Halo - Kampf um die Zukunft

Das Landungsschiff rauscht in einer Höhe über das Wasser, dass man meint, seine Hand fast hineinstecken zu können. Als wir den Strand erreichen, springe ich gemeinsam, mit einer ganzen Schwadron Marines heraus und stürme direkt die erste Kuppe empor. Der Feind, kleine Aliens, sichtet zunächst die Gruppe und will angreifen, erhascht dann aber einen Blick auf mich und ergreift mit einem panischen "Ah! Da ist er!" die Flucht.
Es nützt ihnen nichts, waren sie doch schon in unserer Reichweite. Im Sperrfeuer unserer Sturmgewehre gehen sie nieder, eine Granate erledigt den Rest. Gerade will ich nachladen, als von der Seite ein grünes Energiebündel nur knapp an mir vorbei geht. Ich zücke meine Pistole, deren Kaliber wohl Dirty Harrys feuchter Traum sein dürfte, und bewege mich, Schuss für Schuss auf den Angreifer zu. Er versteckt sich hinter einem Rundschild aus leuchtender Energie, doch gerade als ich ihn erreiche, bricht seine Verteidigung unter der Überlastung zusammen. Mein Magazin ist leer, doch in einer flüssigen Bewegung ergreife ich den Lauf meiner Pistole und schicke meinen Feind durch einen Hieb mit dem Knauf in die ewigen Jagdgründe.
Die Schreie meiner Marines machen mir klar, dass die Elite des Feindes angerückt ist. Schnell werfe ich die Pistole noch beiseite und schnappe mir den Plasmawerfer des getöteten Feindes, dann geht es ab, grinsend, in die nächste Welle der Feinde.

 

Willkommen zur Evolution des Kampfes!

 

Es war nicht nur eines der meist erwarteten Spiele, nicht nur einer der Release-Titel der X-Box – nein, es war vermutlich auch einer der Gründe, warum der Newcomer aus Redmont so gut auf dem Konsolenmarkt Fuß fassen konnte.
Richtig, die Rede ist von "Halo".

Das Spiel ist, für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand den Titel noch nicht kennt, ein Egoshooter und damit wahrlich kein Einzelstück auf der X-Box bzw. innerhalb der aktuellen Konsolengeneration im Allgemeinen.
Dennoch hat das Spiel mehr "Spiel des Jahres"-Auszeichnungen bekommen als kaum ein anderes Spiel und man muss sich ja schon fragen, wie das wohl kommt.

Nun, zunächst einmal stellt man schnell fest, dass "Halo" bombastisch aussieht. Gerade in den Innenräumen ist die Optik zwar etwas steril, doch schon wenn man erst einmal den ersten Auslevel erreicht oder mit seiner Taschenlampe durch dunkle Hallen schleicht, hat einen das Spiel sofort gewonnen.
Viele kleine Details wie Spiegelungen, aufgewirbelte Steine bei Bodenfahrzeugen oder auch Bump Maps erfreuen das Auge und erzeugen, zusammen mit dem makellosen Bildaufbau mit scheinbar grenzenloser Fernsicht, eine sehr überzeugende Landschaft.
Der Ton hebt die Präsentation noch einmal ein gutes Stück weiter an. Satte Soundeffekte mit kräftigem Bass, Dolby Surround-Sound und filmreife Musik erzeugen weiter eine dichte Atmosphäre. Zwar kann der Titel nicht mit den aktuellen Spitzentiteln mithalten, aber auch fast vier Jahre nach Erscheinen des Spiels toppt es locker noch einen Großteil aktueller Neuerscheinungen.

Auch die Inszenierung der Story trägt weiter dazu bei. Man schlüpft in die Rolle des "Master Chiefs", ein Charakter, der ebenso flach wie cool geraten ist. Der Chief ist eine unaufhaltsame Kampfmaschine, wie man sie selten in einem Spiel gesehen hat.
So passiert es einem wirklich immer mal wieder, dass Feinde beim Anblick des Recken im grünen Kampfanzug schreiend die Flucht ergreifen oder panisch Dinge wie "Sie sind überall!" schreiend umher irren.
Dennoch kriegt man würdige Gegner vorgesetzt. Wenn sich der erste Plasmaraketen feuernde Alien vor einem erhoben hat, auf seine vollen drei Meter Höhe, dann wird es schnell interessant.
Da ist es auch egal, dass die Hintergrundgeschichte eher dünn ist.

