Battletech – Einsteigerbox

Ah, Battletech! Mich verbindet eine lange und sehr angenehme Geschichte mit diesem Universum. Es begann vor etwa 20 Jahren als ein Mitschüler diese Box mit den kleinen Plastikrobotern mitbrachte, führte über ein von Mechbildern tapeziertes Zimmer, Sommerferien die mit dem Ausmalen von Panzerungspunkten verbracht wurden, einen Schrank voller Romane und ja … aktuell zu dieser Box. Nach einigen Jahren, in denen das Battletech-Universium in Deutschland brach lag und auch in Amerika nur vor sich hin dümpelte, kommt es nun wieder groß in Fahrt. Gleich zwei Videospiele sind in Arbeit (Mechwarrior Online und Mechwarrior Tactics), es erscheinen neue Romane und endlich, endlich gibt es auch wieder das Spiel in deutscher Sprache.

Dabei ist die Battletech-Einsteigerbox die Übersetzung des amerikanischen 25th Anniversary Introductory Box Set, das 2011 erschien. Zwar gab es schon zur Spielmesse 2011 die ersten deutschen Vorabexemplare, doch verzögerte sich die tatsächliche Auslieferung aufgrund von Problemen mit den Miniaturen um einige Monate.

Und wenn man die Box einmal in die Hand nimmt, weiß man auch, dass man etwas für sein Geld bekommt! In dem Karton sind 26 unbemalte, aber sofort einsatzfähige Mech-Miniaturen, die ich im Detail schon in einem separaten Artikel vorgestellt hatte. Um direkt starten zu können, gibt es ein 12-seitiges Schnellstartregelbuch mit den wichtigsten Spielelementen, so dass man fast sofort loslegen kann, nachdem man die Box geöffnet hat.

Wer es etwas detaillierter möchte, wird dann auf das 80-seitige Regelbuch zurückgreifen, in dem die Regeln sehr ausführlich und mit zahlreichen Abbildungen und Beispielen sehr umfassend erklärt sind. Dabei sollte aber bedacht werden, dass es sich selbst bei diesen Regeln nur um die Einsteigerversion handelt und nur Regeln für Mechgefechte während der Nachfolgekriege enthält. Spätere Waffentechnologien, Infanterie und Panzer werden zwar ebenso angerissen wie die Konstruktionsregeln für Mechs, doch wer die ganze Ladung Battletech möchte, der wird irgendwann auf die (angekündigten) Total Warfare-Bücher aufrüsten müssen. Wobei man wirklich sagen muss, dass man mit dem Material der Box wirklich, wirklich lange spielen kann. Alleine die 24 bzw. 26 enthaltenen Mechs liefern durch die Zusammenstellung der Streitmächte und die Gegebenheiten der Karten extrem viele Kombinationsmöglichkeiten.

Wer sich neben dem Spiel auch näher mit dem Hintergrund der Welt beschäftigen möchte, der kann in dem 48-seitigen Heft „Die Innere Sphäre auf einen Blick“ mehr erfahren. Das Heft beginnt mit einer Kurzgeschichte, wie Natasha Kerensky zu ihrem Titel „Schwarze Witwe“ kam und ist dementsprechend spannend für langjährige Kenner der Materie. Neulinge werden sich vermutlich von den zahlreichen Namen und Konflikten etwas erschlagen fühlen, aber einiges davon kann auf den folgenden Seiten des Heftes geklärt werden. Ansonsten wird knapp auf die Geschichte der Menschheit bis zum Jahr 3067 eingegangen, allerdings mit einem starken Fokus auf die letzten 40 Jahre, also sozusagen die „erlebte Geschichte“ des Battletech-Universums. Dann gibt es noch die großen, sich bekriegenden Fraktionen des Settings und die in der Box enthaltenen Mechs, die je auf einer halben Seite beschrieben werden. Wer dann richtig ins Setting einsteigen möchte, der kann sich die mitgelieferte Posterkarte der Inneren Sphäre mit mehreren hundert Planeten und der politischen Situation des Jahres 3067 an die Wand hängen.

