eine einmal pro Spiel einsetzbare Sonderfähigkeit, aber auch einen Nachteil. So kann Laura Roslin beispielsweise aufgrund ihrer religiösen Visionen bei den unausweichlichen Krisen zwei Karten ziehen und sich für eine entscheiden. Dafür muss sie aber auch zwei ihrer Handkarten abwerfen, um einen Ort aktivieren zu dürfen, da sie tödlich erkrankt ist. Nur eine effektiv zusammengestellte Truppe hat die Chance, die Reise nach Kobol zu überstehen, deswegen sollte zunächst jeweils eine der Klassen abgedeckt werden, bevor man die weiteren Charaktere für die drei bis sechs Spieler auswählt. Der hochrangigste Charakter der Zivilisten und Militärs wird dann Präsident bzw. Admiral der Flotte.

Nachdem jeder Spieler seinen Zug beendet hat, muss er eine Krisenkarte ziehen, die ein Problem beschreibt, dass die Gruppe lösen muss. Das sind schmerzhafte Entscheidungen, die entweder der Präsident oder der Admiral treffen muss oder Tests, die von allen absolviert werden. Wenn zum Beispiel ein „Unidentifiziertes Schiff“ auftaucht, dann muss gegen die Schwierigkeit zehn getestet werden, die sich jeweils links oben auf der Krisenkarte findet. Um dieses Problem lösen zu können, müssen die Spieler Fertigkeitskarten einsetzen, die jeder Spieler zu Beginn seines Zuges anhand der Fähigkeiten seines Charakters erhält. Unterstützer wie der Chief ziehen vor allem Karten vom Technikstapel, politische Führer vor allem Politik- und Führerschaftskarten, Piloten Raumkampf, etc. Insgesamt stehen sechs Fertigkeitsdecks zur Verfügung, von denen ein Charakter fünf Karten aus bis zu drei Bereichen ziehen kann. Neben ihrer Wertigkeit von eins bis fünf für Fertigkeitstest, haben sie auch eigene Sonderfähigkeiten die separat ausgespielt werden können, wie etwa einem anderen Charakter zusätzliche Aktionen mit einer Führerschaftskarte zu geben.

In Fall der Krise von oben, dem unidentifizierten Schiff, zählen nur Raumkampf- und Taktikkarten positiv, die vier anderen Kartenbereiche negativ. Jeder Spieler muss nun verdeckt eine beliebige Anzahl von Karten in den Pool legen, zu dem noch zwei Karten aus dem Schicksalsstapel kommen, der aus je zwei Karten der sechs Pools gebildet wird. Nachdem alle Spieler die Karten hinein geschmissen oder verzichtet haben, wird überprüft, ob die Krise bewältigt wurde. Nehmen wir an, dass sieben Karten im Pool lagen. Beim Aufdecken sind fünf lila und rot, gehören also zu Taktik und Raumkampf und zählen damit positiv. Der Check kommt erst einmal auf den Wert 12 durch die Zahlen auf den Fertigkeitskarten und wäre eigentlich geschafft, wenn da nicht die zwei übrigen Karten mit anderen Farben wären, die negativ wären. Deren Wertigkeit ist eins und zwei, wodurch die Gesamtzahl auf neun gedrückt wird, was zu einem Misserfolg führt. Dieser senkt die Bevölkerung, eine der vier Ressourcen der Menschen, um eins.

Und an dieser Stelle legt das Spiel richtig los! Sind die zwei Karten aus dem Schicksalsstapel, oder hat einer der Spieler bewusst negative Karten in den Pool gelegt, um den Misserfolg herbeizuführen? Ist ein Zylone anwesend?
Am Anfang des Spiels wird ein Kartendeck aus Loyalitätskarten erstellt, die verdeckt an die Spieler ausgehändigt werden. Diese teilen einem mit, ob man ein Mensch ist oder ein Zylone, der die ganze Aktion sabotiert. Diese Karten dürfen auf gar keinen Fall öffentlich gezeigt werden, da die Jagd auf mögliche Verräter die ganze Spannung ausmacht! Es ist durchaus möglich, dass in der ersten Hälfte des Spiels noch kein Spieler Zylone ist, da mit den verbliebenen Karten ab der zweiten Hälfte die Schläfer-Phase aktiviert wird, mit der auf jeden Fall mindestens einer der Spieler zum Verräter wird. Das Misstrauen und die Verdächtigungen nehmen ab diesem Moment massiv zu!

Der Zylone versucht so subtil wie möglich Fertigkeitsproben misslingen zu lassen und dabei am besten keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Irgendwann kann er sich aber auch enttarnen und dabei eine Spezialfähigkeit von seiner Zylonenkarte verwenden. Ab dann ist er nicht mehr Teil der Flotte, sondern kann gesonderte Aktionen ausführen, um die Menschen direkter zu bekämpfen.