"Interessant" ist ohnehin ein gutes Stichwort, bleibt doch die Frage nach dem Gameplay, denn eine gute Präsentation ist zwar immer schön, doch niemals essentiell.
Zunächst einmal muss man klar voraus schicken, dass "Halo" weder ein sehr taktisches noch sehr inspiriertes Spiel ist. Man rennt von A nach B und erschießt unterwegs eben alles, was sich einem so in den Weg stellt.

Der Grund, weshalb es dennoch nahezu immer spannend bleibt, sind nicht zuletzt die vielen Variablen auf Spielerseite. Man kann Jeeps und Panzer fahren, Alien-Fahr- und Flugzeuge erobern und damit auf die Jagd gehen. Kleine Massengefechte wechseln sich mit haarsträubenden Kämpfen in engen Räumen ab. Die Auswahl der Gegner ist sehr begrenzt, aber gerade durch zahlreiche geskriptete Ereignisse wird man weiter bei Laune gehalten.
Man selber kann stets nur zwei Waffen bei sich tragen, was zwar erst gewöhnungsbedürftig ist, später aber doch zu spannenden Momenten führt, wenn man sich eben vor dem Kampf entscheiden muss, was man mitnimmt.
Die Auswahl an Schießeisen ist recht variantenreich und reicht von Pistole, Sturmgewehr und Schrotflinte bis hin zu obskuren Alien-Knarren. Und ist die Munition mal alle, kann man sogar mit den Waffen noch in den Nahkampf gehen...

"Halo" spielt sich sehr simpel, kann aber je nach Schwierigkeitsgrad sehr variieren. Auf "leicht" dürfte wohl jeder zumindest bis zum Finale vorrücken können, im höchsten Schwierigkeitsgrad ist dagegen schon mehr Können gefordert. Das Finale selbst ist zwar sehr spannend geraten, aber auch ziemlich knackig für Anfänger – unfair ist das Spiel aber nirgends.

Ein Multiplayer-Modus ist vorhanden und bietet sowohl diverse VS-Optionen wie auch einen Koop-Modus; letzteren aber nur auf der X-Box. PC-Spieler müssen leider ohne den sehr den Spielspaß fördernden Modus auskommen, denn ein Master Chief macht schon Laune, zwei dagegen setzen noch ordentlich einen drauf.

Abzug gibt es eigentlich nur für die deutsche Fassung und dort, aber das ist schmerzlich, auch eigentlich nur für den Master Chief. Dieser kann mit seiner weichen Stimme nicht wirklich überzeugen und wirkt etwas peinlich. Die deutschen Texte dagegen gefallen rundum gut und sind meist auch recht gut gesprochen.
Schade auch, dass keine englische Fassung mit auf der Scheibe ist, sonst könnte man zumindest bei ausreichender Sprachkenntnis umschalten – doch auch ein Umstellen der Konsole bleibt ohne Erfolg, die Stimmen bleiben die Deutschen.

Insgesamt aber kann ich eigentlich all dem Lob für dieses Spiel nahezu uneingeschränkt zustimmen. 'Nahezu', da es eben doch sehr repetativ ist und etwas mehr Abwechslung sicherlich nicht geschadet hätte. 'Nahezu' auch wegen dem schwach synchronisierten Helden.
Weder die Story noch der Protagonist reißen Bäume aus, aber die Präsentation ist satt und das Gameplay bis hin zur Belegung des Gamepads über jeden Zweifel erhaben. Denn am Ende hat mich "Halo" in gewisser Weise an das erinnert, warum ich eigentlich Videospiele spiele: es geht um Spielspaß.
Und den hat man bei "Halo", nicht obwohl, sondern gerade weil es so angenehm simpel und straight forward ist.

Wer Egoshooter mag, wer generell auf Action steht – der sollte sich das im Englischen übrigens "Halo – Combat Evolved" heißende Spiel unbedingt mal geben.
Videospielen in Reinform!


Action{jcomments on}
Microsoft X-Box
Bungie, Microsoft
Auch für PC erhältlich