Abgesehen von dem 40-seitigen Heft mit den Datenbögen sind alle Hefte der Box vollfarbig gestaltet. Natürlich auch die 16-seitige Bemalanleitung, damit man seine Miniaturen auch verschönern kann. Allerdings richten sich diese Tipps nicht an Einsteiger, wodurch es in der Box deplatziert wirkt. Alleine die Auflistung der benötigten Werkzeuge, Farben und Gegenstände, um einen Mech bemalen zu können, könnten Einsteiger eher abschrecken als die Lust auf bemalte Miniaturen zu wecken. Das setzt sich auch fort, wenn etwa empfohlen wird mehrere Schichten zu highlighten, komplexe Farben mehrerer Hersteller zu mischen und zu verdünnen, usw. Das geht weit über das hinaus, was eine Einsteigerbox leisten soll und verunsichert eher. Profis, die solche Techniken benutzen, greifen auch nicht unbedingt zu Miniaturen, wie sie mit dieser Box geliefert werden … Interessanter sind da schon die Taktik-Tipps, die gerade Einsteigern gut bereits vor dem ersten Spiel Hinweise auf eine erfolgreiche Partie geben. Dann wird auch noch detailliert auf die Taktiken der einzelnen Mechs, die man mit dieser Box ins Feld führen kann, eingegangen, um sie optimal einsetzen zu können. Sehr schön!

Damit sind aber immer noch nicht alle Inhalte der Box beschrieben. Es gibt noch zwei sechsseitige Würfel, die zum Spielen benötigt werden. Zwei Pappkarten bieten eine Übersicht der wichtigsten Tabellen und Modifikatoren, um schnell im Spiel darauf zugreifen zu können. Ein Highlight waren für mich die beiden beidseitig bedruckten Spielbretter, welche die alten Papierkarten ablösen. Somit wird das Spielfeld sehr viel stabiler als in den alten Inkarnationen des Spiels. Und da sie beidseitig bedruckt sind, kann man auch die gespielten Szenarien variieren. Dabei  zeigt allerdings eine Seite eine Stadtkampfkarte, für die noch keine Regeln enthalten sind, die man aber dennoch mit den mitgelieferten Regeln nutzen kann.

Jetzt habe ich lang und breit über die Inhalte geschrieben, aber was zur Hölle tut man bei Battletech überhaupt? Grundsätzlich ist es ein taktisches Brettspiel, bei dem sich mehrere Kampfroboter gegenüberstehen und sich mit diversen Waffen wegballern. Das Ganze ist jedoch weit komplexer als das! Es gilt die Eigenheiten der Kampfmaschinen abzuschätzen, sich geschickt zu bewegen und die Gegebenheiten des Geländes auszunutzen, die Wärmeproduktion der Waffen und sonstigen Aktionen unter Kontrolle zu behalten und auf die Aktionen des Gegners zu reagieren.

Gespielt wird auf ein bis zwei Spielkarten, die in Hexfelder unterteilt sind. Auf jedem dieser sechseitigen Felder hat ein Mech Platz, wobei es entscheidend ist, in welche Richtung er ausgerichtet wird. Mechs verfügen über eine Vielzahl von Waffensystemen, die an verschiedenen Orten an ihrem Körper angebracht sind. Wo genau entscheidet auch über das Schussfeld, so kann man nicht mit Lasern, die vorne am Torso montiert sind auf einen Feind im Rücken schießen. Waffen in den Armen sind am flexibelsten einsetzbar und decken einen weiten Raum ab, sind aber auch verloren, wenn der Mech seinen Arm verliert.

Zu Beginn jedes Zuges wird per Würfelwurf bestimmt, wer die Initative gewonnen hat. Der Verlierer muss zuerst einen seiner Mechs bewegen und der Gewinner kann darauf reagieren, wodurch er natürlich einen Vorteil gewinnt.  Die Mechs können Gehen, Laufen oder Springen, wobei die Bewegungsart und die zurückgelegte Entfernung Auswirkungen auf die Attacken des Bewegten, wie auch des Kontrahenten haben. Ein Mech, der sich weit bewegt, ist schwieriger zu treffen, allerdings wird es auch schwieriger für ihn, den Feind zu attackieren. Alleine dadurch ergibt sich jede Runde eine neue taktische Situation, in der man abschätzen muss, wie weit man sich bewegt, um die besten Chancen zu haben, den Feind zu attackieren. Allerdings zählen nicht nur bewegte Felder, sondern auch jede Drehung um ein Feld als ein Bewegungspunkt, so dass eine Richtungsänderung für alle Mechs (die nicht springen können) sehr aufwändig wird. Dadurch können leichtere und schnellere Mechs langsamere schwere Mechs durchaus ausmanövrieren.

