Batman Begins

Wir schreiben das Jahr 2006. Alle Videospieler der Welt sind momentan aufgeregt und reden nur noch über die nächste Konsolengeneration, die durch die X-Box 360 nun einen Anfang genommen hat.
Aber halt. Wirklich alle Videospieler der Welt?
Nein, zumindest die von der DORP nicht. Die können sich nämlich keine 360 leisten.

Was bleibt uns da also übrig, als noch mal tief in den Schrank zu greifen und euch, denen es ja vielleicht genauso geht, ein paar der wirklich zahlreichen Schmankerl der mittlerweile nun wohl letzten Konsolengeneration vorzustellen?
Den Anfang bildet dabei die Filmlizenz-Versoftung zur Batman-Neugenerierung „Batman Begins“. Das Lizenzspiele oft keine wirklichen Bringer sind, das ist mittlerweile ja bewährte Weisheit und wird so gerne als Einleitungsbogen für entsprechende Rezensionen gebraucht. Dabei ist das gar nicht wirklich so pauschal zu sagen. „Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay“ war etwa ein ziemlicher Kracher und auch „King Kong“ macht sich gar nicht mal schlecht.
Und – siehe da – auch der Millionär im Fledermauskostüm wurde mit „Batman Begins“ gar nicht mal so übel bedient. Man konnte ja auch hoffen, haben sich EA mit den „Herr der Ringe“-Konsolentiteln als kompetent erwiesen.

Das Gameplay erscheint dabei auf den ersten Blick eine extrem dreiste Kopie der Splinter Cell-Mechanik zu sein – ein Eindruck, der gar nicht mal falsch ist. Man steuert Batman in einer 3rd Person-Ansicht durch die Level und umgeht dabei direkte Konflikte mit Gegnern, wo man nur kann.
Vielmehr schleicht man durch die Schatten, klettert an Seilen über eventuelle Bewacher hinweg und, wenn der Moment dan günstig ist, schnellt man hervor und schaltet sie aus, bevor auch nur einer von ihnen reagieren kann.
Splinter Cell? Splinter Cell.

Aber es gibt einige doch recht frappierende Unterschiede. Zunächst einmal ist das Gameplay wesentlich lockerer als in der Vorlage. Die Gegner sind etwas blinder und so etwas wie „Gameover durch zu viele ausgelöste Alarme“ sucht man hier vergeblich. Das tut dem Spiel aber keinen Abbruch, gerade Leute, die zwar die Idee von Sneakern mögen, aber nie die notwendige Geduld aufbringen, werden daher an dem Titel vielleicht doch ihre Freude haben.
Auch ist Bruce Wayne kein Schütze – wo Sam Fischer mit seinen Pistole und seinem Multifunktionsgewehr viele Feinde auf lange Distanz ausschaltet, ist Batman ein Mann des direkten Kontaktes. Dementsprechend sind gewaltsame Auseinandersetzungen mit den generischen Schergen auch wesentlich actionlastiger als man es von dem Konzeptbeklauten kennt.
Das wahre Highlight des Spieles nennt sich aber Angst – hier kommt man dann an den Punkt, wo tatsächlich eine eigene Idee eingebaut wurde. An fast jeder Stelle, an der man auf eine Übermacht von Wachen oder Gaunern stößt, gibt es versteckte Elemente, um diese in Furcht und Schrecken zu versetzen. So trennt man etwa per Wurfwaffe ein Haltekabel durch und beobachtet, wie dadurch schwere Stahlrohre zwischen den Leuten niedergehen, verblüfft eine patrouillierende Wache mit plötzlichem Dampf aus einem Heizungsrohr oder kappt einfach mal das Licht in einem Raum.
Die Reaktionen sind allesamt ähnlich – die nervösen Gegner reagieren weniger professionell und gefährliche Widersacher mit Schusswaffen lassen diese auch gerne einmal vor Angst fallen. Es macht einfach ungeheuer Spaß, genüßlich und langsam auf einen Gegner zuzuschreiten, der nur noch panisch versucht, auf dem Boden davon zu krabbeln.

Der Schwierigkeitsgrad des Spieles ist eher moderat. Anfangs tut man sich mit der Steuerung vielleicht noch etwas schwer, doch wenn man einmal den Bogen heraus hat, kann man sehr elegant und mit bequemen Kommandos durch die Karten wüten.
Das sieht dank sehr sauber programmierter Engine sogar richtig gut aus. Hohe Weitsicht und exzellente Texturen verwöhnen das Auge, während das Spiel nahezu ohne Ruckler auch noch wunderschöne Licht- und Partikeleffekte auf die Mattscheibe zaubert.
An „Splinter Cell: Chaos Theory“ kommt Batman nicht heran, mit den ersten beiden Teilen des großen Vorbilds kann „Batman Begins“ aber locker mithalten. Etwas hektisch zusammengeschnittene Schnippsel aus dem Film und die originalen Sprecher (inklusive Christian Bale und Michael Caine) sorgen für die restliche Atmosphäre.

Damit dem Spieler nicht langweilig wird wurde zudem eine weitere Komponente des großartigen Filmes eingebaut: der Tumbler.
Das neue, panzerartige Batmobil hat für viel Furore gesorgt und daher hat es selbstredend auch seinen Auftritt in der entsprechenden Umsetzung. Und was macht man, wenn man schon die Recycle-Könige von EA als Publisher hat? Richtig, man schnappt sich die Engine von „Burnout 3: Takedown“ und baut einfach darauf auf.
Das Ergebnis sind bildschöne und pfeilschnelle Levels, die es zwar nicht ganz mit „Takedown“ aufnehmen können, aber schon ordentlich fetzen und sich dabei auch noch exzellent spielen.

Wer brav seinen Weg durch das Spiel geht, dessen Ablauf übrigens streng linear ist, kann sich dann noch einige Gimmicks freischalten. Etwa alternative Kostüme für Batman – sei es nun das alte in blau, grau und schwarz mit der schwarzgelben Zielscheibe auf der Brust oder aber das stilvolle aus der Animated Series, hier hat man die Qual der Wahl.
Dazu gibt es noch eine eher nutzlose Schurkengalerie im Arkham Asylum, die Möglichkeit, bereits bestandene Tumbler-Level direkt zu spielen und allerlei ganz unterhaltsame Videos.

Was bleibt unter‘m Stricht?
Ein gut spielbares, leicht erlernbares, actiongeladenes Spiel mit bombastischer Grafik, gutem Design und gut eingefangener Filmstimmung. Einzige Kritikpunkte sind dabei eigentlich die lineare Handlung und natürlich der Faktor, dass abseits der Angst und einigen klassischen Batman-Gimmicks nichts in „Begins“ zu finden ist, was man nicht auch schon andernorts gesehen hätte.
Ein einziger Aspekt bleibt dabei noch dunkler: Die Spieldauer. Es ist kein in sechs Stunden zu machender Titel wie „Red Faction 2“ und die Level an sich sind auch sehr groß, aber insgesamt einfach zu wenig. Etwas zu früh flimmert der Abspann über den Bildschirm und man bleibt mit dem Bedauern zurück, dass es das wohl bereits war.

Wäre das Spiel einen Zacken eigenständiger und vor allem länger, wäre es eine unumstößliche Kaufempfehlung. So bleibt es noch immer ein dicker Tipp, den Konsoleros mit einem Faible für den dunklen Rächer definitiv mal eines Blickes würdigen sollten.


Schleich-Action
X-Box
Electronic Arts
Auch für PS2 und Gamecube erhältlich{jcomments on}