Red Faction 2

Und einmal mehr trifft unsere sporadisch Videospiel-Rezension einen Egoshooter. Nachdem ego und ich nun schon so manchen Vertreter dieser Kategorie hinter uns gelassen haben, wurde das Feld auf dem Cube langsam dünn ... bis mir jüngst im Saturn der vorliegende Titel in die Hände fiel.

"Red Faction 2" ist offenkundig ein Sequel, wobei der Vorgänger auf PS2, PC und – man höre und Staune – Mac-Rechner erschienen ist und gerade auf den N-Gage übersiedelt. Damals machte er vor allem aufgrund seiner GeoMod genannten Engine von sich reden, die eigentlich erstmals wirklich dynamische Landschaften bot und einem so wirklich die Möglichkeit gab, sich mittels Raketenwerfen eigene Wege durch die Levels zu bahnen.
Da das Spiel allerdings auch nicht viel anderes bot, ist es wohl doch eher unter "ferner liefen" gelandet; der zweite Teil schickt sich da natürlich an, dies besser zu machen.

Der Spieler übernimmt von Alias (nö, keine Verbindung zur TV-Agentin), einem Sprengstoffexperten, der jedoch kein normaler Mensch, sondern ein (über-)züchteter Elitesoldat aus den Reihen des Commonwealth, eines bösen Militärdiktatur, ist. Nur wurde die Truppe dem Diktator zu heikel, weshalb er sie rausgeworfen hat – und nun sind die Jungs entsprechend stinkig.
Nicht nur haben sie sich also mit den titelgebenden Rebellen der Red Faction verbündet, sondern stürmen nun auch ein ganzes Spiel lang hinter dem Diktator, Sopot übrigens geheißen, hinterher, um ihn auszuschalten.

Man merkt schon, die Story reißt keine Bäume aus, ist aber eigentlich sogar noch cleverer als es diese Zusammenfassung vermuten lässt, hat zumindest eine krasse Wendung drin und bietet sogar, abhängig von der Zahl der Zivilopfer während der Aktion, unterschiedliche Endsequenzen an. Aber im Herzen, klar, ist RF2 ein Egoshooter.

Einer, der sich sehr gut steuert – soviel vorweg. Die völlig konfigurierbare Steuerung geht gut von der Hand und nutzt das Pad gut aus. Auch sonst gefällt die technische Umsetzung, die meisten Soundeffekte klingen sehr wuchtvoll und die Grafik ist insgesamt gut zu nennen. Einige Stellen sind sogar richtiggehend exzellent, leider werden sie aber mehr als deutlich von einigen auch sehr drögen Passagen aufgewogen. Schade, aber immer noch besser als mancher Konkurrent.
Die GeoMod-Engine enttäuscht dagegen. Große Teile des Areals sind einfach nicht zerstörbar, was sicherlich an dem, im Gegensatz zum Vorgänger, urbanen Setting liegt. Dennoch ist es doch irgendwo fragwürdig, wenn ich manche Wände augenblicklich zerholzen kann, eine identisch aussehende Wand einen Meter daneben aber nicht mal ankratze, wenn ich Raketen darauf feuere. Dafür wird die Engine durchaus zur Steigerung der Atmosphäre genutzt, etwa, wenn im wilden Kugelhagel Funken schlagend Straßenlampen fallen, Jeeps brennend aus der Bahn fliegen und sich in einem wilden Feuergefecht von Dach zu Dach langsam die eigene Deckung in Trümmer auflöst, während man auf Verstärkung wartet.

Das Leveldesign ist dagegen vorsichtig als "geradlinig" zu bezeichnen. Man geht in einen Raum, vernichtet alles was zuckt oder modifizierbare Wand ist und zieht weiter. Die Vernichtungsorgie kann dabei mit insgesamt 17 Schusswaffen und drei Granatentypen, die in vernünftigen Abständen in die Hände des Spielers fallen, bestritten werden, während die Lebensenergie sogar mal erfrischend anders gelöst ist.
Man hat einen Lebensbalken, der bei Treffern halt abnimmt, sowie bis zu drei Container. Ist der Balken auf Null, wird ein neuer Container angebrochen und füllt die Leiste wieder auf; ist man dagegen nur angeschlagen, so läuft der Balken nach einigen Sekunden völliger Ruhe wieder langsam voll – man ist ja nicht umsonst Supersoldat.