Nach der Bewegungsphase sagen alle Spieler für ihre Mechs die Angriffe, die danach ausgeführt werden müssen. Dazu errechnet man zunächst für jeden Angriff den zu erreichenden Wert, der dann überwürfelt werden muss. In der Regel ist der Basiswert für einen Angriff 4, jedoch zeigt die Erfahrung, dass es nur selten Angriffe gegen 7 oder niedriger gibt, eher sind 10 oder 11 die Regel, da viele Modifikatioren zusammenkommen. Wie bereits erwähnt spielt die Bewegung des Angreifers ebenso eine Rolle wie die Bewegung des Angegriffenen. Dazu kommen Geländemerkmale wie deckungsgebende Wälder, verschlechterte Zielerfassung durch Überhitzung und die Entfernung zum Ziel. Jede Waffe aus dem Arsenal von Autokanonen, Raketen und Lasern hat eine kurze, mittlere und lange Reichweite, wobei es bei größeren Entfernungen natürlich schwieriger wird zu treffen. Einige Waffen haben jedoch auch eine Minimalreichweite, so dass man Angriffe dieser Waffen geradezu unterlaufen kann, indem man sich möglichst nah an solche Artillerie-Mechs heran bewegt. Das führt alles dazu, dass Mindestwürfe nicht mal eben gewürfelt, sondern in der Regel laut Punkt für Punkt durchgezählt werden, um sicherzustellen, dass man keinen Fehler macht und der Gegner sich davon überzeugen kann. Da Schüsse gegen hohe Zahlen wie gesagt häufig sind, trifft man bei Battletech allerdings die meiste Zeit nicht, wenn man schießt. Damit nun nicht die Maschinen mit den meisten Waffen einfach dadurch gewinnen, dass irgendwann schon etwas trifft, gibt es limitierende Faktoren für den Waffeneinsatz.

Munitionsgestützte Waffen wie Raketen oder Autokanonen verbrauchen bei jedem Schuss Munition, die abgestrichen werden muss. Je mächtiger eine Waffe ist, desto weniger Schuss hat sie in der Regel auch. Auch wenn die AK/20 viele Mechs mit nur einem Treffer ausschalten oder zumindest sehr schwer beschädigen kann, so überlegt man sich ihren Einsatz doch sehr genau, wenn man nur fünf Mal pro Partie damit schießen kann. Wieso dann nicht nur auf Laser setzen? Nun, Laser erzeugen mehr Hitze als die munitionsgestützten Waffen, womit wir den zweiten limitierenden Faktor des Spiels hätten. Durch Bewegung und vor allem Angriffe baut ein Mech Wärmepunkte auf, von denen er nur eine gewisse Zahl pro Runde durch seine Wärmetauscher auch wieder abbauen kann. Überschüssige Hitze bleibt bis zur nächsten Runde bestehen und sorgt für Probleme, wie erschwerte Zielerfassung, verringerte Bewegungsweite, eine Verletzung des Piloten oder sogar eine Zwangsabschaltung! Dieses gerade in den Romanen sehr häufig verwendete Stilmittel der Wärme von Mechs im Gefecht findet sich jedoch nur zum Teil im Spiel, wenn man einen schlecht konstruierten Mech erwischt hat. Während einige Mechs praktisch nicht überhitzen können, selbst wenn sie mit einem Reaktortreffer alle Waffen aus einem brennenden Wald abfeuern, reicht es bei anderen schon aus, zu springen und die Hälfte der Waffen abzufeuern, damit im Cockpit alle Warnleuchten angehen und der Mech sich danach besser ein bis zwei Runden zurückzieht und abkühlt, bevor ihm wegen der Hitze die eigene Munition um die Ohren fliegt.

Solche drastischen Ergebnisse können auch eintreten, wenn man einen anderen Mech kritisch trifft. Das ist meist dann der Fall, wenn man nach einem Treffer in einer Zone des Mechs nicht mehr nur Panzerung abschießt, sondern in die interne Struktur vordringt. Hier werden ebenso wie an der Panzerung entsprechend viele Kreise in Höhe des Schadens der getroffenen Waffe abgestrichen. Wenn alle diese Kreise voll sind, ist die Zone zerstört, ebenso alle Waffen und sonstige Ausrüstung die darin zu finden war. Aber sie muss nicht einmal zerstört werden, um lustige kritische Treffer zu erzeugen! Bei jedem Treffer in der internen Struktur wird geprüft, ob ein kritischer Treffer vorliegt. Ist dies der Fall, wird eine Zeile in der betroffenen Region auf dem Datenbogen zerstört. Dadurch kann man beispielsweise Handaktivatoren verlieren, so dass der Mech keine Bäume mehr ausreißen kann, um sie als Keulen zu verwenden. Oder er verliert den ganzen Arm. Oder eine der Bauzeilen einer Waffe wird zerstört, wodurch sie nicht mehr eingesetzt werden kann. Grundsätzlich gilt, dass eine Waffe über mehr Bauzeilen verfügt, je mächtiger sie ist … und dementsprechend auch leichter durch nur einen Treffer zerstört werden kann. Oh und falls der kritische Treffer eine Zeile trifft, in der sich das Wort Munition findet, kann man sich in der Regel von seinem Mech verabschieden …