Während des Zuges können Spieler sich einmal auf dem Spielbrett bewegen und eine Aktion ausführen. Es gibt zwei Schiffe, die Colonial One und die Battlestar Galactica, die jeweils unterschiedliche Räume haben. Auf der Colonial One kann man mit einer Aktion im jeweiligen Raum etwa Präsidentschaftswahlen ausrufen (Fertigkeitscheck!), weitere Politikkarten nehmen oder als Präsident die speziellen Zwölferratskarten ziehen. Auf der Galactica kann man beispielsweise Mitspieler ins Gefängnis werfen lassen, auch mittels eines Fertigkschecks, um etwa um verdächtige Spieler auszuschalten oder, falls man noch nicht enttarnter Zylone ist, notwendige Spieler zu entmachten. Aber auch Kampfmanöver gegen Zylonenschiffe um die Galactica herum einleiten, Jäger starten, gefährdete Zivilschiffe bewegen oder auch den Sprungantrieb anwerfen, obwohl die Flotte noch nicht so weit ist und Zivilisten zurücklassen...
Bei den Krisenkarten findet sich unten links jeweils ein Symbol, um möglicherweise anwesende Zylonenschiffe um die Galactica zu aktivieren und unten rechts bisweilen ein Sprungsymbol. Von diesen Symbolen müssen eine gewisse Menge erreicht werden, um tatsächlich mit der ganzen Flotte in ein neues System springen zu können und so dem Ziel des Spiels näher zu kommen. Kobol zu erreichen, bevor eine der vier Ressourcen Bevölkerung, Treibstoff, Nahrung und Moral den Wert null erreicht. Sobald man springt, zieht der Admiral zwei mögliche Sprungziele und wählt verdeckt eines aus. Dabei kann man kurze Sprünge machen, die relativ gefahrlos sind, oder weitere Sprünge, die die knappen Ressourcen kosten. Wenn der Admiral ein heimlicher Zylone ist, kann er die Menschen damit enorm behindern, indem er viele kleine Sprünge macht, die zwar kurzfristig keine Ressourcen kosten, aber langfristig die ganze Flotte enorm zermürben, da man viel länger unterwegs ist.

Interessant ist, dass nur bei den Raumkämpfen gewürfelt wird und das einzig andere Zufallselement des Spiels der kalkulierbare Schicksalsstapel bleibt. Somit können Planer wirklich viel erreichen, aber nur wenn kooperativ gearbeitet wird! Battlestar Galactica gelingt tatsächlich das Kunststück ein kooperatives Spiel zu sein, in der man allen anderen Spielern misstrauen muss, aber dennoch auf jeden angewiesen ist, um Erfolg zu haben. Das Gefühl der Paranoia aus der Serie wird ebenso gekonnt eingefangen, wie die teils schrecklichen Entscheiden, die man treffen muss. Opfert man einen Teil seiner Bevölkerung, um damit die Flotte vor den angreifenden Zylonen zu retten, oder kämpft man es aus, was VIELLEICHT mehr Zivilisten kostet? Gibt man seine Fertigkeitskarten aus, um einen Check auf jeden Fall zu schaffen oder spart man sie lieber auf? Immerhin weiß man nie, welche Krise als nächstes auf einen lauert. Dadurch wird auch wunderbar das Gefühl des Überlebenskampfes simuliert, dass die Serie kennzeichnet.

Es hilft zwar sehr die Serie zu kennen, um das Spiel zu verstehen, doch es ist kein Muss. Die Regeln wirken zunächst recht komplex, doch das 32-seitige Regelheft ist vorbildlich und enthält neben Tipps für Menschen- und Zylonenspieler sogar „Häufig vergessene Regeln“. Nach ein paar Zügen sollten aber alle Spieler wissen, wie die Mechaniken funktionieren und können sich darauf konzentrieren einander zu misstrauen.

Auch wenn der empfohlene Verkaufspreis von knapp 40 Euro fair ist, so kann mit wenig Suchen im Internet auch 35 oder gar nur 30 Euro investieren. Für sein Geld bekommt man einiges an Spielmaterial! 10 Charaktertafeln, 52 Kartonteile, 110 große Karten, 128 kleine Fertigkeitskarten, 1W8 und 32 kleine Plastikraumschiffe liegen der Box im üblichen Heidelberger-Format bei, alles in sehr guter Qualität gefertigt.

Battlestar Galactica ist eines der besten Brettspiele die ich je gespielt habe. Man ist konstant ins Spiel eingebunden, es hat fordernde Mechaniken und durch die Verräter-Komponente auch einen sehr starken sozialen Aspekt. Allerdings ist es auch richtig schwer und in den vier Spielen konnten die Menschen bislang noch nie Kobol erreichen und gewinnen. Wer ein Spiel sucht, das auf einer sehr guten Sci-Fi-Serie beruht und diese hervorragend einfängt, wer gemeinsam mit anderen gegen das Brett spielt, wer gerne plant und die ganze Zeit involviert ist, der sollte mindestens einmal drei bis fünf Stunden investieren und Battlestar Galactica testen. Es ist komplex, aber vielleicht das beste seiner Art! Ich bin nach wie vor begeistert davon!


Name: Battlestar Galactica - Das Brettspiel 
OT: Battlestar Galactica - The Board Game 
Verlag: Heidelberger Spieleverlag {jcomments on}
Sprache: deutsch
Autor: Corey Konieczka 
Ausstattung: sehr gut
Empf. VK.: 39,90 Euro 
EAN: 4015566010680