Damit man aber nicht den totalen Koller bekommt, gibt es noch einige Level nach anderem Prinzip. Da darf man aus der Geschützkanzel eines Fluggerätes heraus ein Hochhaus zerholzen, mittels eins Mech-artigen Anzugs Feinde aufwirbeln, nimmt hinter der Kanone eines Panzers platt oder navigiert ein U-Boot in einer Schleichfahrt-artigen Sequenz durch die Kanäle der urbanen Ruinen, in denen ein Großteil des Spiels spielt.

Das Spiel ist dabei zwangsdeutsch, was einerseits ob der eher belustigenden Sprachausgabe etwas schade ist (die englische Fassung hatte mit Lance Henriksen sogar einen recht bekannten Namen an Bord), aber so auch seinen eigenen Reiz hat. Denn irgendwie ist es schon kultig, wenn nach dem Tod des ersten Gegners dessen Kumpan ein lakonisches "Wir waren Jugendfreunde!" oder so ruft; bemerkenswert vor allem, dass sich die Sprüche dabei nur sehr selten wiederholen – und wenn, dann auch nur innerhalb eines bestimmten Levelabschnitts. Aber auch die konstanten Durchsagen, die Anwohner sollten doch bitte ruhig bleiben, es gäbe keinen Grund zur Sorge, während man gerade Sopots Hauptgebäude nach Strich, Faden und GeoMod zerlegt, sind gut gelungen und geben dem Spiel einen durchaus liebenswerten Look.
Auch wurden sämtliche Texturen übersetzt, von Inschriften an Statuen bis zu Gebäudebezeichnungen – auch das ist sicherlich lobenswert.

Leider aber, nach all den positiven Worten, hat das Spiel einen dicken Nachteil: es ist kurz.
Und ich meine kurz. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade, von denen ich den mittleren gewählt hatte ... und ich glaube nicht, dass ich insgesamt mehr als sieben Stunden gebraucht habe, um die Endsequenz zu sehen. Das mag zwar auf "Schwer" länger dauern, aber allenfalls weil man noch mehr Gegner erschießen muss, um ans Ziel zu kommen; mir sind laut Spiel jedenfalls schon deutlich über 1200 arme Irre vor die Flinte gerannt.
Gerade weil die Handlung, wie in einem guten Actionfilm, sehr flott ist, voran peitscht und einen eigentlich nie zur Ruhe kommen lässt, ist man sehr enttäuscht, letztlich den Abspann zu sehen. Der Wiederspielenswert hält sich dabei auch in Grenzen, trotz alternativer Endsequenzen, weshalb das Spiel auch klar seine uneingeschränkte Empfehlung verspielt hat.

Abhilfe schafft allerdings zumindest der Multiplayermodus, der mit Bots, zahlreichen Modi und rund 40 Karten sehr löblich gelungen ist. Hier macht auch die GeoMod-Engine mal wieder Freude, "Spur der Verwüstung" beschreibt es recht gut. Auch die große Waffenauswahl ist hier erneut ein Bonus.

Insgesamt kann man sagen, dass RF2 ein richtig gutes Spiel ist; wäre, würde die Länge stimmen. So findet man sich nach sechs bis acht Stunden vermutlich sehr enttäuscht vor der Mattscheibe wieder und spürt vor allem einen deutlichen Wunsch nach mehr.
Schade ... dennoch kann man aber sagen dass der Titel, gerade da er ob seines Alters schon unter 30 € zu haben ist, mal einen Blick wert ist; es ist ja nicht gerade so, als könnte man sich als Fan des Genres auf dem Würfel vor waschechten Egoshootern nicht retten...


Ego-Shooter{jcomments on}
Nintendo GameCube
Crankypants Games, Volition, THQ
Auch für PC, PS2 und X-Box erhältlich