Das bringt sehr viel Drama ins Spiel und kann selbst ausweglose Situation noch einmal herumreißen. Es sind Momente wie diese, die einem selbst 15 Jahre später noch im Gedächtnis bleiben, wenn der unterlegene Gegner alles auf eine Karte setzt und mit einer PPK den eigenen schweren Mech köpft und mit der KSR bei dem als Sekundärziel deklarierten zweiten Mech durch einen kritischen Treffer eine Munitionsexplosion durchführt und damit zwei fast unbeschädigte Gegner in einer Runde vernichtet. Nein Thomas, ich habe das nicht vergessen und werde es auch in 15 Jahren noch allen erzählen, ob sie es hören wollen oder nicht!

Aber bei so viel Begeisterung gibt es auch einige Punkte, die heute etwas altbacken wirken bzw. problematisch sind. Dazu zählt die schon erwähnte Hitze, die nur bei einigen Mechs wirklich ein spielbestimmendes Element ist. Selbst Mechs, die eigentlich dazu prädestiniert sind, sich nach ein paar Schuss quasi in Fackeln zu verwandeln, können jede Runde Breitseiten abfeuern. Die ebenfalls erwähnten hohen Trefferzahlen verzögern das Spiel ebenfalls, sind aber noch ein taktisches Element. Andere Spielanteile, sind jedoch einfach nur Spielverzögernd. So muss etwa für jeden Raketenangriff auf einer Tabelle erneut gewürfelt werden, um die Zahl der tatsächlich treffenden Raketen zu bestimmen. Diese werden dann wie im Fall der Kurzstreckenraketen entweder einzeln abgehandelt, oder wie bei den Langstreckenraketen in 5-er-Schritten. Das heißt also, dass man beim Angriff mit einer KSR-6 einmal würfelt, ob man überhaupt trifft, dann bestimmt, wie viele der Raketen getroffen haben und dann sechs mal auswürfelt, wo jede dieser Raketen einschlägt. Das sind acht Würfe, für den Angriff einer einzigen Waffe! Auch anstrengend wird es, wenn man 6 oder 11 Treffer mit LSR erzielt hat und dann zuletzt für einen einzigen Trefferpunkt noch einmal eine neue Trefferzone bestimmen muss. Richtig viel Gewürfel wird es auch, wenn man testen muss, ob dem Mechpiloten etwas gelingt. Dazu werden alle Probleme, die er in dieser Runde hatte zusammengezählt, um die Erschwernis zu bestimmen. Anstatt nun einmal darauf zu würfeln, wird mit diesem Modifikator für jedes der verursachenden Probleme gewürfelt, was die Chance auf einen Fehlschlag natürlich enorm erhöht. Dazu kommen noch einige Kleinigkeiten beim Lektorat der Datenbögen und der Hefte, sowie die nicht kleinzuredenden Probleme der enthaltenen Miniaturen.

Kann ich mich überhaupt bei Battletech der Illusion der Objektivität hingeben, in die sich einige Rezensenten so gerne kleiden? Ich denke nicht. Ich liebe dieses Spiel. Auch wenn ich einige Ecken und Kanten an meinem Baby sehe, so überwiegt doch klar meine Zuneigung für diesen Klassiker. Meine Augen leuchten, wenn ich anderen von der fantastischen Hintergrundwelt, deren Konflikten und Entwicklungen erzähle. Wenn ich die Mechs auf die Hexfelder stelle, dann ist es für mich nicht nur ein Spiel, sondern ein wichtiges Element der letzten 20 Jahre meines Lebens. Und wenn ich an die begeisterten Mitspieler denke, mit denen ich diese Box getestet habe, dann weiß ich, dass man nicht so lange dabei gewesen sein muss, um zu erkennen, warum ich es liebe. Willkommen zurück Battletech, wir haben dich vermisst.

Mit freundliche Unterstützung von Ulisses Spiele und des F-Shops.


Name: Battletech – Einsteigerbox
Verlag: Ulisses Spiele
Sprache: Deutsch
Autoren: Jordan Weisman, L. Rock Babcock III., Sam Lewis und viele andere
Empf. VK.: 49,95 Euro
ISBN: 978-3-86889-185-0{jcomments on}